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Kommunale Energieversorger
Druck durch Ausbau der Erneuerbaren

In Leipzig treffen sich zurzeit die kommunalen Energieversorger zu ihrem jährlichen Kongress. Vielen von ihnen gehen vor dem Hintergrund des Ausbaus der erneuerbaren Energien die Finanzmittel aus. Doch es gibt Ideen, wie die deutschen Stadtwerke die Energiewende meistern wollen.

Von Bastian Brandau |
    Das Kohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen neben Windrädern
    Bisweilen eine schwierige Beziehung: Vereinte Stromproduktion aus Kohle und Wind, hier in Niedersachsen (picture alliance / dpa/ Julian Stratenschulte)
    Die Menschen in der Region mit Strom zu versorgen – das ist längst nur noch eine von vielen Aufgaben der deutschen Stadtwerke, die sich in Leipzig zu ihren jährlichen Kongress trafen. Je nach Zählung bis zu 1.400 Unternehmen sind es, in ganz unterschiedlichen Größen und Strukturen. Einige von ihnen plagt derzeit eine Sorge, die denen der großen Energieunternehmen ähnelt. Sie sind als Betreiber konventioneller Kraftwerke unter Druck geraten, seitdem die Strom-Preise durch den Ausbau der erneuerbaren Energien unter Druck geraten sind. Weil sich die Investitionen in konventionelle Kraftwerke derzeit nicht lohnen. Sven Becker, Geschäftsführer von Trianel, einem Netzwerk von rund 60 Stadtwerken:
    "Beispielhaft zu nennen sind hier die Investitionen in moderne Kraftwerke von vielen Stadtwerken in den Jahren 2005 bis 2012, um eben auch einen Beitrag zur Dekarbonisierung zu leisten, also alte durch neue Kraftwerke zu ersetzen, die wesentlich weniger Strom produzieren. Und diese Kraftwerke sind durch den massiven Ausbau der Erneuerbaren unrentabel geworden und stellen eine Hypothek in der Bilanz dar."
    Das habe Auswirkungen, zunächst in der Kasse der Kommunen als Anteilseigner der Stadtwerke. Dort komme weniger Geld als Dividende an, weniger Geld könne so investiert werden, auch in erneuerbare Energien. Rücken die Stadtwerke als von den Zielen der Energiewende ab? Nein, sagt Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke und Vizepräsident des Verbands Kommunaler Unternehmen KVU:
    "Es gibt keine Kritik an der Energiewende als solche, sondern vielmehr an einzelnen politischen Entscheidungen, an einem Mangel an systemischen Denken, an einem Mangel an langfristigen Entscheidungen, an erratischen Schwankungen in den Entscheidungen, aber grundsätzlich unterstützen wir den Klimaschutz, weil wir unserer Bevölkerung vor Ort in den Kommunalparlamenten verpflichtet sind."
    Wer in erneuerbare Energien investiert hat, ist fein raus
    Klare Rahmenbedingungen von der Politik, das war eine immer wieder ausgesprochene Forderung auf dem Leipziger Kongress. Und diesen Wunsch hat auch die Umfrage unter 82 Unternehmen ergeben, die das Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge der Universität Leipzig durchgeführt hat. Wer ausschließlich in erneuerbare Energien investiert habe, sei fein raus. Vorhersehbar sei dies aber nicht gewesen, sagt Studienleiter Oliver Rottmann:
    "Es gibt sicher Stadtwerke, die Managementfehler begangen haben, das schließt, glaube ich keiner aus. Grundsätzlich ist es ja eher exogen induziert. Wir haben eine enorme Marktumwälzung. Wir haben einen kurzfristigen politischen volatilen Rahmen, der keine Planungssicherheit herstellt. Sicherlich stehen die Stadtwerke gut da, die frühzeitig in neue Vertriebskanäle investiert haben. Dennoch ist die Planungssicherheit so unter Druck geraten, dass auch nicht vorhersehbar war, wo genau die Planung hingeht."
    Bedroht wie die großen Energiekonzerne seien die Stadtwerke aber auch unter diesen Bedingungen nicht.
    "Vor zehn Jahren hat man ein großes Stadtwerkesterben proklamiert, das ist nicht eingetreten, ganz im Gegenteil, mit der Energiewende gab es erst mal einen Stadtwerke-Hype. Klar ist auch, dass die Bürger vor Ort ihre Stadtwerke sehr schätzen. Das haben zahlreiche Studien ergeben. Ich seh das Stadtwerkesterben derzeit nicht. Dennoch: Das Energiemarktdesign setzt auch verstärkt neben den großen Energieversorgern jetzt auch die Stadtwerke unter Druck."
    Druck, unter dem man bei den Stadtwerken in Wuppertal auf unterschiedliche Weisen reagiert hat. Der Vorstandsvorsitzende Andreas Feicht:
    "Wir haben den Beschluss gefasst, ein Kohlekraftwerk stillzulegen, 2018, 70 Arbeitsplätze werden abgebaut. Wir werden aber die Fernwärme auf Müllverbrennung umstellen, weil wir eine sehr gut laufende, große Müllverbrennungsanlage haben. Wir brauchen jetzt noch eine Zukunft für unser Gaskraftwerk, das wir jetzt in diesen Markt einbauen. Das heißt, wir haben natürlich auch ein Veränderungsproblem, aber wir schaffen das in unserer Breite, das so hinzubekommen, dass wir die Arbeitsplätze sichern und trotzdem noch ein gutes wirtschaftliches Ergebnis hinbekommen."
    Aus der breiten Aufstellung in die Zukunft, so hofft man bei den Stadtwerken, den Negativeffekten der Energiewende entgegenzutreten. Wie genau das gelingen soll, darüber wird noch morgen in Leipzig diskutiert.