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Konferenz in Bahrain
Trumps Milliarden und die Skepsis der Palästinenser

Die US-Regierung will in Bahrain über Milliarden-Hilfen für die Palästinenser diskutieren, doch deren Führung boykottiert die Veranstaltung. Das Investitionsprogramm kommt ihrer Ansicht einem Bestechungsversuch gleich, denn US-Präsident Donald Trump hat einen möglichen eigenen Staat bislang mit keinem Wort erwähnt.

Von Benjamin Hammer |
Blick in eine Straße von Ramallah
Auf einer Straßen in Ramallah: Hier halten die Menschen nichts vom Workshop der US-Regierung in Bahrain (Deutschlandradio / Benjamin Hammer)
Seit 46 Jahren betreibt Iskandar Hinn seinen Friseursalon in der Innenstadt von Ramallah. Der Palästinenser mit weißem Hemd, weißen Haaren und weißem Schnurbart wurde hier geboren. Auf dem Tresen stehen schwere Aschenbecher. In palästinensischen Friseursalons darf noch geraucht werden. Und wenn Iskandar Hinn im Salon schneidet und seine Kunden rauchen, drehen sich die Gespräche auch um Donald Trump. Der US-Präsident und seine Nahost-Gesandten arbeiten nach eigenen Angaben am ultimativen Deal, wie Trump das nennt. Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Die erste Stufe des Plans wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht: Ein Investitionsprogramm für die Palästinenser. In Höhe von angeblich etwa 50 Milliarden US-Dollar. Der Friseur ist skeptisch.
"Trump sagt jetzt, dass er uns Palästinensern etwas Gutes tun möchte. Aber wenn er das machen will, soll er uns einen palästinensischen Staat geben. Damit wir und unsere Kinder so leben können, wie jeder andere auf der Welt. Das ist unser Recht."
Iskandar Hinn in seinem Friseursalon
Iskandar Hinn ist skeptisch, was Trumps "ultimativen Deal" angeht (Deutschlandradio / Benjamin Hammer)
Doch von einem palästinensischen Staat ist im Wirtschaftsplan der US-Regierung an keiner Stelle die Rede. Auch das Wort "Souveränität" fehlt in der Hochglanzbroschüre völlig. Zwar will die US-Regierung den politischen Teil ihrer Pläne erst im November veröffentlichen. Doch Palästinenser wie der Friseur Iskandar Hinn trauen Donald Trump einfach nicht mehr.
"Es geht doch darum, wie man gute Dinge für alle erreicht: für die Palästinenser und die Israelis. Wenn jemand Israel etwas Gutes tut, musst er das auch für uns tun. Weil wir Nachbarn sind."
"Frieden durch Wohlstand" lautet der Plan
"Frieden durch Wohlstand" hat die US-Regierung ihren Milliardenplan für die Palästinenser genannt. Fördergelder und Kredite sollen in die Infrastruktur fließen, in die Bildung und in das Gesundheitssystem. Wer verstehen will, warum die Palästinenser trotzdem so skeptisch sind, muss auf Trumps Nahost-Politik schauen: Die US-Regierung erkannte Jerusalem als Hauptstadt Israels an, ohne, dass sich Israelis und Palästinenser auf den Status der umstrittenen Stadt geeinigt haben.
Die USA strichen ihre Beiträge für das UN-Hilfswerk für die Palästinenser. Die Regierung stellte Zahlungen für palästinensische Krankenhäuser ein. Und sie stoppte sogar die Förderung von Begegnungsprogrammen zwischen Israelis und Palästinensern. Laut US-Regierung sollen die Palästinenser so gezwungen werden, wieder mit den USA und Israel zu verhandeln.
In der Hochglanzbroschüre des US-Milliardenplans gibt es viele Fotos von Palästinensern. Sie lernen, sie lachen, sie packen an. Das sieht gut aus. Doch die Fotos stammen ausgerechnet aus jenen Projekten, denen die US-Regierung seit mehr als einem Jahr die Finanzierung verweigert. In der Broschüre aus dem Weißen Haus werden also Menschen für einen angeblichen Förderplan instrumentalisiert, denen die US-Regierung vorher das Geld gestrichen hat.
