Kommentar zu Sozialleistungen
Es braucht bessere Arbeitsanreize für Bürgergeldempfänger

Das Bürgergeld soll 2025 nicht erhöht werden, doch die Debatte um die Sozialleistung wird damit nicht zur Ruhe kommen. Nötig wären sowohl harte Sanktionen als auch wirksame Arbeitsanreize, doch für eine solche Reform fehlt der Ampel die Kraft.

Ein Kommentar von Jörg Münchenberg |
Auf einem Arbeitsvertrag liegt ein Kugelschreiber.
Bürgergeldempfängern sollte es attraktiver und leichter gemacht werden, eine Arbeit anzunehmen, findet Jörg Münchenberg. (picture alliance / ZB / Sascha Steinach)
Der Schritt war längst erwartet worden. Für die Bezieher von Bürgergeld wird es – nach der kräftigen Anhebung zu Jahresbeginn – 2025 eine Nullrunde geben. Weil die aktuelle Inflation deutlich gesunken ist. Absehbar ist aber auch, dass diese Maßnahme entsprechend den gesetzlichen Vorgaben den Dauerstreit über das Bürgergeld nicht befrieden wird. Im Gegenteil.
Für die Sozialdemokraten hat sich damit ausgerechnet die von ihnen angestoßene Reform zur Beendigung ihres Hartz IV-Traumas längst zum politischen Fiasko entwickelt. Denn es sind gerade auch SPD-Wähler, die die geltenden Sanktionsregeln für zu lasch und die Regelsätze für zu hoch halten. Die SPD wird inzwischen vielerorts als Partei der Arbeitslosen und nicht mehr als Partei der Arbeiter wahrgenommen.

Bürgergeld ist kein Grundeinkommen

Vieles davon ist jedoch hausgemacht. Und fängt schon bei Kleinigkeiten an. So führt etwa der Name Bürgergeld in die Irre. Weil er suggeriert, hier handle es sich um eine staatliche Leistung ohne eigene Bringschuld. Die gleichzeitig für jede Bürgerin und jeden Bürger zur Verfügung steht. Was natürlich mitnichten der Fall ist.
Doch zur Vollständigkeit gehört auch: Obwohl gerade die Union, und auch die FDP derzeit fast täglich das Bürgergeld und seine Regelungen in aller Schärfe kritisieren, haben sie es doch alle politisch mit beschlossen. Die Liberalen als Teil der Ampelkoalition, CDU und CSU wiederum im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.
Ein wirklicher Lerneffekt will sich aber bis heute nicht einstellen. Weniger aus Überzeugung als vielmehr aufgrund der akuten Haushaltsnöte hat sich die Ampelkoalition zu kosmetischen Korrekturen, sprich einer moderaten Verschärfung der bisherigen Regeln durchgerungen. Das aber wird am Ende nicht ausreichen.

Es braucht harte Sanktionen und wirksame Arbeitsanreize

Zunächst wäre eine Versachlichung der politischen Auseinandersetzung dringend angesagt. Ja, die Anhebung der Regelsätze Anfang 2024 war zu hoch; aber eine Kürzung ist politisch derzeit schlicht nicht durchsetzbar. Denn dazu müsste das entsprechende Gesetz geändert werden, das aber wird mit den Sozialdemokraten kaum zu machen sein.
Und ja, es braucht weiterhin harte Sanktionen, während gleichzeitig die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Bürgergeldempfänger verbessert werden sollten, denn Arbeit muss sich wieder lohnen. Wer derzeit Bürgergeld bekommt und einen Job aufnimmt, hat stattdessen das Nachsehen. 
Ein wirksamer Arbeitsanreiz könnte zugleich die gesellschaftliche Akzeptanz des Bürgergeldes verbessern helfen und gleichzeitig auch Schwarzarbeit reduzieren. Die Vorschläge dazu liegen längst auf dem Tisch. Ob die Ampel aber noch die politische Kraft für eine sozialpolitische Reform hat, muss eher bezweifelt werden.