Kommentar
Sondierung ohne Kompass für die Wirtschaft

CDU/CSU und SPD haben sich schnell auf ein Sondierungspaket geeinigt. Vielfach liefert das Papier eine fein austarierte Mischung der drei Parteiprogramme. Doch wirtschaftlich fehlt die klare Linie und ein höherer Anspruch nach drei bleiernen Jahren Ampel-Koalition.

Jörg Münchenberg |
    Ein Arbeiter eines Automobilherstellers steht in einer Fabrik an einer Fertigungsstraße, an der halbfertige Wagen durchlaufen.
    Kriselnde Autoindustrie: nach Sondierung noch kein Aufwind für den Standort Deutschland (picture alliance / Panama Pictures / Dwi Anoraganingrum)
    Nach dem Motto "Wünsch-dir-was" scheinen die Sondierungsgespräche verlaufen zu sein. So konnte die CSU die Erhöhung der Pendlerpauschale durchsetzen, als wäre der Klimaschutz ein Thema von gestern.
    Das gilt auch für die immens teure Ausweitung der Mütterrente, so als würde die nicht die nachfolgenden Generationen über Gebühr belasten. Die SPD wiederum kann sich darüber freuen, dass es die Stabilisierung des Rentenniveaus und die Anhebung des Mindestlohnes ebenfalls in das Sondierungspapier geschafft hat. Obwohl für letztes doch eigentlich die Mindestlohnkommission zuständig ist.
    Die CDU wiederum kann die geplante deutliche Verschärfung des Bürgergeldes öffentlichkeitswirksam vorweisen. Unabhängig von dem entscheidenden Einwand, ob der anvisierte vollständige Leistungsentzug für Arbeitsunwillige rechtlich überhaupt zulässig ist. So geht das weiter Seite für Seite, doch am Ende stellen sich zwei zentrale Fragen: hilft das alles dem Standort Deutschland? Und wie soll das bezahlt werden?
    Bei der Finanzierung setzt die mögliche Koalition auf einen simplen Trick: lege ein milliardenschweres Sondervermögen auf und verlagere die Kosten für die künftige Sicherheitspolitik weitgehend außerhalb der Schuldenbremse. Beides verschafft Union und SPD enormen finanzpolitischen Handlungsspielraum - und damit Luft für die eigenen Lieblingsprojekte. Anders ausgedrückt: hier droht ein gigantischer Verschiebebahnhof bei maximal geringem Effizienzdruck.

    Kaum Aufwind für die Wirtschaft

    Doch auch dem Standort Deutschland, im internationalen Ranking bekanntlich deutlich zurückgefallen, wäre mit den bislang bekannten Plänen wenig geholfen. Gut, der hohe Strompreis, ein erheblicher Belastungsfaktor für viele Unternehmen, soll um mindestens fünf Cent sinken. Ansonsten aber bleibt vieles im vagen, etwa eine überfällige Steuerreform oder auch notwendige Investitionsanreize für die Unternehmen.
    Unter dem Strich fehlt dieser möglichen Koalition bislang eine klare Linie, ein wirtschaftspolitischer Kompass, wer warum wie stark entlastet oder gefördert werden soll. Auf mögliche Zumutungen oder die Abschaffung von Subventionen haben Union und SPD lieber gleich ganz verzichtet. Das ist nach drei Jahren bleierner Ampelregierung schlicht zu wenig. Ein schuldenfinanzierter Geldregen allein wird Deutschland nicht wieder aufblühen lassen.