"Dieser Wirtschafts-Workshop ist Nonsens"
Auf den Straßen in Ramallah zeigten die Menschen auf Demonstrationen, was sie vom Workshop der US-Regierung halten: gar nichts. Auf der Konferenz in Bahrain wird zwar über die Palästinenser gesprochen – aber nicht mit ihnen. Die Palästinensische Autonomiebehörde boykottiert die Veranstaltung, genauso wie ein Großteil von Geschäftsleuten.
"Wir haben realisiert, dass dieser Wirtschafts-Workshop in Bahrain Nonsens ist", sagt Mohammed Schtajje, der palästinensische Ministerpräsident. "Das Papier ist eine theoretische Abhandlung, die 60 Milliarden Dollar fordert. Wir wissen nicht, woher das Geld kommen soll. Aber wir wissen, dass die wirtschaftlichen Probleme Palästinas mit den israelischen Maßnahmen zu tun haben. Im Plan der US-Regierung gibt es keinen Verweis auf die Besatzung oder israelische Siedlungen. Dieser Workshop soll die Siedlungen politisch weißwaschen und die Besatzung legitimieren."
Die Autonomiebehörde hat in der palästinensischen Bevölkerung nur noch wenig Rückhalt. Die letzte Parlamentswahl liegt 13 Jahre zurück. Der Machtkampf der Bewegungen Fatah und Hamas dauert an. Dass die Autonomiebehörde so entschieden gegen die Pläne aus Washington eintritt, kommt bei den meisten Palästinensern hingegen gut an.
Ein Helikopter der israelischen Armee flog vor wenigen Tagen von Jerusalem in das Jordantal. Das Gebiet wird seit 1967 von Israel besetzt. Im Helikopter saßen Israels Premier Benjamin Netanjahu und der Sicherheitsberater der US-Regierung, John Bolton. Vertreter von früheren US-Regierungen hätten so einen Flug in besetztes Gebiet abgelehnt. Die Trump-Regierung übt hingegen den Schulterschluss. John Bolton trug eine weiße Schirmmütze mit den Flaggen der USA und Israels.
Aus Deutschland kommen nur hochrangige Beamte
"John, wie Du sehen kannst, bietet das Jordantal das Mindestmaß an strategischer Tiefe, um unser Land zu verteidigen", sagte Netanjahu. "Unsere Position ist, dass Israel in jedem Friedensabkommen seine Präsenz in diesem Gebiet aufrechterhalten sollte. Wir werden uns die amerikanischen Vorschläge mit Offenheit anhören. Ich kann nicht verstehen, dass die Palästinenser die Vorschläge klar ablehnen, bevor sie den Plan überhaupt gesehen haben."
Doch auch die deutsche Bundesregierung rechnet offenbar nicht damit, dass der Friedensplan aus dem Weißen Haus – bestehend aus einem wirtschaftlichen und einem politischen Teil – ausgeglichen und tragfähig ist. Zum Wirtschaftsworkshop in Bahrain kommen aus Deutschland nur hochrangige Beamte – keine Minister oder Staatsminister. Ein politisches Signal.
Korrespondent Benjamin Hammer beim Interview mit Iskandar Hinn
Iskandar Hinn: "Trump soll uns einen eigenen Staat geben" (Deutschlandradio / Benjamin Hammer)
Iskandar Hinn, der Friseur aus Ramallah, akzeptiert den Staat Israel. Doch er fordert einen palästinensischen Staat an seiner Seite.
"Ich kenne die Kultur der Menschen im Nahen Osten. Herr Trump kennt sie nicht. Im Moment wirkt es so, als profitierten die Israelis von Donald Trump. Aber das wird nicht lange so bleiben. Trump schadet den Israelis. Denn durch Trump werden die Radikalen in der islamischen Welt gestärkt. Das ist die Gefahr."
Frieden, so sieht es der Friseur, könne es nur mit einem souveränen palästinensischen Staat geben. Dann will er noch eine Botschaft an die Israelis loswerden.
"Was immer die wollten, sie müssten an ihre Urenkel denken. Wollt Ihr Frieden für Eure Urenkel? Oder sollen sie für immer und ewig eine Waffe tragen müssen? Darum geht es hier."