Kolumne
Warum 3sat nicht einfach so verschwinden darf

Seit Langem wird über die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerungen. Aktuell sticht die Diskussion um 3sat heraus. Der Kultursender soll teilweise oder ganz in Arte aufgehen. Es ist allerdings unklar, was damit zu gewinnen ist.

Von Matthias Dell |
Das Logo des Senders 3sat bei der Buchmesse in Frankfurt
Die Bundesländer präsentierten Ende September einen Entwurf für eine Rundfunkreform von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Ein Vorschlag darin: 3sat mit Arte zusammenzulegen. (picture alliance / dts-Agentur)
Aus der aktuellen Diskussion um die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sticht die um die Zukunft von 3sat heraus. Der bald 40-jährige Drei-Länder-Kulturkanal soll teilweise oder ganz im deutsch-französischen Kultursender Arte aufgehen.
„Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht,“ heißt es allerdings schon im Kommentar zu diesem Änderungsvorschlag im Entwurf für den sogenannten Reformstaatsvertrag. Was ganz gut die Richtungslosigkeit dieser Reformidee illustriert. Wie auch der Umstand, dass gar nicht klar ist, was damit zu gewinnen ist. Die Abschaffung von 3sat klingt im ersten Moment nach einer Sparmaßnahme, aber wie hoch der finanzielle Effekt wäre, ist dort nicht vermerkt.

3sat-Dokumentarfilmredaktion

In jedem Fall würde ein Ende von 3sat nicht bedeuten, automatisch die rund 92 Millionen Euro zur Verfügung zu haben, die der Sender kostet. Das kann man am Beispiel der kleinen 3sat-Dokumentarfilmredaktion sehen. Dort arbeiten festangestellte Menschen, die aktuell die freiesten und damit besten Bedingungen für Dokumentarfilmschaffende ermöglichen.
Hier können Ideen eingereicht werden, die nicht durchformatiert sind und wo nicht schon beim Exposé feststeht, wie der fertige Film aussehen wird. Hier können sich junge Leute erproben und namhafte Filmschaffende mit Unterstützung rechnen, weil eine Senderbeteiligung in Deutschland notwendig ist, um Gelder von der Filmförderung zu bekommen. Da kann auch mal was nicht ideal gelingen, aber im besten Fall entstehen so Dokumentarfilme, die bleiben. Um die sich ein Diskurs entwickelt, die auf Festivals laufen und Preise gewinnen, die etwas festhalten, das auch noch in ein paar Jahren von Belang ist, die Gegenwart oder Geschichte so präzise und klug erzählen, dass man tatsächlich mehr davon versteht.
Oder um es anders zu sagen: dokumentarische Arbeiten, die den Namen tatsächlich verdienen. Weil sie das Gegenteil von dem sind, was etwa im Hauptprogramm der ARD unter diesem Label gesendet wird. Jessy Wellmer, die zu einem vermeintlichen Aufregerthema in 45 Minuten 15 Leuten an 7 Orten das Mikrofon hinhält, und dabei so guckt, als wollte sie jetzt aber wirklich mal was verstehen, um am Ende doch nur mit den gleichen Phrasen aus dem Film zu gehen, mit denen sie ihn begonnen hat.

Kreative Dokumentarfilme

Wenn man nun 3sat abschaffte, dann würden die festangestellten Menschen aus der Dokumentarfilmredaktion ja nicht entlassen werden. Und wenn das ZDF nicht Etat und Redaktion übernehmen würde, müsste man für diese Festangestellten eine neue Beschäftigung finden. Und da wären wir dann wieder bei der Richtungslosigkeit der pauschalen Reformidee, denn das Beste, was diese Redaktion für Ansehen, Ruhm und Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks tun kann, ist das, was sie gerade tut – kreative Dokumentarfilme zu ermöglichen als Antidot zum Jessy-Wellmer-Delirium.
Wenn das mit der Reform gut ausgehen soll, wäre es also hilfreich, wenn Medienpolitik und Senderchefs eine inhaltliche Idee davon entwickeln würden, was das sein soll – ein bester öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Im Falle von 3sat hieße das, sich klarzumachen, dass vieles, was zu 3sat gehört, den Kern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausmacht - und deshalb nicht einfach so verschwinden sollte.