Der Zeitungsverleger Axel Springer war ein empathischer Mann, den die Verfolgung und die industrielle Tötung jüdischer Menschen im und durch das sogenannte „Dritte Reich“ sehr umgetrieben haben. Das unterschied ihn von vielen seiner deutschen Landsleute, die die dunklen Jahre zwischen 1933 und 1945 nach dem Krieg auch gerne ausgeblendet haben. Und es führte ihn dazu, in die Unternehmensgrundsätze seines Verlages die Aussöhnung mit den Juden und die Unterstützung des, wie es hieß, Lebensrechtes des israelischen Volkes aufzunehmen.
Verpflichtung bei Springer: "Wir unterstützen das jüdische Volk"
Zu diesen mussten sich Redakteure und Journalisten bekennen, wie unter anderem auch zur freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten. Diese Grundsätze gibt es, inzwischen leicht verändert, immer noch und noch immer müssen sich Springer-Journalisten dazu verpflichten, diese zu berücksichtigen. Seit 2017 heißt es: „Wir unterstützen das jüdische Volk und das Existenzrecht des Staates Israel“.
Dagegen kann wirklich niemand etwas haben. Und: Es ist das gute Recht jedes Verlages, solche Blattlinien vorzugeben, denn Tageszeitungshäuser sind so genannte Tendenzbetriebe. Deshalb dürfen sie zum Beispiel ihre redaktionellen Mitarbeiter auch nach weltanschaulichen Kriterien auswählen. Und: Zeitungen müssen in ihren Kommentaren nicht alle politischen Spektren abbilden, wie das der öffentlich-rechtliche Rundfunk tun soll.
Ignorieren von Fakten, die nicht zur Blattlinie passen
Aber das heißt nicht, dass sie die Fakten, die nicht zur Blattlinie passen, einfach ignorieren oder leugnen können. Denn das ist schlicht eine Irreführung der Leserinnen und Leser, ist Stimmungsmache und kein Journalismus. Wie unter anderen der Journalist Stefan Niggemeier auf dem Online-Portal Übermedien nachgezeichnet hat und jeder auch nachlesen kann, haben "Bild"-Zeitung und Bild.de fast gar nicht über die zivilen Opfer im Gazastreifen berichtet.
Die Kritik der Vereinten Nationen am Vorgehen der israelischen Armee beispielsweise wurde immer wieder ins Lächerliche gezogen in Überschriften wie „Israelische Frauen brutal vergewaltigt: das UN-erträgliche Schweigen“ oder „Forderung nach Waffen-Stillstand im Gaza-Streifen: UN lässt Hamas-Terroristen jubeln“. Während die Schicksale israelischer Opfer ausführlich geschildert werden – und das auch zu Recht – bleiben palästinensische Zivilisten eine amorphe Masse, die, so wirkt es, mehr oder weniger der israelischen Armee im Wege steht.
Das Narrativ der israelischen Regierung, dass man alles tue, um zivile Opfer in Gaza zu vermeiden, hat in der Bild-Redaktion eine seiner letzten Verteidigerinnen gefunden. Nun kann man einwenden, dass die Bild noch nie im Ruf stand, journalistische Standards besonders hoch zu halten. Doch es stünde ihr gut an, die Empathie, die Gründervater Axel Springer für jüdische Menschen einforderte, auch für andere zu zeigen.