Ein unscheinbares Tor, dahinter nur Asphalt und ein senkrechtes Stück Rohr mit einigen Ventilen - es ist kaum noch etwas zu sehen von dem aufsehenerregenden Pilotprojekt in Ketzin. Hier, westlich von Potsdam, probieren Wissenschaftler seit 2008 aus, ob große Mengen an Kohlendioxid unterirdisch gespeichert werden können. Doch seit gut einem halben Jahr wird nichts mehr unter die Erde geleitet. Der größte Teil der Anlagen ist abgebaut.
"Wir haben insgesamt knapp über 67.000 Tonnen CO2 in den Untergrund eingespeist. Und seit August letzten Jahres sind wir in der sogenannten Nachinjektionsphase. Und beobachten jetzt, was an einem Speicher passiert nach Beendigung der CO2-Injektion."
sagt Projektleiter Dr. Axel Liebscher vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Bis zu 650 Meter tief haben er und seine Kollegen das Kohlendioxid in die Erde gepresst. Poröse Sandsteinschichten haben das Gas dort unten aufgenommen. Dabei ist Salzwasser verdrängt worden, das zuvor in den Gesteinsporen steckte. Mit vorwiegend über der Erde installierten Messgeräten wird nun untersucht, wie sich das Kohlendioxid in der Tiefe verhält.
"Bewegt sich die CO2-Fahne im Untergrund? Und wenn ja: In welche Richtung bewegt sie sich? Was passiert mit dem CO2? Reagiert es mit dem Salzwasser? Und diese einzige Prozesse möchten wir noch bis Ende 2017 am Standort untersuchen."
Pilotprojekt auf dem europäischen Festland
Die Idee hinter den Versuchen ist: Kohlekraftwerke sollen das Treibhausgas nicht mehr in die Atmosphäre blasen. Stattdessen soll es mit aufwendiger Technik aus den Abgasen gefiltert und dann unter die Erde gepumpt werden. Allerdings ist Ketzin noch immer das einzige Pilotprojekt auf dem europäischen Festland für solche CO2-Endlager. Bis zur Praxistauglichkeit ist es noch ein weiter Weg, wie auch Projektleiter Liebscher einräumt.
"Wir können nicht direkt von Pilotstandorten wie Ketzin auf einen großindustriellen Maßstab schließen. Sondern wir müssten jetzt eigentlich den Zwischenschritt gehen. Und der wäre jetzt dringend notwendig."
Gemeint ist eine neue, größere Anlage, mit der die Wissenschaftler die Technik weiter entwickeln wollen. Geologisch geeignet wäre vor allem Norddeutschland, wo es tief gelegene Schichten aus Sandstein gibt - und darüber dichtes Abdeckgestein. Das soll verhindern, dass Kohlendioxid nach oben strömt - und etwa das Grundwasser verunreinigt. Anwohner und Umweltschützer aber fürchten die Risiken des Verfahrens. Karsten Smid, Klima- und Energieexperte von Greenpeace:
"Sie müssen das Zeug, das CO2, was ja klimaschädlich ist, für hunderte und tausende von Jahren mit Millionen Tonnen unter der Erde halten. Das Problem ist, dass gerade bei diesen geologischen Schichten es auch Wegsamkeiten gibt, wo das CO2, das ja unter sehr, sehr starken Druck da runter verpresst ist, wieder nach oben kommen kann."
Technologie teuer und unwirtschaftlich
Politisch ist das Verfahren nach wie vor umstritten. Obwohl es in Deutschland seit 2012 ein Gesetz gibt, das die CO2-Einlagerung ermöglicht, werden hierzulande derzeit keine konkreten Pläne für solche Speicher verfolgt. Es ist auch kein großes Kohlekraftwerk in Betrieb, dass CO2 aus den Abgasen trennen könnte. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung wertete die Technologie in einem Gutachten als zu teuer und deshalb unwirtschaftlich.
"Es ist nicht klar, wie die Leckage-Frage geklärt ist und es gibt Gefahren, die noch weiter untersucht werden müssen. Insofern zeigt der IPCC hier auf, dass es sehr viele Bedenken gibt. Man muss auch sehen, dass diese Technik überhaupt nicht kurzfristig zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien."