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Kommentar zur Klub-WM in Saudi-Arabien
Die FIFA hat nichts verstanden

Die FIFA hat entschieden: Die nächste Ausgabe der Klub-WM findet im Dezember in Saudi-Arabien statt - trotz massiver Menschenrechtsverstöße im Wüstenstaat. Das zeige: Die Fußball-Weltverband hat aus der WM in Katar nichts gelernt, kommentiert Maximilian Rieger.

Von Maximilian Rieger |
Portrait von FIFA-Präsidenten Gianni Infantino, der sich nachdenklich an den Mund fasst
FIFA-Präsident Gianni Infantino während des Jahrestreffens der UEFA (picture alliance / ANP | ROBIN VAN LONKHUIJSEN)
„Die FIFA bekennt sich zur Einhaltung aller international anerkannten Menschenrechte und setzt sich für den Schutz dieser Rechte ein.“ Das ist der zentrale Satz in der Menschenrechts-Policy des Fußball-Weltverbandes. Die FIFA hat ihn extra hervorgehoben.
Dieses Bekenntnis hat die FIFA 2017 verabschiedet. Damals steht der Verband wegen der Zustände in Katar unter Druck – Menschenrechtsorganisationen und Journalisten decken auf, wie Arbeiter im WM-Gastgeberland ausgenutzt werden. Die Botschaft der FIFA an die Welt: Wir haben verstanden – in Zukunft werden wir unserer Verantwortung gerecht.

Verantwortung für Menschenrechte nur auf Papier

Aber mit der Vergabe der Klub-WM an Saudi-Arabien zeigt die FIFA mal wieder: Der Verband hat immer noch nichts verstanden. Eine Verantwortung für Menschenrechte existiert nur auf dem Papier.
Denn die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist wahrscheinlich noch schlechter als im Nachbarland Katar. Gastarbeiter brauchen eine Genehmigung von der Regierung, um ihren Job zu wechseln. Politische Gefangene werden gefoltert. Homosexualität steht unter Strafe. 2018 ermordet ein saudisches Kommando den regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi.
All das ist für die FIFA kein Hindernis, die Klub-WM an Saudi-Arabien zu vergeben. Immerhin gibt es in dem Land – anders als in Katar – tatsächlich eine gewachsene Fußball-Kultur. Fußball ist Nationalsport, das hat man auch während der WM gesehen, als die saudischen Fans mit die lautesten in Katar waren.

FIFA kommt Sorgfaltspflicht nicht nach

Fußball-Begeisterung, viel Geld und eine Monarchie, die ihre Wünsche ohne große Rücksicht auf eine Opposition durchsetzen kann – wenn in Saudi-Arabien jetzt noch Bier erlaubt wäre, der Wüstenstaat wäre für FIFA-Präsident Gianni Infantino wahrscheinlich der absolute Traum-Gastgeber. Aber in Katar hat die FIFA gezeigt, dass sie im Zweifel auch ohne Bierstände am Stadion leben kann.
Und die FIFA kann offenbar auch sehr gut damit leben, ihrer Sorgfaltspflicht in Sachen Menschenrechte nicht nachzukommen – obwohl sie auch das in der Menschenrechts-Policy verspricht. Darin heißt es, dass die FIFA auf Grundlage von tiefgreifenden Sorgfaltsprüfungen Maßnahmen ergreifen will, um keine negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte zu verursachen.
Wie diese Sorgfaltsprüfung genau ausgesehen hat, will oder kann die FIFA auf Nachfrage nicht öffentlich beantworten. Das gibt einen Vorgeschmack darauf, wie die FIFA bei einer möglichen - und sehr wahrscheinlichen - Bewerbung von Saudi-Arabien für die WM 2030 agieren wird.

Keine Kritik aus der Fußball-Welt - auch nicht vom DFB

Die FIFA kann sich dieses Verhalten aber auch deswegen erlauben, weil es aus der Fußball-Welt selbst kaum Kritik gegeben hat. Während der WM hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf noch großspurig davon gesprochen, sein Verband stehe in Fundamental-Opposition zur FIFA. Der Verband schafft es aber nicht, trotz zweimaliger Deutschlandfunk-Anfrage, die Vergabe der Klub-WM nach Saudi-Arabien zu bewerten.
Im Fußballspielen ist der DFB seit Jahren nicht mehr in der Weltspitze vertreten. Wenn es aber ums Wegducken geht, ist der Verband weiter Weltklasse.