Der Pionier der neuen Chemie mit Kohlendioxid sitzt auf Island: die Firma Carbon Recycling International. Seit 2015 stellt sie jährlich 4.000 Tonnen Methanol her. Die Massenchemikalie wird normalerweise fossil erzeugt, aus Erdgas – in diesem Fall aber aus CO2 und Wasserstoff. Das Kohlendioxid stammt dabei aus einem benachbarten Geothermie-Kraftwerk. Dort steigt CO2-reicher Dampf aus der Erdkruste auf. Der Wasserstoff wird durch elektrolytische Spaltung von Wasser gewonnen. Das geschieht allein mit Öko-Strom, denn die Vulkaninsel Island versorgt sich komplett aus Erdwärme und Wasserkraft. Inzwischen bereitet die Firma viel größere Projekte zur Nutzung des Klimagases Kohlendioxid vor, wie Benedikt Stefánsson jetzt in Aachen schilderte, einer ihrer Direktoren und so etwas wie der Stargast der "International Conference on Carbon Dioxide Utilization - ICCDU 2019":
"Wir haben den Prozess weiterentwickelt. Er läuft jetzt auch mit CO2 aus dem Abgas von Chemiefabriken, Stahl- und Zementwerken. Unsere nächsten Anlagen werden mindestens zehn- bis zwanzigmal größer sein und bis zu hunderttausend Tonnen Methanol im Jahr produzieren."
"Wir haben den Prozess weiterentwickelt. Er läuft jetzt auch mit CO2 aus dem Abgas von Chemiefabriken, Stahl- und Zementwerken. Unsere nächsten Anlagen werden mindestens zehn- bis zwanzigmal größer sein und bis zu hunderttausend Tonnen Methanol im Jahr produzieren."
Methanol für Taxis in China
Die erste Großanlage dieser Art wird jetzt in China gebaut. In zwei Jahren soll sie ihren Betrieb aufnehmen. Stefánsson:
"Wir haben in China noch mehr Projekte in der Pipeline. Wir arbeiten dort mit Unternehmen zusammen, bei denen Wasserstoff als Nebenprodukt anfällt, quasi frei Haus. Das nehmen wir zusammen mit Kohlendioxid aus Abgasen der Anlagen und machen daraus einen Kraftstoff mit niedrigem CO2-Fußabdruck. Einer unserer Teilhaber ist Geely. Die Firma hat schon 30.000 Taxis mit Methanol-Motor gebaut, die in China herumfahren. Und sie beginnt jetzt damit, solche Autos auch an chinesische Verbraucher zu verkaufen."
"Wir haben in China noch mehr Projekte in der Pipeline. Wir arbeiten dort mit Unternehmen zusammen, bei denen Wasserstoff als Nebenprodukt anfällt, quasi frei Haus. Das nehmen wir zusammen mit Kohlendioxid aus Abgasen der Anlagen und machen daraus einen Kraftstoff mit niedrigem CO2-Fußabdruck. Einer unserer Teilhaber ist Geely. Die Firma hat schon 30.000 Taxis mit Methanol-Motor gebaut, die in China herumfahren. Und sie beginnt jetzt damit, solche Autos auch an chinesische Verbraucher zu verkaufen."
Polyurethan-Schaumstoffe auf CO2-Basis
Großes Interesse an der Technologie bestehe im Übrigen auch bei verschiedenen Industriebetrieben in Norwegen. Tagungsleiter Walter Leitner, Professor für Technische Chemie an der RWTH Aachen, spricht von einer "extrem interessanten Entwicklung":
"Eines der Leuchtturmprojekte, wenn es um CO2-Nutzung und CO2-Chemie geht. Weil es etwas ist, was sich schon am Markt behauptet. Die CO2-Nutzung nimmt in den letzten Jahren von der Wissenschaft kommend enorm Fahrt auf. Ein Beispiel ist die Herstellung von Polyurethan-Schaumstoffen bei der Firma Covestro, wo eben Bausteine für diese Schaumstoffe, die zum Beispiel in Matratzen benötigt werden, auf Basis von CO2 hergestellt werden. Und wo wir an der RWTH Aachen auch stolz sind, dass wir zu dieser Entwicklung beitragen durften."
Projektleiter bei Covestro in Leverkusen ist der Chemiker Christoph Gürtler. Auch er rechnet damit, dass Alt-CO2 als Rohstoff jetzt stärker Karriere macht, gerade in der Herstellung von Kunststoffen:
"Perspektive für die nächsten zehn Jahre: Wir werden ein Vielfaches von zehntausend Tonnen von Produkten, Materialien im Markt sehen. Davon bin ich felsenfest überzeugt."
