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Kommentar zur COP28
Der Startschuss für die Energiewende muss in Dubai fallen

Es wäre ein bedeutendes Signal, wenn ausgerechnet auf der Weltklimakonferenz in Dubai der Ausstieg aus der fossilen Energie beschlossen wird, meint Georg Ehring. Ein Signal auch an Länder, die weiter auf fossile Energie setzen - wie etwa Deutschland.

Ein Kommentar von Georg Ehring |
Menschen laufen in Dubai vor einem Plakat des UN-Klimagipfels COP28 in entgegengesetzte Richtungen.
Von der Konferenz in Dubai muss ein Signal ausgehen: Fossile Energieträger gehören der Vergangenheit an. (picture alliance / AP / dpa / Peter Dejong)
Ausgerechnet Dubai? Die Glitzerstadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sie ist mit Petrodollars unermesslich reich geworden und bekannt für Superlative wie das höchste Hochhaus der Welt.
Auf den Straßen fahren übergroße und schnelle Autos, in der City stehen Einkaufstempel mit Luxusgütern aus aller Welt. Klimaanlagen halten die Gluthitze der Wüste draußen. Wer in Dubai unterwegs ist, bekommt eine Ahnung, wie man es schaffen kann, pro Kopf etwa 20 Tonnen CO2 jedes Jahr in die Luft zu blasen - mehr als doppelt so viel wie in Deutschland.

Fossile Energien als der Elefant im Raum

Immobilienentwickler errichten hier künstliche Inseln mit Luxusvillen, so sagte es eine Klimaaktivistin von den Fiji-Inseln mit bitterem Unterton. Denn gleichzeitig lässt der steigende Meeresspiegel in ihrer Heimat im Pazifik Inseln buchstäblich im Meer versinken – es sind zwei Seiten ein- und derselben Entwicklung.
Ausgerechnet in Dubai könnte die Welt den Ausstieg aus fossilen Energiequellen beschließen, es wäre eine Ironie der Geschichte. Bisher waren die fossilen Energien bei Klimakonferenzen oft der Elefant im Raum - man sprach über Emissionen und ihre Verringerung, nicht aber über deren Hauptursache: die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas.
Die Befürworter des Ausstiegs bauen gerade einiges an Druck auf und sie haben nicht nur Recht, sie haben auch starke Verbündete.

Auch die Wirtschaft kämpft für die Energiewende

Da ist erstens die Wissenschaft. Die Chance, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist längst vertan, so etwa Johan Rockström, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Um wenigstens noch die Möglichkeit zu erhalten, im Laufe des Jahrhunderts wieder unter diese Marke zu kommen, ist ein schneller und kompletter Ausstieg aus fossilen Energiequellen unabdingbar.
Zu den Verbündeten zählt längst auch ein großer Teil der Wirtschaft: Es sind zwar so viele Vertreter der fossilen Industrielobby in Dubai wie nie zuvor, doch die stärkere Lobby kämpft inzwischen für Solar- und Windkraft. Selbst Lobbyisten für energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie fordern heute saubere und billige Energie, ihnen kann die Aufstellung von Windrädern und Solarparks nicht schnell genug gehen.

Der Wende das Wort reden - und in fossile Energie investieren

Es wäre ein Signal von großer Bedeutung, wenn Dubai mit einem Aufruf zur weltweiten Energiewende zu Ende geht. Ein Signal auch an die Staaten, die sich auf Konferenzbühnen dafür einsetzen. Viele reden der Wende das Wort, investieren aber nach wie vor trotzdem in fossile Infrastruktur. Dazu gehört auch Deutschland mit dem überdimensionierten Ausbau der Terminals für flüssiges Erdgas.
Doch freuen wir uns nicht zu früh: Die Wende muss nicht nur beschlossen, sie muss auch umgesetzt werden. Und das kann eine Klimakonferenz nicht erzwingen, darüber entscheiden die Staaten selbst.
Noch geht die Wende so langsam, dass es selbst bei einer Umsetzung aller Klimapläne auf eine Erwärmung um katastrophale 2,5 Grad zum Ende des Jahrhunderts hinausläuft. Die Wende muss noch in diesem Jahrzehnt stattfinden – und aus Dubai muss der Startschuss dafür kommen.  
Georg Ehring
Georg Ehring, Jahrgang 1959, hat in Dortmund Journalistik und Politikwissenschaften studiert, später an der Fernuniversität Hagen Volkswirtschaft. Er arbeitet beim Deutschlandfunk als Redaktionsleiter Wirtschaft und Umwelt. Berufliche Stationen zuvor waren die zentrale Wirtschaftsredaktion der Nachrichtenagentur Reuters in Bonn und in den 1980er-Jahren eine freiberufliche Tätigkeit überwiegend für den WDR in Dortmund.