Die gesamte polnische Regierung ist schon seit vielen Wochen im Wahlkampfmodus. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki tourte durch das Land, um den Menschen vor Ort konkrete Versprechen zu geben. So wie in Posen:
"Die Region Großpolen wird von unserem Brückenbau-Programm profitieren, dem größten seit 30 Jahren. Allein hier entstehen fünf Brücken. Wir wollen nicht, dass sich der Staat zurückzieht. Von 817 Polizeistationen haben unsere Vorgänger 418 aufgelöst. Wir haben Steuerlücken geschlossen, deshalb können wir uns um die Sicherheit unserer Bürger kümmern."
PiS dürfte stärkste Kraft werden
Das zeigt Wirkung. Bei der Wahl zu den Bezirksparlamenten dürfte die rechtskonservative Regierungspartei PiS mit Abstand stärkste Kraft werden. Umfragen sehen sie landesweit derzeit bei 40 Prozent. Die rechtsliberale "Bürgerplattform" dagegen liegt abgeschlagen bei unter 25 Prozent.
Dennoch könnten der PiS gerade die Prestigeerfolge versagt bleiben, auf die sie hofft: Siege in den großen Städten. Dort haben laut Umfragen die Kandidaten der Opposition die Nase vorn.
Auch in der Hauptstadt Warschau. Die rechtsliberale "Bürgerplattform" scheint sich dort zu behaupten, obwohl sie einen Korruptionsskandal im Rathaus zu verantworten hat. Dabei wurden Grundstücke an dubiose Geschäftsleute vergeben.
Aber mit Rafal Trzaskowski schickt die "Bürgerplattform" einen unbelasteten Kandidaten ins Rennen:
"Wenn ich als Bürgermeister ein Signal bekäme, dass irgendetwas im Rathaus schief läuft, auch wenn mich ein PiS-Mitglied darauf hinweist, dann werde ich das ganz sicher überprüfen. Wir brauchen eine aufrichtige Stadtverwaltung. Wir brauchen aber auch Unterstützung für die ärmeren Stadtviertel. Manche sind noch nicht an das zentrale Heizungssystem und an die zentrale Warmwasserversorgung angeschlossen."
Zuletzt sorgte die PiS noch einmal mit einem überaus aggressiven Wahlspot für Aufregung. Er wirft der Opposition vor, sie wolle muslimische Flüchtlinge ins Land holen. Die Bildsprache des Films wurde auch von PiS-Sympathisanten als nahe am Rassismus kritisiert.
Vor der Stichwahl um die Bürgermeisterämter dürfte ein weiteres Thema eine wichtige Rolle spielen: Wie wird sich die polnische Regierung zur gestrigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stellen?
Die Richter in Luxemburg haben eine einstweilige Verfügung gegen einen Teil der polnischen Justizreform erlassen. Demnach darf der polnische Präsident nicht, wie geplant, Richter des Obersten polnischen Gerichts vorzeitig in den Ruhestand schicken.
Entscheidung mit historischer Bedeutung
Die Regierung müsse diese Entscheidung sehr ernst nehmen, meint der polnischen Menschenrechtsbeauftragte Adam Bodnar:
"Sie hat historische Bedeutung. Zum ersten Mal äußert sich der Europäische Gerichtshof so deutlich zum Gerichtswesen eines EU-Mitgliedslandes. Er zeigt, dass die EU eine Gemeinschaft ist, in der Rechtsstaatlichkeit ein wesentliches Element ist. Und dass die EU eine derart einschneidende Verletzung der Unabhängigkeit von Richtern nicht zulässt."
Sollte sich die polnische Regierung über den Beschluss hinwegsetzen, drohen Polen empfindliche Strafen. Die Opposition dürfte das vor den Stichwahlen in zwei Wochen als Argument gegen die PiS verwenden.