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Kommentar
Von Männern, Macht und wenig Mitleid

Zwei Großveranstaltungen werden das Sportjahr 2018 dominieren: Die Olympischen Winterspiele in sechs Wochen im südkoreanischen Pyeongchang. Schon jetzt überschattet vom russischen Dopingskandal und den Folgen. Das gilt auch für das zweite Großereignis im kommenden Jahr: Die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland.

Von Andrea Schültke |
    Der stellvertretende russische Ministerpräsident Witali Mutko im Oktober 2017.
    Der stellvertretende russische Ministerpräsident Witali Mutko im Oktober 2017. (imago / Itar-Tass)
    Wenn es um Russland geht, geht es auch um Männer und Macht. Die hat einer gerade vermeintlich verloren: Witali Mutko, russischer Vize-Premier und Strippenzieher im Sport. Seit Mittwoch ist er nicht mehr Chef-Organisator der Fußball-WM in seinem Land:
    Mitleid ist hier allerdings fehl am Platz.
    "Es hat nie und wird niemals ein staatlich gelenktes Dopingsystem in Russland geben", das behauptete Mutko am 1. Dezember. Da war das Gegenteil längst bewiesen.
    Fünf Tage später war der Ex-Sportminister wegen des Dopingskandals lebenslang von Olympischen Spielen ausgeschlossen.
    Das IOC unter seinem deutschen Präsidenten Thomas Bach ist sonst eher für russlandfreundliche Politik bekannt. Hatte es Mutko tatsächlich abserviert? Und sein Nationales Olympisches Komitee gleich mit? Wie sich später herausstellte, war der Ausschluss eine nur scheinbar harte Reaktion auf stichhaltige Beweise für staatlich organisiertes Doping und auf Mutkos Verantwortung dafür.
    Russian President Vladimir Putin (2nd L), accompanied by deputy prime minister Vitaly Mutko (L), visits an exhibition devoted to the preparation for the 2018 FIFA World Cup at the Kremlin in Moscow on October 3, 2017. / AFP PHOTO / SPUTNIK / Alexey NIKOLSKY
    Wladimir Putin bei Gesprächen zur Vorbereitung der Fußball-WM in Russland (AFP PHOTO / SPUTNIK)
    Putin wollte sich nicht noch ein Prestigeprojekt versauen lassen
    Weitere Strafen sollten Durchgreifen demonstrieren gegen Witali Mutko: weg von der Spitze des russischen Fußballverbandes, und am Tag nach Weihnachten auch nicht mehr OK-Chef der Fußball-WM.
    Von diesem Posten hatte ihn sein Boss abgezogen: Wladimir Putin. Der russische Machthaber wollte sich nicht noch ein weiteres Prestigeprojekt im eigenen Land versauen lassen. Die Winterspiele in Sotschi 2014 haben ihm gereicht. Die stehen nämlich nur noch für eines: staatlich gefördertes Doping von hunderten russischer Athleten.
    Olympia 2018 könnte problematisch werden
    Nun muss die zweite Chance auf jeden Fall genutzt werden. Wladimir Putin will und braucht eine reibungslose WM-Vorbereitung vor allem für sich selbst. Für den Erhalt seiner Macht bei der Präsidentschaftswahl am 18. März. Auch deshalb darf Mutko nicht mehr WM-Cheforganisator sein.
    Grigory Rodchenkov, ehemaliger Leiter des russischen Antidoping-Labors und mitverantwortlich für das staatliche gelenkte Dopingsystem (Aufnahme von 2007).
    Grigory Rodchenkov, ehemaliger Leiter des russischen Antidoping-Labors und mitverantwortlich für das staatliche gelenkte Dopingsystem (Aufnahme von 2007). (sportphoto.ru)
    Ob dieser Rückzug reicht, wird auch von Grigorij Rodtschenkow abhängen. Der ehemalige Leiter des russischen Doping-Kontrolllabors in Moskau hatte ausgepackt über das russische Dopingsystem und er hatte Witali Mutko schwer beschuldigt. Hat er noch weitere belastende Informationen? Whistleblower Rodtschenkow lebt im Zeugenschutzprogramm in den USA. Er hofft auf Unterstützung des IOC.
    Aber das hat andere Probleme: Die Winterspiele in Südkorea mit einem unberechenbaren Diktator nebenan. Doch selbst wenn der seine Raketen ruhen lässt, wird es auf keinen Fall ruhig bleiben.
    Der Schein des harten Handels ist gewahrt
    Dafür werden etwa 200 Athletinnen und Athleten aus Russland sorgen. Obwohl ihr Land wegen des Dopingskandals gesperrt ist, dürfen sie am Start sein. Unter neutraler Flagge - hat das IOC verfügt. So neutral, dass das Team "Olympische Athleten Russlands" heißen und seine Fahne spätestens bei der Schlussfeier wieder wehen darf.
    Dass Witali Mutko in Südkorea nicht dabei sein wird, dürfte ihn genauso wenig schmerzen wie der vordergründige Verlust seiner Posten im Fußball. Hauptsache, der Schein des harten Handels ist gewahrt und die Kritiker ruhig gestellt. Vizepremier Witali Mutko wird nach wie vor im Hintergrund die Strippen im Sport ziehen - als rechte Hand von Wladimir Putin. Der Rückzug als Cheforganisator der Fußball-WM war nicht mehr als eine PR-Aktion von Männern mit Macht.
    Mitleid mit Mutko ist völlig fehl am Platz.
    Es ist ja anzunehmen, dass das zu Ostblock-Zeiten ebenso, wenn nicht schlimmer war. Oder?