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Konferenz
Probleme und Lösungen beim Hochschulzugang für Geflüchtete

Wie willkommen sind Flüchtlinge an deutschen Hochschulen? Darüber haben sich Experten auf einer Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin ausgetauscht. Von Krankenversicherung über BAföG bis zur Anerkennung von Studienleistungen reichte die Palette der Themen.

Claudia van Laak im Gespräch mit Benedikt Schulz |
    Benedikt Schulz: Dass derzeit vermehrt Menschen aus Krisenregionen nach Deutschland fliehen, beschäftig die deutsche Gesellschaft auf vielen Ebenen, nicht zuletzt eben im Bereich Bildung. Teilweise sind die Ankommenden qualifiziert genug, um hier ein Studium aufzunehmen oder fortzusetzen - nur: Es funktioniert nicht. In aller Regel ist ihnen der Weg an die Hochschulen verwehrt, und das kann weder im Interesse der Flüchtlinge noch der Hochschulen noch der deutschen Gesellschaft überhaupt sein. Mit diesem Missstand beschäftigen sich heute in Berlin Experten aus Politik und Wissenschaft - unter dem Motto: Refugees welcome! Aus Berlin berichtet für uns Claudia van Laak. Frau van Laak, die Situation ist kompliziert für Flüchtlinge, die hier studieren wollen, wo liegen denn die Probleme?
    Claudia van Laak: Ja, Herr Schulz, insgesamt muss man sagen, in dem Bereich gilt natürlich, was für alle Bereiche im Moment gilt - niemand war ja vorbereitet auf diese Situation. So allmählich im Laufe der Monate stellt sich jetzt heraus, dass diese verschiedenen Gesetze und Verordnungen, die hier bei uns gelten, einfach nicht zusammenpassen und sehr, sehr große Hürden darstellen für den Hochschulzugang. Und ich will mich da mal auf zwei Punkte beschränken: Punkt eins ist die Krankenversicherung. Wenn man sich dieses Asylbewerberleistungsgesetz ansieht, danach sind ja Flüchtlinge nur eingeschränkt krankenversichert, das heißt, sie können nur bestimmte Leistungen in Anspruch nehmen, und die haben auch nur in bestimmten Bundesländern auch so etwas wie eine Gesundheitskarte - ich glaube, in Hamburg und in Bremen, in Berlin wird sie gerade eingeführt. Wenn ich mich aber an einer Hochschule einschreiben will, muss ich nachweisen können, dass ich krankenversichert bin. Also: Hürde eins.
    Hürde zwei, das ist die Frage, wovon Studierende, die als Flüchtlinge zu uns kommen, denn eigentlich leben sollen, und vielleicht hören wir dazu Steffen Krach, das ist der SPD-Wissenschaftsstaatssekretär hier in Berlin:
    "Wenn jemand sich einschreibt an einer Universität, dann entfällt momentan noch das Recht, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu bekommen. Und da sind wir der Meinung, dass man diese Lücke schließen muss, dass es möglich sein muss, dass wenn jemand studiert, dass er auch weiterhin diese Leistungen bekommt. Wenn die Bundesregierung der Meinung ist, dass das nicht der richtige Weg ist, dann sind wir der Meinung, dann muss man es übers BAföG regeln und dann muss den Geflüchteten ermöglicht werden, sofort mit Studienaufnahme auch BAföG-Gelder zu bekommen."
    van Laak: Was im Moment auch nicht möglich ist, erst nach 15 Jahren. Das heißt, wir haben da diese Lücke, und soweit Steffen Krach, Wissenschaftsstaatssekretär hier im Land Berlin.
    Schulz: Ein anderes Problem ist natürlich die Sprache - wie sieht es denn mit Deutschkursen für Flüchtlinge aus?
    van Laak: Ja, da gibt es natürlich schon einige Studiengänge, für die man kein Deutsch braucht, die auf Englisch stattfinden, aber in der Regel ist es natürlich so, dass Deutsch muss schon ziemlich gut sein, um studieren zu können. Man braucht da ein bestimmtes Niveau, das ja auch abgefragt wird am Anfang. Jetzt im Moment können die Flüchtlinge natürlich noch die normalen Deutschkurse besuchen. Sie werden ja im Moment angeboten von Volkshochschulen, auch über die Bundesagentur für Arbeit, aber die reichen natürlich nicht aus zum Studieren. In einigen Bundesländern gibt es sogenannte Studienkollegs, die sind dem regulären Studium vorgeschaltet, bereiten auf das reguläre Studium vor, da gibt es eben auch Deutschkurse, und die Plätze in diesen Studienkollegs, die werden gerade massiv ausgebaut, in vielen Bundesländern. Noch einmal das Beispiel Berlin: Eine Million Euro hat das Land Berlin dafür zusätzlich in die Hand genommen.
