Was haben sich Bund und Länder eine Schlacht geliefert, im Vorfeld des sogenannten Flüchtlingsgipfels. Beide Seiten hatten der jeweils anderen vorgeworfen, ihrer jeweiligen Verantwortung nicht gerecht zu werden und teils sogar mit falschen Zahlen zu argumentieren.
Heraus kam eine Milliarde Euro mehr für die Kommunen sowie für die Digitalisierung der Ausländerbehörden und eine Arbeitsgruppe, die sich über die zukünftige Finanzierung Gedanken machen und bis November Vorschläge machen soll.
Migrationsgipfel bleibt hinter Erwartung der Länder
Die Länder mussten erkennen: Sie haben keinen wirklichen Hebel in der Hand und nahmen lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Ihr einziges Druckmittel: die Beratungen scheitern zu lassen. Doch alle Beteiligten wussten: Das nützt nur den rechten Populisten.
Natürlich ist eine Milliarde mehr als nichts. Verglichen mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und dem 200-Milliarden schweren sogenannten „Doppel-Wumms“ ist sie ein Witz.
Kanzler Scholz mag sich – auch angesichts finanzieller Spielräume, die eng geworden sind – geschickt aus der Affäre gezogen haben. Spätestens, wenn im Sommer die Zahl der hier ankommenden Geflüchteten wieder steigt, wird der Streit von neuem losgehen.
Kaum Aussichten auf gemeinsame EU-Asylpolitik
Denn es ist kaum zu erwarten, dass in absehbarer Zeit weniger Menschen kommen werden. Die „Gemeinsame Europäische Asylpolitik“, für die sich die Bundesregierung stark macht – inklusive Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen für diejenigen Menschen aus Ländern, die eine geringe Aussicht auf Anerkennung haben – verbunden mit einem Solidaritätsmechanismus zur Verteilung der Flüchtlinge in Europa – diese europäische Asylpolitik – ist theoretisch folgerichtig; um Ankunftsländer wie Italien oder Griechenland nicht mit dem Migrationsproblem alleinzulassen und zugleich die Idee offener Binnengrenzen nicht zu gefährden. Die Aussicht, dass sie kommt, sie ist allerdings mehr als vage.
Ähnlich verhält es sich mit den Migrationspartnerschaftsabkommen etwa mit Ländern des Maghreb. Die Idee ist nicht falsch: Es gibt Visaerleichterungen und die Möglichkeit, innerhalb bestimmter Kontingente nach Europa und Deutschland auswandern zu können. Im Gegenzug müssen sich die Herkunftsländer dazu verpflichten, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, wenn ihr Asylantrag erfolglos bleibt.
Doch werden die Länder wirklich ein Interesse daran haben? Seit Jahren wird an solchen Rückführungsabkommen gearbeitet – ohne Erfolg.
Bund muss sich an Problemlösung beteiligen
Europa und auch Deutschland werden noch auf lange Zeit Ziel vieler Geflüchteter und Migranten bleiben. Bund und Länder haben das auch als Daueraufgabe identifiziert.
Um längerfristig planen und Konzepte umsetzen zu können, braucht es aber – auch wenn eigentlich Aufgabe von Ländern und Kommunen – eine Beteiligung des Bundes, die an die tatsächliche Zahl von Flüchtlingen angepasst ist. Die Alternative ist ein gesellschaftliches Klima, bei dem Abschottung und der Abbau von Grundrechten zum Regelfall zu werden drohen. Und davon profitiert nur eine: die AfD.