Archiv

Kommentar zur Clan-Debatte
Nancy Faesers misslungener Zick-Zack-Kurs

Das Bundesinnenministerin hat Pläne zur leichteren Ausweisung von Mitgliedern krimineller Vereinigungen vorgelegt – und dabei von Clans gesprochen. Das schade der Abschiebe-Debatte und auch Innenministerin Faeser selbst, meint Katharina Hamberger.

Ein Kommentar von Katharina Hamberger |
Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, spricht bei einer Pressekonferenz.
Bundesinnenministerin Faeser (SPD) habe sich gar nicht zur den Abschiebungen positioniert, sie habe diesen Vorschlag zur Diskussion gestellt, hieß es Tage nach der Veröffentlichung der Pläne aus ihrem Ministerium (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
Es ist schon ein höchst seltsames Hin und Her von Nancy Faeser (SPD) und ihrem Innenministerium, das gerade zu beobachten ist. Es geht um einen Vorschlag aus einem Diskussionspapier, das vergangene Woche veröffentlicht worden ist. Zunächst ließ Faeser über eine Sprecherin den Spin in die Welt setzen, dieser Vorschlag ziele explizit darauf ab, Mitglieder von sogenannten Clan-Strukturen leichter abschieben zu können. Das ließ den Schluss, es gehe hier tatsächlich darum, Menschen auszuweisen, nur, weil sie einer bestimmten Familie angehören – was mehr als problematisch wäre.

Eine Frage der Verhältnismäßigkeit

Tatsächlich steht in dem Papier nichts von Clans, stattdessen wird darin ein weiterer gesetzlicher Grund vorgeschlagen, um Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ausweisen zu können, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden.
Bislang ist das unter anderem der Fall, wenn jemand eine terroristische Vereinigung unterstützt oder dieser angehört hat. Laut dem Diskussionspapier soll jemand künftig auch seinen Aufenthaltstitel verlieren können, wenn nachgewiesen werden kann, dass diese Person einer kriminellen Vereinigung angehört oder angehört hat, selbst wenn es keine strafrechtliche Verurteilung gab.
Auch hier stellt sich mindestens die Frage der Verhältnismäßigkeit – es ist aber etwas anderes, als der zunächst auch medial vielfach verbreitete Spin, die Verwandtschaft mit kriminellen Familienmitgliedern in einer sogenannten Clan-Struktur reiche aus, was ebenso von Teilen der SPD, aber auch den Koalitionspartnern so interpretiert wurde. Die Grünen kündigten an, so einem Vorhaben nicht zustimmen zu wollen. Die FDP übte ebenfalls Kritik, und eigene Parteifreunde Faesers sprachen von Sippenhaft. Applaus gab es lediglich von der Union.

Profilierungsversuch für die Hessen-Wahl?

Es liegt jedoch die Vermutung nahe, dass bei der Erzählung aus Faesers Ministerium auch der Wahlkampf in Hessen eine Rolle spielt. Faeser ist dort Spitzenkandidatin der SPD. Genau heute in zwei Monaten wird ein neuer Landtag gewählt, und noch kommt die SPD in den Umfragen nicht an die regierende CDU heran. Womöglich ist nun versucht worden, die Vorschläge aus dem Diskussionspapier auch für die Profilierung der Sozialdemokratin zu nutzen. Was nicht Aufgabe des Ministeriums sein darf.
Am Ende ist dies, wenn man sich anschaut, wer zustimmt und wer applaudiert, wohl eher nach hinten losgegangen. Und selbst, wenn keine Strategie dahintersteckt, war dies höchst ungeschickt.

Redaktionell empfohlener externer Inhalt

Mit Aktivierung des Schalters (Blau) werden externe Inhalte angezeigt und personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt. Deutschlandradio hat darauf keinen Einfluss. Näheres dazu lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können die Anzeige und die damit verbundene Datenübermittlung mit dem Schalter (Grau) jederzeit wieder deaktivieren.

Am Ende hat Faeser sich selbst geschadet

Das scheint man auch im Innenministerium gemerkt zu haben. Denn bereits am Dienstag war man bemüht, die Interpretation wieder einzufangen und den Vorschlag auch noch möglichst weit weg von der Ministerin zu schieben. Er stamme von den Ländern und Kommunen. Faeser habe sich gar nicht dazu positioniert, sie habe diesen Vorschlag zur Diskussion gestellt.
Tatsächlich fasst das Innenministerium hier Beschlüsse von Bund und Ländern zusammen, die noch einen weiten Weg vor sich haben, bevor sie überhaupt zum Gesetzentwurf werden. Dennoch mutet die Aussage des Innenministeriums nun etwas seltsam an, hat man doch noch kurz vorher ziemlich deutlich formuliert, was das Ziel sei – um das dann wieder zu relativieren.
Am Ende hat Faeser hier noch einmal mehr Unruhe in die Koalition gebracht beim heiklen Thema Abschiebungen - und sich auch noch selbst geschadet.