Kommentar
Angriff auf Unterseekabel zeigt Europas Verwundbarkeit

Am 1.000. Tag von Russlands Angriff auf die Ukraine wird der Ausfall zweier Unterseekabel zu einem weiteren Weckruf: Europa ist nicht ausreichend auf Sabotagen oder gar einen Krieg vorbereitet.

Von Falk Steiner |
Unterseekabel zur Datenübertragung
Ein Unterseekabel zur Datenübertrageung. Militärs warnen seit Jahren vor der wachsenden Verwundbarkeit kritischer Infrastrukturen wie Datenkabeln, Stromleitungen oder Gaspipelines. (dpa/TE SubCom/Arctic Cable Company)
Der Ausfall zweier Unterseeinternetkabel ist eine Mahnung. Schon seit Jahren warnen Militärs vor der zunehmenden Verwundbarkeit von Datenkabeln wie eben C-Lion zwischen Rostock und Helsinki, Stromkabeln wie zwischen Deutschland und Norwegen oder zu den Hochseewindparks und, natürlich, Gaspipelines. Sie alle sind neuralgische Punkte unserer Lebensrealität. Also kritische Infrastrukturen, die schützenswert sind.
Als vor über zwei Jahren die Nord-Stream-Pipelines gesprengt wurden, war das Szenario bei Militärs längst bekannt. Als ein chinesisches Schiff 2023 die Balticconnector-Pipeline zwischen Finnland und Estland mit seinem Anker beschädigte, glaubte kaum jemand an einen Zufall. Die Houthis im Jemen drohten sogar mehrfach offen mit der gezielten Durchtrennung wichtiger Internetverbindungen zwischen Europa und Asien.

Die zentralen Nervenadern unserer Zeit

Die Unterwasserinfrastrukturen sind zentrale Nervenadern unserer Zeit – sie sorgen für reibungslose Abläufe und sind technisch – zumindest in Summe – nicht ersetzbar. Ein Grund, warum sie für Militärs in ihren Planungen schon immer eine große Rolle spielen.
Der zweite Grund: Jenseits offener militärischer Konflikte kann Macht demonstriert werden – die Macht, dem Gegner empfindlichen Schaden zuzufügen, ohne dass dieser eine eindeutige Schuldzuweisung vornehmen könnte.
Zum 1.000. Tag seit Russlands Großangriff auf die Ukraine handelt es sich um einen weiteren Weckruf: Wir sind schlicht nicht ausreichend vorbereitet – nicht auf einen echten Krieg, aber auch nicht auf hybride Nadelstiche, die signalisieren: Europa ist verwundbar.
NATO, EU und Bundesregierung beraten seit Jahren über mehr Schutz. Einige Maßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht – auch wenn zwei wichtige Gesetze für höhere Mindestschutzstandards bei kritischer Infrastruktur in Deutschland derzeit aufgrund des Ampel-Endes noch festhängen. Bei Unterwasserinfrastrukturen können diese zwar nur begrenzt wirken, denn weite Teile liegen in internationalen Gewässern.

Mehr Investitionen zum Schutz kritischer Infrastruktur

Doch klar ist: Es muss mehr für die Sicherheit von Kabeln und Pipelines getan werden. Angreifer müssen besser erkannt werden und Schuldzuweisungen fürchten. Wann immer russische und chinesische Schiffe auf Nord- und Ostsee fahren, müssen sie von Drohnen oder Schiffen begleitet werden, um ihren Standort jederzeit gesichert zu erfassen. Auch Kabel und Pipelines selbst könnten mit mehr Sensorik ausgestattet werden, um Einwirkungen und Annäherungsversuche schneller zu melden. Und weil Sabotage dennoch nicht ganz vermeidbar bleiben wird, braucht es mehr Schiffe, die im Ernstfall die Schäden schnell beheben. Der Schutz kritischer Infrastruktur muss uns diese Investitionen wert sein.