Kommentar zur WDR-Umfrage
Der DFB versagt selbst bei einem Statement gegen Rassismus

21 Prozent der Deutschen wünschen sich mehr „weiße“ Nationalspieler. DFB-Vertreter kritisieren aber nicht nur diesen Rassismus, sondern dass diese Haltung erhoben wird. Der DFB zeigt damit seine politische Blindheit, kommentiert Maximilian Rieger.

Von Maximilian Rieger | 03.06.2024
Der deutsche Nationalspieler Joshua Kimmich bei einer Pressekonferenz des DFB
Nationalspieler Joshua Kimmich verurteilte jüngst bei einer DFB-Pressekonferenz Rassismus aufs Schärfste. Dabei kritisierte er aber auch die Umfrage des WDR an sich. (picture alliance / GES / Markus Gilliar / Markus Gilliar)
Eigentlich haben sowohl Nationalspieler Joshua Kimmich als auch Bundestrainer Julian Nagelsmann alles richtig gemacht. Angesprochen darauf, dass jeder fünfte Deutsche sich mehr „weiße“ Spieler in der Nationalmannschaft wünscht, sagen beide: Das ist rassistisch. Es kommt nicht auf die Hautfarbe an, wer in der Nationalelf spielt.
Wenn sie nach diesen Sätzen halt gemacht hätten, hätte der DFB zwei Wochen vor der Heim-Europameisterschaft ein starkes Statement gesetzt. Ganz im Sinne des Turniermottos „United by Football“, vereint durch Fußball.

DFB stellt seine politische Blindheit unter Beweis

Sowohl Kimmich als auch Nagelsmann haben aber noch weitergesprochen. Beide kritisieren die ARD. Die Fragestellung sei „Wahnsinn“, sagt Nagelsmann. „Absurd“, findet Kimmich. So eine Umfrage habe gerade überhaupt keinen Platz, es gehe darum, gemeinsam Großes zu erreichen.
Wir sollten also lieber zu Rassismus schweigen, weil das den EM-Titel gefährden könnte.
Es ist die gleiche politische Blindheit, die den DFB in den vergangenen Jahren öfter befällt, wenn große Turniere anstehen.
Vor der WM 2018 entgleitet dem DFB die Diskussion um Mesut Özil, nachdem der sich mit dem türkischen Präsidenten Erdogan fotografieren lässt. Und das Fiasko mit der One-Love-Armbinde bei der WM in Katar 2022 ist noch frischer in Erinnerung. Sobald es politisch wird, läuft der DFB seinen eigenen Ansprüchen hinterher.

Die Befragten sind das Problem, nicht die Umfrage

Der DFB redet nämlich seit Jahren darüber, dass er die Heim-EM nutzen möchte, um ein Erbe für die Gesellschaft zu hinterlassen. Wann, wenn nicht jetzt wäre also ein guter Zeitpunkt, um offen über Rassismus zu sprechen?
Denn wenn 21 Prozent der Deutschen mehr weiße Nationalspieler haben möchten, dann sind diese Befragten das Problem – und nicht die Umfrage. Aber durch ihre Aussagen befeuern Nagelsmann und Kimmich die Debatte darüber, ob man sowas überhaupt fragen darf.
Die kurze Antwort darauf lautet: Ja, man muss es sogar. Spätestens nachdem WDR-Reporter Philipp Awounou für seine Dokumentation Blankenhain besucht, den Ort, wo der DFB sein erstes Trainingslager aufgeschlagen hat. Und da ein Mann dem dunkelhäutigen Awounou im Gespräch über Nationalspieler ins Gesicht sagt: „Ein richtiger Deutscher ist hellhäutig.“

Journalistischer Impuls des WDR ist richtig

Einfach nur eine Anekdote? Oder vertreten diese rassistische Haltung mehr Deutsche? Der journalistische Impuls, diese Frage mit einer repräsentativen Umfrage zu beantworten, ist genau richtig.
Der DFB versagt hingegen mal wieder in seiner Kommunikation. Obwohl die Aufgabe dieses Mal sogar leichter war als in den komplizierten Fällen Özil und Katar.
Einfach nur gegen Rassismus stellen. Mehr nicht. Dass der DFB selbst das nicht unfallfrei hinbekommt, spricht weder für die politische Bildung von Spielern und Trainern, noch für die Kommunikationsabteilung, deren Aufgabe es im Zweifelsfall ist, die Akteure so zu beraten, dass ein Statement gegen Rassismus nicht noch verwässert wird.