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Kometensonde
Philae mit Energieproblemen

Planetologie. - Die Energieprobleme der Kometenlandesonde Philae wachsen. Die Daten, die sie gesendet hat, deuten darauf hin, dass sie auf Tschurjumow-Gerasimenko in einem ziemlich dunklen Tal zwischen ziemlich vielen Gesteinsbrocken sitzt und deshalb nicht wie geplant ihre Batterien aufladen kann. Was das bedeutet, erklärt der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen im Gespräch mit Monika Seynsche.

Dirk Lorenzen im Gespräch mit Monika Seynsche |
    Drei ESA-Mitarbeiter beobachten in Darmstadt die Monitore, auf denen Daten des Mini-Labors Philae angezeigt werden.
    Bei der ESA wartet man gespannt auf die nächste Datenübertragung von der Kometenoberfläche. (picture alliance / ESA / J. Mai)
    Monika Seynsche: Herr Lorenzen, wie geht es Philae?
    Dirk Lorenzen: Frau Seynsche, heute Mittag ging es Philae noch gut, da hatte man zuletzt den Kontakt dorthin. Die Funkverbindung, wenn sie denn da ist, ist man auch immer gut, darüber sind die Wissenschaftler sehr glücklich. Das heißt, sie bekommen all die Daten, wissen wie es der Sonde geht, bekommen auch die wissenschaftlichen Daten. Es ist eben diese vertrackte Lage, dass man dort wirklich fast eingeparkt ist zwischen diesen kleinen Bergen, kleinen Hügeln. Man ist dort eben sehr schattig, und das wird jetzt eben doch zum ganz großen Problem. Zum einen bekommt an ihm viel zu wenig Sonne auf die Solarzellen, das heißt, die Batterien kann man nicht wirklich aufladen und auch die Temperatur wird allmählich immer schlimmer. Die gehen so weit herunter, dass die Batterien auch zuerst einmal vorgeheizt werden müssen. Also die Forscher sind da doch, fahren im Moment so ein bisschen auf den letzten Energiereserven.
    Seynsche: Wir haben ja das letzte Mal gestern Nachmittag gesprochen. Da war der Stand, dass Philae zumindest ein Bein nicht auf dem Boden hatte und eben nicht viel Sonne abbekam. Was ist denn jetzt seitdem passiert?
    Wissenschaftliches Programm soll durchgeführt werden
    Lorenzen: Anfangs war man dann ja wirklich bedacht, möglichst wenig zu tun, weil man ein bisschen Sorge hatte, sonst fällt dann doch die Sonde irgendwie anders herum. Man hat jetzt aber doch gesagt, man führt jetzt noch einmal das ganze wissenschaftliche Programm durch, soweit es irgendwie möglich ist. Man hat also tatsächlich den Bohrer ausgefahren, seitdem weiß man: Er ist mindestens 24 Zentimeter aus der Sonde herausgefahren. Leider weiß man aufgrund der vertrackten Lage dort eben nicht ganz genau, ob das wirklich schon reicht die Oberfläche zu erreichen. In jedem Fall sollte - im Moment, wie gesagt, hat man keinen Kontakt mehr - sollte jetzt bereits, wenn es denn vor Ort geklappt hat, sollten Proben, die dieser Bohrer vielleicht hat entnehmen können, dann auch in diesen kleinen Öfen, in diesen kleinen Laboren in der Sonne sein und analysiert werden. Man hat ein Thermometer auch ausgefahren, das die thermischen Eigenschaften des Bodens untersuchen soll. Dann macht man ein Tomographie-Experiment, Radiowellen laufen zwischen Rosetta, der Muttersonde, und der Tochtersonde Philae hin und her, und zwar dann, wenn die keinen direkten Sichtkontakt haben, weil die Radiowellen dann durch den Kometenkörper hindurchgehen. So lernt man etwas über den Aufbau. Und man hat auch die chemische Zusammensetzung sowohl des Kometenmaterials an der Oberfläche als auch der freiwerdenden Gase versucht. Also die Forscher ziehen jetzt doch schon eine relativ positive Zwischenbilanz und sagen: Gut 80 Prozent der wissenschaftlichen Ziele, die man sich für die ersten Tage vorgenommen hat, die meint man jetzt erreicht zu haben.
    Fraglich, wie viel Zeit Philae noch hat
    Seynsche: Sie hatten es eben erwähnt. So langsam geht Philae der Strom aus. Weiß man denn, wie viel Zeit den Forscher noch bleibt?
    Lorenzen: Nein, das ist die ganz, ganz große Frage. Und es wird eben wirklich spannend. Heute Abend so zwischen 23:00 Uhr und Mitternacht unserer Zeit, da sollte man wieder Kontakt haben. Das heißt, dann besteht im Weltraum wieder eine gute Sichtverbindung zwischen Rosetta und Philae, dann kann Philae zur Muttersonde funken und die wird das Signal sofort weiterreichen in Richtung Erde. Da ist aber eben die große Frage: Reicht die Batterie dafür noch. Und wenn die Batterie reicht, dann könnten eben diese spektakulären, vielleicht auch Daten aus dem Labor kommen. Aber die große Frage ist eben: Wie viel? Man kann das nur abschätzen, man weiß nicht ganz genau, wie stark ist sie noch. Das wird heute sehr, sehr spannend.
    Seynsche: Gibt es den vielleicht die Chance, den Lander irgendwie zu bewegen, so dass er wieder in die Sonne kommen könnte?
    Lorenzen: Das, in der Tat, hat sich komplett geändert. Gestern wollte man ihn praktisch möglichst schonen, nicht bewegen. Heute wäre praktisch jede Bewegung recht. Man hofft, dass bei diesem Bohren irgendwie Philae sich bewegt hat. Man hat natürlich immer die Gefahr, dass er dann so umkippt, dass keine Radioverbindung mehr besteht, dann wäre der Kontakt verloren. Man möchte auch, wenn denn heute Abend der Kontakt noch einmal zustandekommen, die Sonde so drehen, vielleicht die Solarzellenflächen, die sich gegenseitig abschatten, dass die ein bisschen besser beleuchtet werden. Und man denkt sogar ein bisschen darüber nach, mit so einem Schwungrad und einem Springmechanismus in den Beinen buchstäblich Philae so einen kleinen Satz machen zu lassen. Womöglich würden zwei Meter schon helfen, dass die Situation ganz anders wäre.
    Kometenkurs bringt vielleicht mehr Sonnenenergie
    Seynsche: Könnte denn auch etwas passieren, ohne dass man ihn bewegt? Also gibt es Jahreszeiten auf dem Kometen?
    Lorenzen: Das wäre möglich, dazu müsste man aber genau wissen, wo Philae auf dem Kometen ist. Das weiß aber noch nicht, diese Untersuchungen laufen. Dann könnte man eben auch sagen, ob an dieser Stelle dort jahreszeitliche Effekte eine Rolle spielen. Man denkt aber vor allem auch daran, das ja der Komet sich im Moment der Sonne nähert. Und im August des nächsten Jahres wird sich der Abstand des Kometen von der Sonne mehr als halbiert haben verglichen mit heute. Das heißt, die Sonne strahlt dann sechsmal heller als jetzt. Vielleicht reicht auch das schon, dass dann eben mehr Strahlung drauf kommt. Aber man muss sagen: Realistisch betrachtet hört die Mission morgen auf, aber vielleicht gibt es ein Comeback, vielleicht wacht dann, wenn der Komet der Sonne so nah ist, Philae aus dem Winterschlaf wieder auf.