Musik: Özcelebi, Kuşların
"In Deutschland gibt es große Musiktradition und als Komponistin brauche ich nicht nur gute Lehrer oder Professoren, sondern auch gute musikalische Umwelt wie Konzerte, Festivals, gute Spieler, Neue Musikspezialisten, musikalische Quellen usw."
Und genau das hat Beste Özcelebi in ihrer Heimat, der Türkei, nicht gefunden.
"Es gibt bestimmt gute Musikhochschulen und wir haben eigentlich Konservatoriums-System und es gibt auch bestimmt gute Professoren, aber es ist leider nicht genug. Nur ein Professor kann nicht ganze Bildung machen."
Von Ankara nach Leipzig
Die 33-Jährige studiert Komposition an der Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschule für Musik und Theater in Leipzig, der ältesten Musik-Fakultät Deutschlands und zwar bei Professor Claus-Steffen Mahnkopf, den sie bereits in ihrer Heimat kennen und schätzen lernte, als er Meisterkurse in Ankara leitete. Also nahm sie Deutschunterricht im Goethe-Institut vor Ort, mit dem Ziel, die Aufnahmeprüfung in Leipzig zu bestehen.
Musik: Özcelebi, Kuşların
"Das Studium in Türkei war sehr traditionell, ich hatte große Lücken mit neuen Musik-Techniken, weil es waren auch musikalische Quellenprobleme in der Türkei."
Bach, Mozart und Beethoven, um nur ein paar Komponisten zu nennen, gehören auch in der Türkei zum Lehrplan.
"Aber an zeitgenössischer Musik eigentlich gibt es überhaupt kein Interesse und es ist wirklich schwierig mit dieser Musik dann zu arbeiten als Komponistin."
Komposition statt Klavier
Als Kind fing sie an Klavier zu spielen und lernte dabei viel von ihrem Vater, der klassischer Musiker ist. Es wäre naheliegend gewesen für Beste Özcelebi Klavier zu studieren, doch sie entschied sich dagegen, weil ihr das manchmal - wie sie es nennt - zu "sportlich" war. Als sie in dieser Phase des Zweifelns von ihrem ehemaligen Professor in Ankara Kompositionsübungen vorgelegt bekam, machte ihr das so viel Spaß, dass sie die Pianistin-Karriere ad acta legte und fortan Komposition werden wollte.
"Ich bin seit drei Jahren in Deutschland, aber ich mag diese Mentalität und versuche, mehr organisierter Mensch zu sein."
200 Euro kostet das Semester in Leipzig, das Studium an bestimmten staatlichen Konservatorien der Türkei ist zwar kostenlos, aber den ungehinderten Zugang zur ganzen Welt der Musik kann es laut Beste Özcelebi eben nicht bieten. Den Kulturclash erlebt die junge Komponistin immer dann, wenn sie feststellt, dass ihre musikalische Identität auch von ihrer Heimat geprägt ist.
"Manchmal mein Professor hat mir gesagt – ach komm türkischer Marsch – wenn ich eine schnelle Stelle geschrieben habe oder so."
Mikrotöne und türkische Rhythmen
Auch wenn solche Kommentare meistens ironisch gemeint sind, weiß Özcelebi, dass sie ihre musikalischen Wurzeln weder verheimlichen kann noch will. Stattdessen geht sie inzwischen offensiv damit um, wenn sie ein neues Stück schreibt.
"Ich benutze oft Mikrotonalität in meine Musik und türkische Rhythmen auch. Ich habe immer Schwierigkeit mit westlich gebildeten Spielern, die wissen einfach nicht, was sind diese Vierteltöne und so weiter."
Musik: Özcelebi, Flötentrio
Immerhin gibt es einige Spezialisten an der Hochschule in Leipzig, die mit ihren Vorgaben keine Probleme haben. Außerdem - fügt sie lachend hinzu - sind die Türken sowieso sehr flexibel und imstande zu improvisieren, wenn Probleme auftauchen.
"Wir sind ein kreatives Volk und wir können immer eine praktische Lösung finden."
Wenn sie im Februar ihren Master macht, will Beste Özcelebi anschließend weiter studieren, den Meisterklassen-Studiengang belegen und auf jeden Fall in Deutschland bleiben.
"Ich möchte nicht zurück in die Türkei gehen, weil es gibt keine Arbeit als Komponistin dort und die Lebensqualität ist jetzt leider nicht so gut. Und was kann ich dort machen? Ich frage mich das jeden Tag."
Musik: Özcelebi, Stray Cats