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Kommunalwahlen
Islamhasser will in den Münchner Stadtrat

An diesem Sonntag finden in Bayern Kommunalwahlen statt. Dann möchte auch Michael Stürzenberger von der Partei "Die Freiheit", die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ins Rathaus einziehen. Sein großes Thema: Islamhetze. Seine Chancen, gewählt zu werden, stehen nicht schlecht. Schon fragen sich die Stadträte, wie sie mit ihm umgehen sollen.

Von Julia Fritzsche |
    Michael Stürzenberger bei einer Kundgebung auf dem Marienplatz in München
    Michael Stürzenberger bei einer Kundgebung auf dem Marienplatz in München (picture alliance / Markus C. Hurek)
    "Die Tötungsbefehle des Korans, die Gewalt- und Kampfbefehle, die Frauenschlagbefehle, die Frauenunterdrückung, die Scharia, das hat alles keinen Platz in Europa im 21. Jahrhundert! Wir lassen uns unser aufgeklärtes, modernes Europa nicht vom Islam kaputt machen!"
    Fast jeden Tag steht Michael Stürzenberger in der Innenstadt und ruft seine Botschaften in Richtung der Passanten: der Landes- und Bundeschef der Partei "Die Freiheit" hetzt gegen den Islam und die Muslime: sein großes Feindbild und sein einziges Thema. An diesem Vormittag hat er sich am Stachus aufgestellt, hinter ihm ein kleines Zelt, darauf steht "Keine Moschee am Stachus". Ungefähr zehn Helfer hat er dabei, ringsherum Absperrgitter, die sie von rund 50 Gegendemonstranten trennen.
    "Also, ich finde das unglaublich, das ist eine Beleidigung. Der sagt, wir sind Terroristen. Ich bin Muslim, ja. Und ich kenne meine Religion sehr gut. Das heißt, die Religion sagt nicht: Du musst das machen, und Du musst schlagen."
    "Und er verallgemeinert vor allem. Er sagt immer. Die sind böse und gewalttätig."
    "Es ist hier öfter das Wort "Hetze" gefallen. Und da würde ich zustimmen, dass es Hetze ist. Weil oft Sachen verdreht werden oder einseitig dargestellt werden, die man so einfach nicht behaupten kann."
    "Ich finde den Herrn Stürzenberger krank. Das ist schon fast psychotisch, also mit seiner Paranoia, die Muslime würden alle verfolgen und umbringen."
    Stürzenberger hat gute Chancen, in den Stadtrat einzuziehen
    Das findet auch der bayerische Verfassungsschutz, der den Landesverband der Partei "Die Freiheit" beobachtet. Trotzdem hat Michael Stürzenberger gute Chancen, am kommenden Wochenende bei den Kommunalwahlen in den Münchner Stadtrat einzuziehen. Die dafür nötigen 1000 Unterschriften hat er seit einigen Wochen zusammen, und eine Sperrklausel gibt es nicht. Künftig wird er seine Hassreden wohl vor den Stadträten halten:
    "Wir können Ihnen versprechen: Wir werden den gesunden Menschenverstand ins Rathaus bringen! Wir werden die Islamkritik ins Rathaus bringen! Wir werden die einzige Partei sein, die dort, hier, dieses Islamzentrum verhindert. Auch im Rathaus!"
    Und Stürzenberger hat Durchhaltevermögen: Früher hat er in der Fußgängerzone bis zu acht Stunden durchgesprochen. Das hat die Stadt ihm mittlerweile verboten: Alle zehn Minuten muss er sein Megafon für zehn Minuten ausschalten. Deswegen hat er unter seinem Mantel eine gelbe Stoppuhr um den Hals hängen, auf die er während seiner erzwungenen Redepause immer wieder ganz pedantisch schaut. Im Stadtrat hätte er dieses Problem nicht:
    "Natürlich kann er die Arbeit des Stadtrats im Plenum ganz erheblich beeinträchtigen,"
    sagt Marian Offman, Stadtrat der Münchner CSU. Die Vorstellung, dass er und seine Kollegen sich künftig Stürzenbergers Parolen ungebremst anhören müssen, ist ihm zuwider. Aber sollte die Redezeit im Stadtrat für Stürzenberger - und damit auch für alle anderen - begrenzt werden?