"Eines der Leuchtturmprojekte, wenn es um CO2-Nutzung und CO2-Chemie geht. Weil es etwas ist, was sich schon am Markt behauptet. Die CO2-Nutzung nimmt in den letzten Jahren von der Wissenschaft kommend enorm Fahrt auf. Ein Beispiel ist die Herstellung von Polyurethan-Schaumstoffen bei der Firma Covestro, wo eben Bausteine für diese Schaumstoffe, die zum Beispiel in Matratzen benötigt werden, auf Basis von CO2 hergestellt werden. Und wo wir an der RWTH Aachen auch stolz sind, dass wir zu dieser Entwicklung beitragen durften."
Projektleiter bei Covestro in Leverkusen ist der Chemiker Christoph Gürtler. Auch er rechnet damit, dass Alt-CO2 als Rohstoff jetzt stärker Karriere macht, gerade in der Herstellung von Kunststoffen:
"Perspektive für die nächsten zehn Jahre: Wir werden ein Vielfaches von zehntausend Tonnen von Produkten, Materialien im Markt sehen. Davon bin ich felsenfest überzeugt."
Klimasünder Baustoff-Industrie
Ein besonders großer Klimasünder ist die Baustoff-Industrie, durch die Herstellung von zig Milliarden Tonnen Zement und Beton jedes Jahr. Dabei entsteht enorm viel Kohlendioxid. Volker Sick, Direktor der noch jungen Globalen CO2-Initiative und Professor für Energieforschung in den USA:
"Das ist also in der Größenordnung von sieben bis acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes."
Auch hier werde inzwischen versucht, das Kohlendioxid einzufangen und wieder zu verwerten. Als Beispiel nennt Sick die riesigen Drehrohröfen für die Zementherstellung:
"Sie produzieren ja den Zement, indem sie letztendlich eine Mischung aus verschiedenen Mineralien erhitzen, unter anderem Kalkstein. Aus diesem Kalkstein wird das Kohlendioxid ausgetrieben. Ich kann es aber genauso gut wieder zurückführen und den Klebestoff im Beton damit letztendlich wieder als Kalkstein herstellen. Das ist eine Rückführung in den Prozess. Und da ist natürlich eine Menge Potenzial, um CO2 zu nutzen."
"Das ist also in der Größenordnung von sieben bis acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes."
Auch hier werde inzwischen versucht, das Kohlendioxid einzufangen und wieder zu verwerten. Als Beispiel nennt Sick die riesigen Drehrohröfen für die Zementherstellung:
"Sie produzieren ja den Zement, indem sie letztendlich eine Mischung aus verschiedenen Mineralien erhitzen, unter anderem Kalkstein. Aus diesem Kalkstein wird das Kohlendioxid ausgetrieben. Ich kann es aber genauso gut wieder zurückführen und den Klebestoff im Beton damit letztendlich wieder als Kalkstein herstellen. Das ist eine Rückführung in den Prozess. Und da ist natürlich eine Menge Potenzial, um CO2 zu nutzen."
Zement und Beton mit recyceltem CO2
Es gebe US-amerikanische und kanadische Firmen, die Zement und Beton bereits auf diese Weise produzierten. Auf Hawaii sei vor kurzem eine Straße mit einem solchen Fahrbahnbelag ausgerüstet worden. Auch CO2 aus Industrieabgasen lasse sich in Baustoffe einarbeiten. Sick:
"Man hat also zum Beispiel Olivin-Mineralien kleingemahlen, und setzt die unter Druck mit CO2 um, um ein Kalkstein-Äquivalent herzustellen, das dann dauerhaft das CO2 entfernt, und das wird dann in den Beton eingegossen. Am Flughafen in San Francisco ist ein Teil des Betons mit solchen Mineralien beaufschlagt worden."
Die Isländer nennen ihren Kraftstoff aus CO2 und Wasserstoff übrigens Vulcanol – weil er von der Vulkaninsel kommt. Vorstellbar wäre er aber auch in Deutschland: als Beimischung in Benzin, dass schon heute drei Prozent Methanol enthalten darf. Oder eines Tages vielleicht sogar als reiner Kraftstoff - so stark unterscheiden sich Benzin- und Methanol-Motor nämlich gar nicht.
"Man hat also zum Beispiel Olivin-Mineralien kleingemahlen, und setzt die unter Druck mit CO2 um, um ein Kalkstein-Äquivalent herzustellen, das dann dauerhaft das CO2 entfernt, und das wird dann in den Beton eingegossen. Am Flughafen in San Francisco ist ein Teil des Betons mit solchen Mineralien beaufschlagt worden."
Die Isländer nennen ihren Kraftstoff aus CO2 und Wasserstoff übrigens Vulcanol – weil er von der Vulkaninsel kommt. Vorstellbar wäre er aber auch in Deutschland: als Beimischung in Benzin, dass schon heute drei Prozent Methanol enthalten darf. Oder eines Tages vielleicht sogar als reiner Kraftstoff - so stark unterscheiden sich Benzin- und Methanol-Motor nämlich gar nicht.