Polizeikosten beim Fußball
Die politische Auseinandersetzung beginnt

Die Bundesländer dürfen dem Fußball die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen. Das hat das Bundesverfassungsgericht endgültig festgelegt. Es ist ein Urteil mit Wucht, das aber noch Fragen offen lässt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Matthias Friebe |
Polizistinnen und Polizisten in einem Fußballstadion.
Polizistinnen und Polizisten in einem Fußballstadion - Bei Hochrisikospielen dürfen die Bundesländer die DFL an den Kosten beteiligen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. (IMAGO / Maximilian Koch / IMAGO / Maximilian Koch)
Fast zehn Jahre Rechtsstreit und jetzt endlich das Urteil. Fast zehn Jahre wurde debattiert, ob es nicht einfach Aufgabe des Staates ist, für Sicherheit zu sorgen, ob nicht Proficlubs auch dafür Steuern zahlen. Fast zehn Jahre, seit Bremen der Deutschen Fußball-Liga die Polizeikosten in Rechnung gestellt hat für das besonders schwierig zu sichernde Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV. Ein sogenanntes Hochrisikospiel.
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer, von vielen dafür Populist geschimpft, stellte damals die Rechnung aus und seit heute wissen wir höchstrichterlich beschieden: mit Recht. Es ist verhältnismäßig, urteilte das Verfassungsgericht. Fußballclubs, die horrende Umsätze erwirtschaften, dürfen an den Kosten für die Polizei beteiligt werden, wenn bei einem Spiel Fangruppen im wahrsten Sinne des Wortes aufeinandertreffen.

Ein Präzdenzfall mit Strahlkraft

Ein Urteil mit Wucht. Es ist zwar formal nur die Entscheidung, dass das Bremische Gebührengesetz mit dem Grundgesetz übereinstimmt, und trotzdem hat dieses Präzedenzurteil natürlich Strahlkraft. Es ist zunächst einmal eine Lex Fußball. Denn vergleichbare Veranstaltungen, die die Kriterien für diese Gebührenbescheide erfüllen, sind kaum zu finden.
Drei Faktoren entscheiden: Gewinnorientiert muss die Veranstaltung sein, mehr als 5000 Menschen anwesend und: erfahrungsgemäß gewaltgeneigt. Sprich: in früheren Jahren kam es hier immer wieder zu Gewalt.
Aber wo verläuft die Grenze? Was ist "erfahrungsgemäß gewaltgeneigt"? Gilt das beispielsweise für das Münchner Oktoberfest, dass dann alle Kriterien erfüllen würde. Es braucht klar nachvollziehbare Regeln und Grenzen. Nur eine von vielen offenen Fragen, die nach dem juristischen Rahmen aus Karlsruhe jetzt politisch entschieden werden müssen.

Einheitliche Lösung oder Flickenteppich?

Eine andere: wird es eine bundeseinheitliche Lösung geben oder erleben wir einen föderalen Flickenteppich? Werden Rechnungen in bestimmten Bundesländern geschrieben, in anderen nicht? Während man sich in Bremen mit dem Urteil bestätigt fühlt, will Berlin weiterhin keine Gebühren erheben. Von Einigkeit bisher keine Spur.
Was ist eigentlich mit Hochrisikospielen, die es reichlich in dritter und vierter Liga gibt? Die Klubs dort haben nicht die finanziellen Möglichkeiten wie in der Bundesliga. Braucht es nicht am Ende doch eine Art Solidarfonds im Fußball, der jetzt – wen wundert es? – erst einmal abgelehnt wurde?

Polizei darf nicht alleine entscheiden, was ein Hochrisikospiel ist

Überhaupt "Hochrisikospiel" – wann bekommt eine Partie diesen Stempel aufgedrückt? Auch dafür braucht es einen klaren Bewertungskatalog. Schon in ihrem eigenen Interesse darf die Polizei am Ende nicht allein entscheiden, wie viele Einsatzkräfte gebraucht werden, die von den Clubs bezahlt werden. Das würde, das zeigen die Reaktionen der Fanvertreter nach dem Urteil schon sehr deutlich, die Fronten zu den Fans weiter verhärten.
Es ist in jedem Fall richtig, die DFL mit in die Verantwortung zu nehmen. Vielleicht setzt das ja auch Motivation und Kraft frei, wirklich tragfähige Präventionskonzepte aufzulegen und gangbare Wege zu finden, die Polizeipräsenz bei den Fußballspielen gar nicht erst in diesem Maße nötig zu machen. Sie zu reduzieren ist das Ziel. Ob Gebührenbescheide helfen? Die politische Auseinandersetzung beginnt. Rechtssicherheit ist jetzt endlich da, nach fast zehn Jahren.