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Kohlenstoff-Kur für Bildschirme

Technik. - Flachbildschirme werden immer größer und billiger. Doch der zugrundeliegenden LCD-Technik droht Konkurrenz, und zwar von den organischen Leuchtdioden, kurz Oled. Unter anderem versprechen sie einen geringeren Stromverbrauch. Im Fachmagazin Science stellen Forscher eine Methode vor, mit der sich künftig auch große Oled-Bildschirme etwa für Fernseher fertigen lassen sollen.

Von Frank Grotelüschen | 29.04.2011
    In Digitalkameras, Smartphones oder anderen portablen Geräten findet man sie schon heute – kleine Bildschirme aus Oleds, aus organischen Leuchtdioden – man könnte lax auch von leuchtendem Plastik sprechen.

    "Oled-Bildschirme haben gegenüber der heutigen LCD-Technik einen großen Vorteil: Sie brauchen nur etwa halb so viel Strom. Das ist vielleicht der wichtigste Grund dafür, warum man von den LCDs zu den Oleds übergehen möchte."

    Andrew Rinzler ist Physikprofessor an der Universität von Florida. Er hat ein Verfahren entwickelt, das einen wesentlichen Nachteil der Oleds beseitigen soll – den Nachteil, dass sich bislang keine großen Displays wirtschaftlich fertig lassen, wie man sie für Fernseher oder Computermonitore braucht. Dieses Manko hat weniger mit dem leuchtenden Plastik selber zu tun, sondern vielmehr mit jenen Transistoren, die die einzelnen Oled-Pixel mit Strom versorgen.

    "Die Siliziumtransistoren, die man heute für Oled-Displays nutzt, sorgen für einen großen Ausschuss. Rund ein Drittel aller Displays muss man nach der Fertigung wegschmeißen, weil die Transistoren nicht regelmäßig genug angeordnet sind. Das gilt wohlgemerkt für kleine Displays. Wollte man mit dieser Technik große Bildschirme herstellen, wäre die Ausschussrate noch viel größer. Für die Herstellung großer Display ist das Verfahren also untauglich."

    Deshalb ließen sich Rinzler und sein Team eine neue Methode einfallen. Sie verzichten auf die Siliziumtransistoren und bringen stattdessen auf eine Glasscheibe einen halbleitenden Kunststoff auf, der mit einem besonderen Hightech-Material gespickt ist – mit Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Das sind Röhren mit einem Durchmesser von nur wenigen Millionstel Millimetern. Sie steigern die elektrische Leitfähigkeit des Kunststoffs und machen ihn damit als Transistor für die Leuchtdiode tauglich.

    "Letztlich haben wir Transistor und Oled zu einem einzigen Bauteil verschmolzen. Das ist in mehrfacher Hinsicht nützlich: Unser Bauteil braucht weniger Strom als eine gewöhnliche Oled. Und weil sie weniger Strom aushalten muss, hält sie auch länger."

    Und außerdem sollen sich, da ist sich Andrew Rinzler sicher, mit seiner Methode deutlich größere Oled-Bildschirme als bisher fertigen lassen können.

    "Wenn sich einer der großen Bildschirm-Hersteller für unsere Technik interessiert, könnte er sie in zwei bis fünf Jahren zur Marktreife bringen. Größere Probleme sehen wir dabei nicht. In unserem Labor jedenfalls wollen wir nun beweisen, dass man wirklich große Bildschirme mit unserer Technik machen kann."

    Bleibt eine Frage: Sind die Kohlenstoff-Nanoröhren als teures Hightech-Material nicht viel zu kostspielig, um daraus ein Massenprodukt wie einen Fernseher zu bauen?

    "Das ist kein Problem. Denn unser Bildschirm braucht extrem wenig Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Ein Gramm reicht, um 150 Quadratmeter Bildschirmfläche herzustellen. Der Preis für die Nanoröhrchen wird uns also keine Probleme machen."