Die Partei hat erkannt, dass es bei der Bundestagswahl 2025 um das politische Überleben geht. So einigte man sich bereits im Vorfeld auf Parteivorsitzende und Stellvertreter. Das ist angesichts der weiterhin unübersichtlichen Machtpole und Strömungen nicht selbstverständlich.
Dem neuen Spitzenduo Jan van Aken und Ines Schwerdtner bleibt nun nicht viel Zeit, den ramponierten Ruf der Linken aufzupolieren – und das gegen einen Zeitgeist, der alles andere als links ist.
Van Aken und Schwerdtner ohne viel Erfahrungen
Dem ehemaligen Abgeordneten van Aken ist rhetorisch und qua Auftreten zuzutrauen, der Partei wieder mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Der 63-Jährige war schon häufiger für Spitzenposten im Gespräch. Ihm fehlt jedoch die Erfahrung in politischen Führungspositionen. Damit könnte er in der Rolle des Partei-Zuchtmeisters, die er halb ironisch für sich reklamierte, schnell an seine Grenzen gelangen.
Seiner politischen Partnerin Ines Schwerdtner fehlt es sogar fast völlig an politischer Erfahrung. Sie verkörpert damit die aktuelle Schwäche der Ost-Linken, die sie vertritt. Protegiert von Ost-Granden wie Dietmar Bartsch legte die Publizistin und Partei-Kennerin eine steile Karriere hin: Parteieintritt im Sommer 2023, Kandidatur für das Europaparlament im Frühjahr und nun direkt Parteivorsitzende. Das signalisiert weniger flache Partei-Hierarchien, als eine personelle Ausblutung der ehemaligen PDS.
Ähnliche Argumente wie das Bündnis Sahra Wagenknecht
Inhaltlich will sich „Die Linke“ im Bundestagswahlkampf auf soziale Themen fokussieren: Fragen rund um Mieten, Renten, Löhne oder Gesundheitsversorgung rücken ins Zentrum. Die Idee einer linken Klimapolitik dagegen spielt vorerst keine Rolle mehr. Strategisch ist das richtig. Allerdings zeigt es auch, dass das Klimathema selbst links der Mitte an Relevanz verliert.
Auf der anderen Seite will die Partei deutlicher in den Vordergrund stellen, dass man eine diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg fordert. Mit ähnlichen Argumenten wie das Bündnis Sahra Wagenknecht, nur ohne die anti-ukrainische und pro-russische Anmutung. Geklärt ist die Haltung zu solch komplexen Konflikten, zu denen auch der Nahost-Konflikt zählt, freilich noch nicht. Immerhin überschatteten sie diesmal den Parteitag nicht.
Ein Parteiapparat, der sich selbst genug war
Für die Bundestagswahl ist man damit noch nicht überzeugend aufgestellt. Kommunikation, Strategie und die Idee einer konkreten linken Politik für Deutschland im 21. Jahrhundert, die nicht nur nach mehr Staatsgeld ruft: All das wurde in den vergangenen Jahren in der Parteizentrale nur bruchstückhaft entwickelt. Der Konflikt mit Sahra Wagenknecht verstellte intern oft den Blick auf einen Partei- und Funktionärsapparat, der sich selbst genug war.
So kann man zum Beispiel angesichts der jüngsten Ampel-Verschärfungen nun zwar betonen, als einzige Bundestagspartei das Recht auf Asyl mit den Zähnen zu verteidigen. Aber ein schlüssiges Konzept für die Migrationspolitik kann „Die Linke“ nicht vorweisen.
Weiter mit Gysi und Ramelow
Bei konstanten Umfragewerten von drei bis vier Prozent im Bund dienen deshalb einmal mehr die Alten als Lebensversicherung. Der inzwischen 76-jährige Gregor Gysi soll noch einmal ein Direktmandat erringen. Und auch Thüringens Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow wird wohl bei der Bundestagswahl kandidieren, um den Wahlkreis Erfurt zu gewinnen. Zusammen mit dem zu erwartenden Direktmandat in Leipzig würde das reichen, um einmal mehr per Grundmandatsklausel in den Bundestag einzuziehen.
Dieser Plan könnte aufgehen, verschiebt aber einmal mehr die notwendige Erneuerung. Eine Überlebensstrategie also hat „Die Linke“ –einen langfristigen Plan gegen den fortgesetzten Bedeutungsverlust dagegen nicht.