"Wir haben natürlich zu der Szene auch Directors Notes bekommen, mit Angaben, was wo passieren soll, Akzente und musikalische Wechsel. Ich habe mich tatsächlich ein wenig davon gelöst und habe versucht, mein eigenes Ding daraus zu machen, allerdings unter den Vorgaben. Und das finde ich sehr spannend: ist das eine Version, die jetzt den Vorgaben entsprechen würde, oder auch nicht."
Akzente setzen, Emotion unterstützen
Musik vom Bonner Komponisten Jens Heuler, der vorab wie die anderen zwölf Workshopteilnehmer die Aufgabe bekommen hat, eine Szene aus einem Hollywoodfilm zu vertonen. Diese Challenge war quasi die Grundlage der ersten Unterrichtseinheit in dem fast achtstündigen Workshop. Da alle Teilnehmer mehr oder weniger schon Erfahrung mit der Vertonung von Filmen hatten, eine wirklich interessante Aufgabe, das weiß Hollywodkomponist Jeff Rona aus eigener Erfahrung:
"Musik für einen Film oder ein Computerspiel zu produzieren, ist eine spezielle Aufgabe. Musik bleibt Musik, wenn sie allerdings einer Story dienen soll, musst du anders herangehen und auch anders schreiben. Was ich hier mit den jungen Komponisten versuche, ist ihnen eine Aufgabe zu geben. Sie alle haben eine komplizierte und spannungsgeladene Szene aus einem Film bekommen und müssen sich nun darüber Gedanken machen, wie sie diese am Besten mit ihrer Musik unterstützen. Und die wesentliche Frage ist: haben sie das erreicht, was sie erreichen wollten, oder sind irgendwo gescheitert?"
Musik für Filme und Musik für Computerspiele
Komponist Jeff Rona präsentiert sich vor seinen Schülern eher als Zuhörer, stellt aber auch auf die entscheidenden Fragen: Haben die jungen Komponisten, von denen einige sogar aus Australien angereist sind, die Kontraste in der Musik richtig gesetzt? Waren sie mutig genug, um die Szene emotional zu unterstützen? Haben sie eine Verbindung mit den Charakteren des Films und zum Zuschauer herstellen können? Ist weniger wirklich mehr? Wie schaffe ich Dramatik? Müssen es immer Timpani Schläge sein oder wie kann man musikalisch eine emotionale Landkarte zeichnen?
Im zweiten Teil des Workshops geht es um den Einsatz von Musik in Computerspielen. Hier wird die Möglichkeit des Loops erklärt. Abschnitte, die eigentlich für die Filmvertonung gedacht sind, werden an unauffälligen Stellen wiederholt. Denn egal auf welcher Ebene des Spiels die Handlung gerade passiert, die Musik muss sich integrieren.
"Filme haben eine festgelegte Form und eine spezielle Timeline. Wenn also ein Komponist für einen Kinofilm oder eine Fernsehserie schreibt, dann muss er seine Musik immer der Struktur des Films unterordnen. Und die ist quasi mit den Dialogen, dem Schnitt und der Story festgelegt. In Computerspielen hast du als Komponist viel mehr Freiheit, du hast viel Platz, eine sehr emotionale Idee im Spiel unterzubringen. Allerdings muss sich die Musik während des Spiels auch schnell ändern können, beispielsweise, wenn ich als Spieler entscheide, nun mit meiner Knarre herumzuballern. Für den Komponisten ist das eine Herausforderung, aber man muss nicht immer vorsichtig sein. Wenn du einen Film vertonst, dann musst du deine Musik den Dialogen anpassen, das hast du so beim Computerspiel nicht, deswegen ist das ist eine große kreative Freiheit."
Am Ende zählt die fertige Aufnahme
Jeff Rona erobert durch eine sehr unkonventionelle und schon fast kumpelhafte Art schnell die Sympathien seiner Schüler. Und er macht klar, am Ende wird dem Auftraggeber immer eine fertige Aufnahme präsentiert, die einfach überzeugen muss. Die vielen verschiedenen Wege dorthin sind eigentlich völlig egal, Hauptsache, man schafft es. Insofern ist der Vorgang der Komposition für ein Computerspiel eigentlich dem der Spieler sehr ähnlich, auch er muss auch ein spezielles Level schaffen. Am Ende des Workshops ist der Bonner Komponist Jens Heuler jedenfalls begeistert:
"Super Workshop, super Inspiration, super Input bekommen. Vor allem in Sachen Games. Wir haben ja ursprünglich eine Musik für einen Filmausschnitt geschrieben, das sollte jetzt nicht für ein Game sein. Und das war ganz spannend zu sehen, wie aus dieser Musik eine gamestaugliche wird, beziehungsweise; welche funktioniert besser und welche nicht."