Kommentar
Ukraine-Treffen: Ein Zeichen der Geschlossenheit wäre wichtig gewesen

Bei ihren Beratungen zur Ukraine-Politik haben es die EU-Staats- und Regierungschefs versäumt, Geschlossenheit zu demonstrieren. Es wäre ein wichtiges Signal an die Welt gewesen.

Ein Kommentar von Christiane Kaes |
Bundeskanzler Olaf Scholz ist dabei, den Elysée- Palast in Paris zu verlassen. Im Hintergrund steht Wachpersonal vor den Treppen des Präsidentenpalastes.
Bundeskanzler Olaf Scholz verlässt als erster das Sondertreffen der EU-Staatschefs zur Zukunft der Ukraine, das im Elysée-Palast in Paris abgehalten wurde. (picture alliance / Hans Lucas / Amaury Cornu)
Spät in der Nacht meldete sich Frankreichs Präsident nach dem Ukraine-Treffen in Paris auf der Plattform X zu Wort. „Wir wollen einen soliden und nachhaltigen Frieden“, schreibt Emmanuel Macron dort. Dieser müsse von starken und glaubwürdigen Sicherheitsgarantien begleitet werden. „Wir werden daran mit allen Europäern, den Amerikanern und den Ukrainern arbeiten“, so Frankreichs Staatschef.

Kein gemeinsames Statement der EU

Warum konnten die in Paris versammelten europäischen Regierungschefs, EU- und NATO-Vertreter diese Aussagen nicht gemeinsam senden? Stattdessen eilten manche von ihnen in die Botschaften ihres Landes in der französischen Hauptstadt und äußerten sich getrennt voneinander. Viel mehr Geschlossenheit hätte ein gemeinsames Statement vor den Kameras in die Welt gesendet. Zwar bemühte sich der Élysée-Palast schon vor dem Treffen, die Erwartungen zu dämpfen und wies wiederholt darauf hin, es gehe nicht um ein Gipfeltreffen mit konkreten Beschlüssen, sondern um ein informelles Arbeitstreffen, um Positionen abzustimmen.
Aber die Welt blickte am Dienstagabend auf Paris, wo die hochrangigen Politikerinnen und Politiker zusammensaßen – in der Sorge, sie hätten bei der Zukunft der Ukraine und damit der Zukunft Europas nicht mehr mitzureden. In diesem brenzligen und historischen Moment hätten Europas Regierende so viel Gespür haben müssen, zumindest den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammen zu kommunizieren und dies nicht einer Mitteilung des französischen Präsidenten auf X zu überlassen. Dann hätte man zumindest ein Signal der Geschlossenheit gesendet. 

Europa zeigt die übliche Risse

Bei den Einzelheiten zeigten sich dann sowieso die üblichen Risse. Könnten die Europäer einen möglichen Frieden in der Ukraine auch durch Soldaten absichern? Die Frage komme viel zu früh, winkt der deutsche Kanzler ab. Polen will keine Truppen in die Ukraine schicken. Großbritannien und Schweden können sich das dagegen vorstellen. In London will man dafür aber die Rückendeckung der USA. Es bleibt also kompliziert. Wie können die Europäer ihre gemeinsame Verteidigung jetzt möglichst schnell voranbringen? Auch dazu gehen die Vorstellungen zum Teil weit auseinander.
Natürlich ist es unrealistisch, dass sich 27 EU-Mitgliedsländer und Großbritannien bei diesen komplexen und schwierigen Fragen schnell einigen könnten. Zu viel wurde in der Vergangenheit versäumt. Die europäische Verteidigung müsste viel weiter sein. Deutschland und Frankreich hätten dabei eine viel konstruktivere Rolle spielen müssen.
Immerhin haben sich Europas wichtigste Regierende jetzt ausgetauscht. Ihr Ziel ist dasselbe: ein dauerhafter Frieden in der Ukraine und Europa. Und die Gespräche werden weiter gehen. Vielleicht sollte man Macrons Botschaft noch die des spanischen Premierministers Pedro Sánchez nach dem gestrigen Treffen hinzufügen: Europa ist ein starkes politisches Projekt und der größte Handelsblock der Welt. Die Europäer sollten aufhören, sich zu unterschätzen.