Mitte Juli wurde es, zu klassischen Klängen, laut und bunt über Köln. Die Kölner Lichter, ein Feuerwerk, das hunderttausende Menschen an den Rhein zieht, wenn dort – von Schiffen aus – Raketen abgefeuert werden, wenn sich, vor der Domkulisse, ein Spektakel am Himmel abspielt.
Feuerwerk trotz Klimanotstand
Doch in diesem Jahr gab es eine besondere Debatte rund um die Kölner Lichter und dren Belastung für die Umwelt. Denn: Wenige Tage zuvor hatte der Kölner Stadtrat den Klimanotstand ausgerufen – als erste Millionenstadt in Deutschland. Nachdem Konstanz am Bodensee, am 2. Mai dieses Jahres, die erste Stadt war, die zu diesem Schritt griff, folgten Dutzende weitere, gibt es nun einen – Zitat – "#Klimanotstand' allerorten", wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" titelte. Alleine in Nordrhein-Westfalen, Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland, das zugleich ein großer Ballungsraum mit vielen Städten ist, sind es mehr als 20 Kommunen und Städte. Den Auftakt machte Tönisvorst, es folgten Herford, Münster, dann Marl, Gladbeck und Bochum, Köln, Düsseldorf und Bonn – und sorgten so für Kritik und Unverständnis bei Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten:
"Ich halte vor allem was davon, CO2 zu reduzieren", merkt Armin Laschet, CDU, im Sommerinterview von "RTL-West" kritisch an.
Kritik des NRW-Ministerpräsidenten
"Diese Deklarationen kann jede Stadt für sich machen. Ist in Ordnung. Ich meine: Köln erklärt den Klimanotstand und macht danach Feuerwerk zu Kölner Lichter. Und Düsseldorf hat auch nicht den Japan-Tag oder den Frankreich-Tag oder was auch immer ausfallen lassen. Also, wenn man nur deklariert und danach geht das Leben weiter wie bisher, hat das eine begrenzte Wirkung. Ich würde mehr sagen: Wir müssen sorgen intelligent CO2 zu reduzieren und keine Ratsresolutionen machen."
Der Vorwurf, der mitschwingt: Alles reine Symbolpolitik, Augenwischerei. Und in der Tat: Hinter dem dramatischen Begriff Klimanotstand, der juristisch umstritten ist, steckt letztlich nur eine freiwillige Selbstverpflichtung ohne rechtliche Bindung. Das weiß auch Laschet, der einst Rechtswissenschaften studierte:
"Denn, wenn es ein Notstand ist, ich meine, Notstand ist das stärkste Wort, dass unsere deutsche Verfassungsgesetzgebung kennt. Es gab mal ein Kampf um Notstandsgesetze. In einer Ausnahmesituation des Staates. Wenn man da sagt, es ist Notstand, ja dann muss man aber auch mehr tun, als nur es beschließen."
Nur starke Worte....
Ein Punkt, den auch Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt, Energie, einsieht.
Dennoch: Er interpretiert es anders, sagte dem WDR: "Dieser Notstandsbegriff hat eine symbolische Aufladung und zeigt, dass wir wirklich die Ziele, die wir uns gesetzt haben, bisher nicht hinreichend ernst genommen haben, dass wir jetzt hier wirklich drastisch umsteuern müssen, wenn wir noch eine Chance haben wollen, einen adäquaten Beitrag zum Pariser Klimaschutz-Ziel zu leisten. Insofern hat der Notstandsbegriff eine Symbolik, aber zeigt eben auch, dass der Handlungsdruck so groß geworden ist, dass wir eben nicht so weiter machen können wie bisher."
Denn: Vor allem die Städte sind betroffen, hier ist es in der Regel zwei bis drei Grad wärmer, als auf dem Land. Von daher, sagt auch Lino Hammer, Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Stadtrat von Köln, sei Klimanotstand nicht alarmistisch.
....oder ein wichtiger erster Schritt?
"Nein, also, wenn man sich anguckt, wie verdörrt die Wiesen momentan aussehen in unseren Parks, wenn man merkt, was für Hitze-Inseln wir hier auch in dieser Stadt hier schon haben, dann bekommt das ja jede und jeder, jeden Tag schon zu spüren, welche Auswirkungen der Klimawandel auf Köln hat, von daher ist das alles andere als alarmistisch, sondern schärft einfach nochmal das Bewusstsein auch dafür, dass wir jetzt wirklich endlich handeln müssen."
In Köln soll beispielswiese die Stadtverwaltung bei allen künftigen Projekten und Maßnahmen vor einer politischen Entscheidung oder Umsetzung die Stabsstelle Klimaschutz im Umweltdezernat einschalten, so Hammer:
"Es gibt ja schon diverse Maßnahmenprogramme, die wir haben: Klimawandelgerechte Kommune, Klima-Aktiv 2022, wo dezidiert die Maßnahmen auch benannt werden. Die waren teilweise nicht mit Geld hinterlegt, teilweise nicht mit Personal hinterlegt und da müssen wir jetzt ansetzen und das Ganze entsprechend fortführen, fortschreiben, um da mehr Tempo reinzubringen."
Maßnahmen gegen die Hitze in den Städten
Bochum beispielsweise will Mauern durch Hecken ersetzen, Dächer begrünen und den Anteil erneuerbarer Energien bis 2025 auf siebzig Prozent hochschrauben. Anderorts haben Städte darauf verzichtet, den Klimanotstand auszurufen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise sind dies Bergkamen, Bielefeld, Remscheid oder Geilenkirchen. Auch Freiburg, traditionell Vorreiter in der Umweltpolitik, verzichtet darauf mit dem Hinweis, es wäre reine Symbolpolitik. Für Klimaforscher Fischedick geht es letztendlich um konkrete Schritte – nicht um diese Diskussion:
"Am Ende des Tages kommt es darauf an, dass bei der Umsetzungsebene, und das ist bei den Städten, auch tatsächlich Maßnahmen ergriffen werden. Und das brauchen wir und deswegen begrüßen wir, dass sich auch Städte jetzt noch stärker um die Klimaschutzfrage kümmern. Aber sie alleine können es nicht richten. Sie können im Verkehrsbereich und im Gebäudebereich was machen, aber der nationale Rahmen muss natürlich stimmen und insofern ist es Bewegung, die es von beiden Seiten braucht."