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Kommentar zu Schröder
Als Putin-Versteher hat er keine Privilegien verdient – basta!

Es sei ein Trauerspiel gewesen, was sich Ex-Kanzler Schröder geleistet habe, kommentiert Frank Capellan. Privilegien wie ein Büro auf Staatskosten im Bundestag habe er nicht verdient. Nötig hatte er die Unterstützung ohnehin nie.

Ein Kommentar von Frank Capellan |
Gerhard Schröder (SPD) 2020 vor einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zum Pipeline-Projekt Nord Stream 2
Altkanzler Schröder hat keinen Anspruch auf ein Büro im Bundestag. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden. Eine Klage Schröders wurde abgewiesen. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
So soll es sein, basta! – Gerhard Schröder darf nicht länger auf unser aller Kosten reisen, sich durchs Land chauffieren und über staatlich finanzierte Mitarbeiter seine Geschäfte vorbereiten lassen. Wenn es schon nicht möglich ist, einen unbelehrbaren Putin-Freund aus der SPD zu werfen – so können ihm steuerfinanzierte Privilegien sehr wohl entzogen werden.
Gut so, denn es war ein Trauerspiel, das sich Schröder geleistet hat. Dieser (Alt-)Kanzler hat keinen Schaden vom deutschen Volke abgewendet, er hat das Land vielmehr blamiert und unser internationales Ansehen geschmälert. Mit seiner offenbar bedingungslosen Treue zu einem in den Augen vieler längst nicht mehr nur mutmaßlichen Kriegsverbrecher hat Gerhard Schröder all die Werte mit Füßen getreten, die er als Sozialdemokrat einst verkörperte.
"Gas-Gerd", wie er inzwischen nicht nur von der Boulevard-Presse zu Recht despektierlich genannt wird, hat seinen Apparat viel zu lang für seine mehr als zweifelhafte Lobbytätigkeit für Russlands Energieriesen nutzen können. Mehr als 400.000 Euro kostete das Büro im Jahr, reisen durfte er auch noch auf Staatskosten, allein seit 2016 sind so mehr als drei Millionen Euro zusammengekommen.
Nötig hatte er die Unterstützung ohnehin nie: Schröder ist mehr als gut versorgt, nicht nur wegen üppiger Überweisungen aus Moskau für seine umstrittenen Tätigkeiten für Rosneft, Gazprom und die Nord Stream AG. Er erhält eine deftige Altersversorgung aus Kanzler-, Ministerpräsidenten- und Abgeordnetentätigkeit. Doch Schröder wollte alles, auch das Büro, auch die Mitarbeiter. Gut, dass die Richter seiner Argumentation nicht gefolgt sind, dass ihm allein aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Ex-Regierenden und aus einem Gewohnheitsrecht heraus die Alt-Kanzler-Privilegien zustünden.
Welche Ausstattung den ehemaligen Regierungschefs tatsächlich gebührt, ist aber per Gesetz nicht geregelt, darüber können die Haushälter des Bundestages entscheiden. Die allerdings haben sich durchaus auf dünnem juristischen Eis bewegt. Denn welche Pflichten ein Kanzler nach dem Ende seiner Amtszeit noch auszuüben hat, ist praktisch nicht definiert. Es wird allerhöchste Zeit festzulegen, was unsere früheren Bundeskanzler und auch Bundespräsidenten als Politrentner noch zu tun haben. Dass Gerhard Schröder nun vor allem aus formaljuristischen Gründen unterliegt, ist ein Wermutstropfen. Doch moralisch steht fest: Er ist ein unverbesserlicher Putin-Versteher, allein deshalb hat er keine Privilegien verdient – basta!
Frank Capellan, Hauptstadtstudio
Frank Capellan, geboren 1965 im Rheinland, studierte Publizistik, Neuere Geschichte und Politikwissenschaften, Promotion an der Universität Münster. Nach einer Ausbildung bei der Westdeutschen Zeitung folgte ein Volontariat beim Deutschlandfunk, dem er bis heute treu geblieben ist. Zunächst Moderator der Zeitfunk-Sendungen, unter anderem der Informationen am Morgen; seit vielen Jahren als Korrespondent im Hauptstadtstudio tätig, dort u. a. zuständig für die SPD und Familienpolitik.