    Schulz: Es gibt ja noch Ideen, wie man sozusagen bestimmte Hürden einfach umgeht, zum Beispiel die Online-Uni für Flüchtlinge, die ja von engagierten Studierenden entwickelt wurde. Gibt es da noch andere, ich nenne es jetzt einfach mal Behelfslösungen, um den Zugang zu akademischer Bildung zu ermöglichen?
    van Laak: Ja, es gibt diese Kiron University, von der Sie gerade sprachen - die wollte sich zunächst komplett als Online-Universität aufstellen, jetzt ist inzwischen das Konzept geändert worden. Zwei Jahre lang soll es Online-Kurse geben, das dritte Jahr soll dann an einer Uni verbracht werden - im Moment gibt es eine Kooperation mit der RWTH in Aachen. Da muss man abwarten, denn Kiron nennt sich zwar selber Universität, aber ist ja als solche momentan gar nicht anerkannt, kann also selber keine Abschlüsse verleihen. Vielleicht ist es sogar besser, dass die Flüchtlinge sich momentan als Gasthörer erst mal einschreiben. In Berlin zum Beispiel wurden die Gasthörergebühren für Flüchtlinge gestrichen, das kostet sie also nichts. Sie können auch eben andere Vorbereitungskurse besuchen und dann denn nächsten Schritt gehen, offiziell eben an die Hochschulen.
    Schulz: Soll es denn in Zukunft Sonderprogramm für Flüchtlinge geben?
    van Laak: Darüber wird diskutiert, das ist auch Thema der Konferenz heute nachmittag an der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ich habe darüber mit Pia Bungarten gesprochen, sie leitet die Abteilung Studienförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung, und sie lehnt aber diese Sonderprogramme ab:
    "Meine Sorge ist, dass Sonderprogramme auch leichte Zielscheiben werden für Leute, die da draufgucken und plötzlich daraus den Schluss ziehen, dass da Personen weniger leisten müssen und trotzdem große Leistungen bekommen, und das ist ja dann ... sehr, sehr leicht kann der Diskurs gedreht werden, um da sehr leicht Missverständnisse herzustellen. Deswegen bin ich bei Sonderprogrammen sehr zurückhaltend."
    van Laak: Soweit Pia Bungarten von der Friedrich-Ebert-Stiftung.
    Schulz: Letzte Frage, ganz kurz: Wir haben in den vergangenen Tagen in "Campus" mehrfach berichtet über den Fall eines Promotionsstudenten aus Syrien, der hat in einem Internetvideo offen für den IS geworben. Glauben Sie, das wird sich auf die Willkommenskultur auswirken an den Hochschulen?
    van Laak: Also das ist schwer zu sagen, das war ja ein Einzelfall. So sehen es auch diejenigen, mit denen ich heute darüber gesprochen habe am Rande der Konferenz. Und mit denen ich gesprochen habe, die sagten alle, es lässt sich natürlich nie ausschließen, dass sich unter den Studenten, unter Doktoranden auch Sympathisanten von Terrororganisationen befinden, seien es jetzt Rechtsextremisten oder Linksextremisten oder eben Sympathisanten des Islamischen Staats. Diejenigen, mit denen ich sprach, die sagten aber, Bildung ist Schlüssel zur Integration, und eher würden sich diejenigen, die nicht integriert seien, eben zu politisch extremen Positionen hingezogen fühlen, also eine Auswirkung auf die Willkommenskultur sahen die meisten nicht.
    Schulz: Claudia van Laak, ganz herzlichen Dank aus Berlin! Dass derzeit viele Menschen nach Deutschland kommen, stellt natürlich auch die Schulen und Kitas vor Herausforderungen, und das ist einer der Gründe, weshalb der Bedarf an akademisch ausgebildeten Pädagogen deutlich steigen wird. Das ist zumindest die Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, die diese heute veröffentlicht hat. Der Gesellschaft zufolge ist außerdem die Zahl derjenigen, die ein erziehungswissenschaftliches Studium beginnen, so hoch wie nie zuvor: Sie lag im Studienjahr 2014/15 bei über 12.000.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.