Kommentar zu Weidel und Musk
Elon Musk verwirklicht Traumvorstellung der AfD

Der Unternehmer Elon Musk hat AfD-Chefin Alice Weidel auf der Plattform X eine Bühne geboten. Weidel konnte ungefiltert krude Theorien verbreiten. Musk wiederum nutzt die rechtsaußen Partei, weil er mehr Einfluss in Europa will.

Ein Kommentar von Nadine Lindner |
    Die Profilbilder von Elon Musk und Alice Weidel auf der Plattform X.
    Der Unternehmer Elon Musk führte ein Live-Gespräch auf der Plattform X mit AfD-Chefin Alice Weidel und bot ihr damit eine internationale Bühne. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Andre M. Chang)
    Das Gespräch zwischen Elon Musk und Alice Weidel ist ein Scheinriese. Denn der reine Nachrichtenwert ist überschaubar. In 75 Minuten tauschten sich der Tesla-Gründer und die AfD-Chefin auf Englisch und im Plauderton aus. Es ging um das deutsche Energie- oder Schulsystem, Kritik an Genderthemen, am Ende kreiste das Gespräch um Reisen zum Mars.
    Für einiges Aufsehen sorgte die von Weidel bewusst gesetzte Aussage, wonach Hitler Kommunist gewesen sei. Es ist historisch falsch und ein Narrativ der Schuldabwehr, das international unter Rechten und Rechtsextremen geteilt wird. Die AfD-Chefin will offenbar auf internationaler Bühne zeigen: "Seht, ich bin eine von euch." Musk hat Weidel eine Bühne gebaut – sie hat sie genutzt. Abseits dessen ist der Erkenntnisgewinn jedoch klein.

    AfD-Chefin Weidel verbreitet krude Theorien

    Interessanter wird es vielmehr beim Kontext, vor dem das Gespräch stattfindet. Denn hier wird der Scheinriese auf einmal groß: An dem virtuellen Treffen lässt sich eine weitere Verschiebung von Aufmerksamkeit und damit Informationsmacht beobachten.
    Elon Musk treibt mit seiner eigenen Plattform X die etablierten Medien – nicht nur in Deutschland – vor sich her. Ihre oft zitierte Gatekeeperfunktion setzt er außer Kraft, indem er seinen eigenen Gesprächsräume schafft, ihm gewogenen politischen Kräften Reichweite gibt.
    Das Gespräch mit Weidel ist Teil dieser Strategie – die AfD-Chefin konnte ungefiltert, ohne unterbrochen zu werden ihre Ansichten darlegen und kruden Theorien verbreiten.

    Musk verwirklicht Traum für AfD

    Die AfD sieht damit ihre Traumvorstellung von Medienpräsenz verwirklicht – ohne lästige kritische Nachfragen oder Konfrontation mit extremen Tendenzen oder radikalen Kandidaten. Dass die AfD – wie Elon Musk gesetzliche Regulierung von Plattformen abschaffen will, abschaffen will, wie den Digital Services Act der Europäischen Union macht die Partei für den Chef von X zu einem wertvollen Verbündeten.
    Auch wenn die AfD absehbar kein Teil der Bundesregierung wird, kann sie trotzdem in seinem Sinne den Diskurs in einem zentralen EU-Land vorantreiben. Hier decken sich die Ziele von AfD und von Elon Musk. Die Partei könnte damit Teil von Musks Netzwerk zu Einflussversuchen in verschiedenen europäischen Ländern werden.
    Etablierte Medien sind in einem Dilemma, sie können das Gespräch nicht ignorieren, sollen es aber durch ihre Berichterstattung nicht größer machen als es ist. Am Ende hilft nur der Rückgriff auf die journalistischen Tugenden – klare Sprache, kritische Nachfragen und das Benennen von Interessen.