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Kommentar: Trump-Verurteilung
Die Fans wird das nicht jucken

Donald Trump muss wegen eines sexuellen Übergriffs fünf Millionen Dollar Entschädigung an die Autorin E. Jean Carroll zahlen. Das Urteil wird ihm nicht schaden, meint unsere USA-Korrespondentin Doris Simon. Trump bleibt Trump. Dafür wird er gewählt.

Von Doris Simon |
Ex-Präsident Trump und ein bärtiger Anhänger, der eine umgedrehte Baseballkappe und eine Sonnenbrille auf dem Kopf hat, lächeln in eine Smartphone Kamera.
Trotz seiner Verurteilung wegen sexueller Nötigung hat Donald Trump zahlreiche Anhänger. (picture alliance/Chris Tilley)
Für alle, die sich jetzt wundern, dass eine Verurteilung wegen sexueller Nötigung und Verleumdung nicht ausreicht, um eine politische Karriere zu beenden: Hier geht es um den Mann, der im Wahlkampf 2016 damit angegeben hat, dass er Frauen ohne Zustimmung geküsst und begrabscht hat, hier geht es um Donald Trump, dem im Lauf der Jahre mindestens 26 Frauen sexuellen Missbrauch vorgeworfen haben.
Wer sich fragt, wie es sein kann, dass zig Anklagen und nun auch eine zivilrechtliche Verurteilung nicht ausreichen, um den Verurteilten zu der Einsicht zu bewegen, dass es vielleicht besser wäre, abzusehen von einer Kandidatur für das höchste Amt der Vereinigten Staaten: Das ist der Mann, der seinen Fans stolz erklärte, er könne mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen – ohne deshalb eine Wahl zu verlieren.

Der Ex-Präsident sieht sich als unangreifbar an

Er betrachtet sich als Star, und dem Gericht in New York hat er zu Protokoll gegeben, dass Zitat „Stars leider oder zum Glück mit sexuellen Übergriffen davonkämen“. Donald Trump ist zutiefst davon überzeugt, dass er mit allem davonkommt.
Wenn er jetzt Berufung einlegt, hat das nichts mit Sorge über die Folgen des Urteils für seine Kandidatur zu tun, sondern nur mit seinem Ärger. Einen Prozess-Abschluss ewig hinauszuzögern und damit die Wirkung verblassen zu lassen, das ist Trumps Reaktionsmuster aus 50 Jahren Prozessieren. Der Nimbus, der sich damit verbindet, dass ihn kein Widerstand kleinkriegt, hat Trump in den Augen seiner Fans nur noch überlebensgrößer gemacht.
Deshalb lautet die Antwort auf die immer wieder gestellte Frage: Ist das jetzt das Ende von Trumps politischer Karriere? Nein, natürlich nicht! Im Gegenteil. Seine treue Basis glaubt seit Jahren nur, was sie hören will, also das, was Donald Trump ihr sagt: Sie sieht ihn als die verfolgte Unschuld in allen Untersuchungen und Anklagen.

Viele wollen 2024 Trump wählen

Die Demokraten bauen darauf, dass dieses Urteil mehr Wählerinnen und Wähler bestärken wird, 2024 ihre Stimme wieder Joe Biden zu geben, so wie 2020. Letzte Umfragen sprechen eine deutlich andere Sprache: Viele politisch nicht festgelegte Amerikaner scheinen dieses Mal zu Trump zu neigen.
Trotz Prozessen und obwohl ihnen Donald Trumps Verantwortung für den Umsturzversuch am Kapitol bekannt ist. Weil ihnen anderes wichtiger ist: eine sparsamere Haushaltspolitik, Bidens Alter, die Inflation. Diese Wechselwähler hat Trump im Fokus, wenn er am Mittwochabend ausgerechnet bei CNN auftritt, dem Sender, den er jahrelang als Volksfeind und dessen Inhalte er als Fake News beschimpfte.
Er muss politisch nicht festgelegte Wählerinnen und Wähler erreichen, um 2024 zu gewinnen. Sind die willens, auch über weitere Anklagen hinwegzusehen, dann sieht es gut aus für Trumps zweite Amtszeit.