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Kommentar zu Friedrich Merz
Ein Stöckchen für die Medien und eine Bürde für die CDU

Es ist Wahlkampf und es wird über Asylpolitik diskutiert. Grund genug, dass sich auch CDU-Chef Friedrich Merz zu Wort meldet. Doch was er zu Geflüchteten und Zahnarztpraxen sagt, ist brandgefährlich, kommentiert Katharina Hamberger.

Kommentar von Katharina Hamberger |
Der CDU-Politiker Friedrich Merz im Bundestag. Er hat das Gesicht auf die Hand gestützt und die Augen geschlossen.
Ausrutscher oder bewusste Provokation? Friedrich Merz sorgt mit seinen Äußerungen über Geflüchtete und Zahnarztbesuche für Irritation. (IMAGO / dts Nachrichtenagentur / IMAGO / dts Nachrichtenagentur)
Der Diskurs in der Asyl- und Migrationspolitik ist schwierig, das deutsche Recht teilweise komplex. Dazu kommt die EU-Ebene, Emotionen spielen eine große Rolle. Umso wichtiger ist es, dass die demokratischen Parteien - mögen sie noch so unterschiedliche Vorstellungen haben - die Debatte möglichst sachlich führen, Fakten kennen, dem Populismus keinen Raum geben und Hass, Hetze und Vorurteilen nicht auch noch Auftrieb geben.
Solche Formulierungen, wie Friedrich Merz sie allerdings nun bei Welt TV gebraucht hat, sind brandgefährlich. Für die Gesellschaft und auch die Union.
Es ist legitim, grundsätzlich darüber zu diskutieren, ob es richtig ist, dass Asylbewerber nach 18 Monaten gesetzlich Versicherten bei den Gesundheitsleistungen gleichgestellt sind – auch wenn das für Menschen, die voraussichtlich lange im Land bleiben, eine schwierige Perspektive wäre. Aber Merz formuliert das so nicht, stattdessen heizt er mit seinen Formulierungen die Stimmung in einer sowieso schon angespannten Zeit weiter an.
Statt einer sachlichen Debatte macht er ein „die gegen uns“ auf – die, wie er sagt, „deutschen Bürger“ gegen die abgelehnten Asylbewerber. Das ist Populismus, der gesellschaftliche Polarisierung fördert und zur Verfestigung von Ressentiments gegen Geflüchtete, Schwarze Menschen und People of Color führt. Dessen sollte sich ein CDU-Vorsitzender und potenzieller Kanzlerkandidat eigentlich bewusst sein.

Steckt dahinter eine Strategie?

Es ist sowieso die Frage, ob solche Aussagen tatsächlich Teil einer großen Strategie sind oder nicht. Beides wäre problematisch. Denn wenn nicht, dann sitzt da ein CDU-Vorsitzender, der in entscheidenden Momenten von spontanen Eingebungen und Emotionen geleitet wird, die dann teilweise von der eigenen Partei wieder eingefangen werden müssen. Denn so was passiert ja nicht zum ersten Mal.
Wenn es aber Teil einer Strategie ist, dann ist das nicht minder problematisch für die eigene Partei. Denn CDU und CSU haben ja die Erfahrung schon gemacht, dass, wenn sie zu sehr polarisieren, sie nur den extremen, den rechten Rand stärken und nur wenig bei der eigenen Partei hängen bleibt. Und wenn sie das auf die Spitze treibt, dann läuft die Union Gefahr, dass sie sich selbst kleinmacht, indem sie den extremen Kräften zu viel Raum gibt. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele in anderen europäischen Ländern.

Geschlossenheit im Wahlkampf

Nicht zuletzt hat sich Merz möglicherweise selbst geschadet. Natürlich ist es für einen CDU-Vorsitzenden nicht einfach, alle Teile der Partei gleichermaßen zufriedenzustellen. Das musste schon Annegret Kramp-Karrenbauer feststellen. Aber mit solchen Formulierungen stößt er Teile der Partei – mal wieder – vor den Kopf, andere gehen voll in die Verteidigung.
Die Geschlossenheit in der Partei fördert das nicht. Dass dies nicht stärker nach außen zutage tritt, dürfte wohl vor allem den anstehenden Landtagswahlen geschuldet sein. Aber spätestens dann, wenn es um die Kanzlerkandidatur geht, werden genau solche Episoden wieder, wenn auch nur als bleibendes Gefühl, eine Rolle spielen.

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