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Kommentar
Björn Höcke holzt die Bibel ab

In der Bibel gebe es zu viel Wüste und zu wenig Wald, schreibt der AfD-Politiker Björn Höcke in seinem Buch. Er übersieht ziemlich viel Holz, kommentiert Christiane Florin. Aber in einem habe er Recht: Im Buch der Bücher ist Deutschland schon abgeschafft, bevor es überhaupt erfunden wurde.

Von Christiane Florin |
    30.04.2018, Sachsen, Zwickau: Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen, spricht auf einer Kundgebung der AfD.
    AfD-Kundgebung in Zwickau (dpa-Zentralbild/ Sebastian Willnow)
    Björn Höcke hat die Bibel gelesen. Aber sie hat ihm nicht gefallen. Nun könnte man vermuten, dass er über die Stellen gestolpert ist, an denen es heißt, man solle Fremde gastfreundlich aufnehmen. Doch er fremdelt aus anderen Gründen. In einem Interviewbuch präsentiert er die Frucht seiner Lektüre. Er sagt: "Die biblischen Geschichten waren für mich Begebenheiten aus einer zu fernen Welt – es gab da zu viel Wüste und zu wenig Wald."
    Jeder kann sich öffentlich über die fernen Geschichten und ihre Protagonisten von A wie Abraham bis Z wie Zacchäus äußern. Man muss dafür weder Theologie noch Religionswissenschaft studiert haben. Und warum soll es der Bibel besser gehen als dem Koran? Den hat Thilo Sarrazin auch ohne wissenschaftlichen Beistand auf sich wirken lassen und sogar ganzes Buch darüber geschrieben, einen Bestseller, für den viele Bäume ihr Leben lassen mussten.
    Womöglich durchforsten Höcke und Sarrazin bald zusammen heilige Druckwerke und veröffentlichen einen gemeinsamen Waldschadensbericht: Der Islam holzt uns ab!
    Keine raunenden Tannen, keine Eiche rustikal
    Oh, war das hart an der Blasphemie. Immerhin präsentiert sich Björn Höcke in seinem Druckwerk heilandgleich. Und ein rechter Gott verträgt keinen Spott. Aber man wird ja wohl noch fragen dürfen, ob er Recht hat mit seiner Bibel-Bestandsaufnahme!
    Es stimmt: Keine dunkel-raunenden Tannen ragen in den Karfreitagshimmel, keine rustikale Eiche spendet Schatten im Garten Gethsemane. Ich hau den Satz jetzt ganz ungeschützt raus: In dem Buch der Bücher ist Deutschland schon abgeschafft, bevor es überhaupt erfunden wurde!
    Auch mit der Behauptung, die Wüste werde übermäßig gewürdigt, liegt Höcke richtig. Ohne Sand säßen Moses und Jesus auf dem Trockenen, es gäbe keinen Exodus und keine Versuchung durch den Teufel.
    Der neue Heiland namens Björn tut der Bibel dennoch Unrecht. Er verschweigt ziemlich viel Holz: Schon im Paradies spielt ein Obstbaum eine tragende Rolle; der Psalmist schwärmt von den Zedern des Libanon; der Zimmermann Josef schulte nicht vor lauter Materialmangel zum Wüstenvater um. Es gäbe noch mehr Wälder, wenn die Römer auf ihre Kreuzigungen verzichtet hätten. So aber mussten viele Zedern, Zypressen und Ölbäume dran glauben.
    Schnell auf der Palme
    Nun gut, das christliche Abendland im Sinne der AfD lässt sich mit stark gerodeter Bibelkenntnis ohnehin besser verteidigen. Aber es gibt besorgte Christinnen und Christen, die normalerweise schnell auf der Palme sind, wenn sie einen schlampigen Umgang mit der Heiligen Schrift wittern. Eigentlich müssten sie Höcke widersprechen, wenn er über die Bibel Falsches und Abwertendes sagt. Aber es geht ja bloß ums Holz und nicht gegen Homosexuelle. Da herrscht bei den Bibelfesten Schweigen im Walde.