    Keine Vorschriften machen lassen
    "Das Problem ist ja, dass die Neonazis und die Rechtspopulisten - und ich würde sagen, dass der Stürzenberger immer näher sich dorthin bewegt -, dass die mit demokratischen Mitteln letztendlich unsere Demokratie zerstören. Das heißt, wenn wir die Redezeit begrenzen, dann ist das eine demokratische Errungenschaft, dass jeder sagen darf, was er will, und plötzlich beschneiden wir das. Dann verkürzen wir nicht nur die Redezeit des Herrn Stürzenberger, sondern auch von anderen. Also, ich persönlich bin der Meinung, dass wir uns von diesen Menschen, die nur Hass sähen, überhaupt keine Vorschriften machen lassen."
    Sein Kollege Alexander Reissl führt dort als Fraktionsvorsitzender der Münchner SPD die Mehrheitspartei an.
    "Ansonsten gehe ich mal davon aus, dass wir ihm seine Rechte nicht beschneiden, die er hat. Wie sollten wir auch. Das kommt für uns überhaupt nicht in Frage. Vollkommen unabhängig davon, dass er die sich auch nehmen und einklagen würde. Wir werden mit dem genauso umgehen, wie wir die letzten Jahre mit den Herrn Richter von der BIA umgegangen sind."
    Karl Richter von der "Bürgerinitiative Ausländerstopp" sitzt seit der letzten Kommunalwahl 2008 im Stadtrat und ist rechtskräftig verurteilt, weil er bei seiner Amtseinführung den Hitlergruß zeigte. Seine "Bürgerinitiative Ausländerstopp" ist eine Tarnorganisation der NPD, deren stellvertretender Bundesvorsitzender er ist. Die Stadtratsparteien hatten sich bei Amtsbeginn darauf geeinigt, seine rassistischen Hetzreden zu ignorieren.
    "Ich bin heute der Meinung, dass es die richtige Strategie war, dass wir dem Herrn Richter nicht auf den Leim gegangen sind und jedes Mal, wenn er was sagt, oder wenn er einen Antrag stellt, oder wenn er eine Anfrage stellt, dann in große Hysterie verfallen. Wir haben in der Regel auf den nicht reagiert. Und ich werde dringend empfehlen, auch mit dem Herrn Stürzenberger so zu verfahren."
    Ehemaliger Parteikollege
    Mit Michael Stürzenberger könnte also vielleicht demnächst noch ein zweiter Rechtsextremer im Münchner Stadtrat sitzen. Einer, der im eher bürgerlichen Gewand ankommt, der eloquent spricht, meist ein Sakko und ein wissendes Lächeln im Gesicht trägt. Gerade für die CSU-Stadträtinnen und Stadträte ist das doppelt unangenehm. Denn Stürzenberger ist ein ehemaliger Parteikollege, von 2003 bis 2004 war er Sprecher der Münchner CSU, damals Nachfolger von Marian Offmann:
    "Also, da gibt es überhaupt keine Bindungen mehr zu ihm, und ich hab mir auch verbeten ihm gegenüber, dass er mich duzt weiter. Ich hab über seine Mitstreiter E-Mails bekommen mit ganz schlimmen antisemitischen Anwürfen. Es gibt keine Basis mehr mit Herrn Stürzenberger zu kommunizieren. Es hat nichts mit der CSU zu tun. Wir werden ihn genauso bekämpfen wie die anderen auch."
    Vielleicht müssen sich die Stadträtinnen und Stadträte in Zukunft tatsächlich entscheiden, die Münchner Rechtspopulisten zu bekämpfen. Denn das Ignorieren hat bisher nicht sehr viel bewirkt. Während sich der Wahlkampf bei den anderen Parteien um Wohnungsnot, Straßenverkehr und Kitaplätze drehte, konnte Michael Stürzenberger das Thema "Umgang mit dem Islam" in seinem Ringen um einen Platz im Stadtrat ohne große Widerrede für sich allein in Anspruch nehmen. Wenn Stürzenberger womöglich ins Rathaus einzieht, werden sich Münchens Stadträte wieder verstärkt mit dem Thema beschäftigen.