Kommentar
Putins Rede ist eine schlechte Nachricht fürs russische Volk

Putins martialische Rede war vor allem an die russische Bevölkerung gerichtet, meint Dlf-Korrespondent Florian Kellermann. So bereite der russische Präsident die Menschen wohl auf größere Opfer vor, die sie für den Krieg bringen müssten.

Von Florian Kellermann |
In Moskau verfolgen Menschen Putins Rede.
Vorbereitung auf größere Opfer: Nach Putins Rede sei eine neue Mobilmachung in Russland – nach der Wahl – wahrscheinlicher geworden, meint Florian Kelllermann. (imago / Itar Tass / Mikhail Klimentyev)
Wladimir Putin hat eine martialische Rede gehalten, die vor allem für Russinnen und Russen nichts Gutes verheißt. Denn für die allermeisten Menschen zwischen Kaliningrad im Westen und Wladiwostok im fernen Osten ist der Krieg etwas, was weit weg von ihnen geschieht und ihr Leben nur marginal beeinflusst.
Auch wer in Moskau durch die Straßen geht, bemerkt ihn nur an den Plakaten, die zum Dienst am Vaterland aufrufen. „Schließ dich den deinigen an“, heißt es da, verschämt verklausuliert.

Putin rückte Krieg in den Mittelpunkt

Putins Rede stand im deutlichen Kontrast zu dieser Lebenswirklichkeit. Er rückte den Krieg in den Mittelpunkt – und auch die Art des Vortrags war militaristisch. Die ganze Nation verbeuge sich vor den Heldentaten der Soldaten, so Putin. Geschlossen stehe das Volk hinter dem Kriegsherrn.
Die Ukraine spielt dabei inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle. Längst befindet sich Russland für Putin in einer globalen Auseinandersetzung mit „dem Westen“. Der wolle Russland zu einem dahinsiechenden Territorium degradieren, so seine absurde Behauptung.
Warum ist das alles eine schlechte Nachricht für die Russinnen und Russen? Weil ihr Präsident sie ganz offenbar auf immer größere Opfer vorbereitet, die sie für den Krieg bringen sollen.
Nicht wenige Kommentatoren hatten eine andere Rede erwartet. Im März sind Präsidentschaftswahlen. Viele nahmen an, Putin würde vorher für gute Stimmung sorgen wollen. Mit warmen Worten, dass es allen bald besser gehen wird.

Neue Mobilmachung möglich

Es kam anders: Nach dieser Rede ist eine neue Mobilmachung in Russland – nach der Wahl – wahrscheinlicher geworden. In diesen Kontext, dass Russland stärker werden müsse, rückte Putin auch seine Versprechen für die kommenden Jahre: Familien mit möglichst vielen Kindern sollten die Norm und vorrangig gefördert werden. Die Wirtschaft solle autark werden, mit einer möglichst großen Industrieproduktion.
Die Botschaften sollten die Menschen in Russland hören, ob sie wollten oder nicht. Studenten, Beamte, Schüler wurden zusammengetrommelt, um die Rede auf großen Leinwänden anzusehen. In den großen Städten flimmerte Putin riesig von Reklamebildschirmen.

Rede war nach innen gerichtet

Die Rede des Staatsoberhaupts war vor allem nach innen gerichtet. Es wäre deshalb falsch, aus den außenpolitischen Bemerkungen weitgehende Schlüsse zu ziehen.
Russland könne NATO-Staaten angreifen? Das sei doch nur Blödsinn, sagte Putin. Und zu möglichen westlichen Bodentruppen in der Ukraine, die der französische Präsident Macron ins Spiel gebracht hat, erklärte er: Russland könne natürlich auch Ziele in NATO-Staaten treffen.
Das klang wie eine Warnung an den Westen, es war aber in erster Linie etwas anderes: Putin versicherte so seinen Mitbürgern, dass er alles im Griff hat, dass keine Gefahr bestehe, der Krieg könne irgendwann auch vor ihrer Haustüre stattfinden.
Und auch wenn das richtig ist, mit Ausnahme einiger Grenzregionen: Die Folgen des Kriegs werden die Russinnen und Russen immer deutlicher spüren.