Kommentar zum Tod Raisis
Im Iran dürfte alles beim Alten bleiben

Das iranische Regime wird sich durch den Tod des Präsidenten Ebrahim Raisi und des Außenministers Amir-Abdollahian nicht ändern, kommentiert unser Korrespondent Uwe Lueb. Die Säulen des Regimes bleiben die gleichen, es gibt nur andere Ausführende.

Uwe Lueb | 20.05.2024
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi, der bei einem Hubschrauberabsturz am Sontag (19.05.2024) ums Leben gekommen ist.
Irans Präsident Ebrahim Raisi ist am Sonntag bei einem Hubschrauber-Absturz ums Leben gekommen. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Iranian Presidency)
Vieles wird anders im Iran und bleibt doch beim Alten. Ebrahim Raisi war zuletzt als Nachfolger des alternden obersten religiösen Führers Ali Chamenei gehandelt worden. Doch bis dahin gab es einige Interessenrangeleien.
Vor einigen Jahren war der frühere Präsident Hassan Rohani als möglicher Nachfolger Chameneis im Gespräch. Er galt vielen in den Führungszirkeln als zu gemäßigt. Um seinen Namen im Gespräch zu halten, behaupteten Reformer, Chameneis Sohn Mojtaba solle installiert werden.
Die mächtige Revolutionsgarde des Iran unterstützte stattdessen Raisi. Der wurde immer wieder als schwacher Präsident beschrieben, trotz seiner Rolle bei Massenhinrichtungen Ende der 1980er Jahre. Im Kalkül der mächtigen Revolutionsgarde wäre Raisi wohl eine Art oberster Führer von Gnaden der Garde geworden.

Sohn von Chamenei wittert Chance

Nun könnte es doch auf Chameneis Sohn Mojtaba hinauslaufen. Allerdings könnte er an mangelnder Regierungserfahrung scheitern. Das schafft Raum für andere Hardliner, wie auch Raisi einer war. Durchsetzungsstärkere als er könnten ihre Chance wittern.
Eigentlich war ein solches Szenario in der Zeit verortet, in der ein Nachfolger Chameneis gefunden werden muss. Dass es jetzt zunächst um einen neuen Präsidenten geht, könnte eine Art Generalprobe für den zu erwartenden Machtkampf um das oberste Amt im Iran werden.
Erst einmal könnte nun Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf neuer Präsident werden. Vorausgesetzt Chamenei will das. Ghalibaf jedenfalls hat schon lange Ambitionen. Gewählt werden soll in ein paar Wochen. Es ist wahrscheinlich, dass Chamenei Kandidaturen, die ihm nicht passen, verhindert.

Bagheri könnte Arbeit Abdollahians nahtlos fortsetzen

Auch der neue Außenminister dürfte für eine gewisse Kontinuität stehen. Zwar hat der gestorbene Hussein Amir-Abdollahian seit Ausbruch des Gaza-Kriegs in einigen arabischen Ländern Gesprächsfäden geknüpft oder weitergesponnen, aber sein vorläufiger Nachfolger, der bisherige Vize-Außenminister Ali Bagheri, war Chefunterhändler bei den Gesprächen über das Atomprogramm des Iran.
Angeblich gehen sie derzeit mit den USA geheim und indirekt über arabische Vermittler weiter. Bagheri könnte die Arbeit Amir-Abdollahians also nahtlos fortsetzen.

Säulen des Regimes bleiben die gleichen

Ein Mann auf den Straßen Teherans fasst die neue Sitzung, die neue Situation so zusammen: Die Säulen des Regimes bleiben die gleichen, es gibt nur andere Ausführende. Das Regime wird sich durch den Tod Raisis und Amir Abdollahians nicht ändern.
Auch wenn es zu einem heftigen Machtkampf kommt: Die potenziell und tatsächlich Mächtigen im Iran sind sich in den grundlegenden innen- und außenpolitischen Linien ohnehin einig. Es kommen bekannte Gesichter in neue Ämter. Ansonsten dürfte im Iran alles beim Alten bleiben.