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Konferenz: Schule gestaltet Vielfalt
300.000 Flüchtlinge an deutschen Schulen

Schulintegration von Flüchtlingskindern ist das zentrale Thema bei der internationalen Konferenz des Kultusministeriums und des Pädagogischen Austauschdienstes in Bonn. 380 Teilnehmer aus 27 Ländern diskutieren über die Herausforderungen und tauschen ihre Erfahrungen aus. In einem sind sich alle einig: Es kann nur funktionieren, wenn man offen ist für Neues.

Von Nural Akbayir |
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    Minderjährige Flüchtlinge werden in deutsche Schulen integriert - als Seiteneinsteiger oder in eigene Vorbereitungsklassen (Waltraud Grubitzsch/lsn (c)
    Kulturelle Vielfalt, Diversität, Mehrsprachigkeit. Das sind Begriffe, die vor allem in dieser Zeit immer wieder auftauchen. Doch wie bekommt man die in die Schule, in den Unterricht?
    Etwa 300.000 Flüchtlingskinder sind im vergangenen Jahr in Deutschland eingeschult worden – eine Herausforderung auf allen Seiten. Zugleich ist es aber auch eine Chance, wenn man offen ist für das Neue. So zumindest empfindet das Anni Schulz-Krause; sie leitet das Kölner Schiller-Gymnasium. Dort sind zu den rund 1.000 Schülern noch mal 109 Geflüchtete hinzugekommen.
    "Die müssen sich aufgenommen fühlen. Man kann solch eine Aufgabe eigentlich nur machen, wenn als Grundhaltung eine Bereitschaft des Teilens da ist. Teilen macht reich. Das ist eigentlich so der Grundsatz. Und das lernen und sehen die gewachsenen Schiller-Schüler und das lernen jetzt auch die neuen Schüler hier bei uns."
    Die neuen Schüler sind derzeit in Vorbereitungsklassen untergebracht. Je nachdem, wie schnell und effektiv sie lernen, wechseln sie in die regulären Klassen.
    Das alles funktioniert allerdings nur, weil die Schule mehr Lehrer bekommen hat und ein zusätzliches Gebäude, in dem nun die Oberstufenschüler einquartiert sind.
    Ohne diese Unterstützung würden Schulen und Lehrer schnell an ihre Grenzen stoßen. Das bestätigt auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Claudia Bogedan.
    Seiteneinstieg für Lehrkräfte soll kommen
    "Wir erleben ja, dass in den Schulen eine riesengroße Bereitschaft ist, die jungen Menschen aufzunehmen und zu unterstützen. Wir kennen Patenschaftsmodelle, wir sehen, dass die Eltern sich engagieren, also das ist ne ganz große gelebte Willkommenskultur. Aber wir sehen natürlich auch, dass jetzt die Strukturen mit- und nachwachsen müssen. In den Großstädten werden wir zunehmend auch mit Raumproblemen Schwierigkeiten haben. Wir brauchen zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer und wir müssen natürlich auch dafür Sorge tragen, dass das alles finanzierbar bleibt."
    Um diese zusätzlichen Lehrer zu generieren, soll beispielsweise der Seiteneinstieg ins Lehramt vorangetrieben werden, sagt Bogedan weiter. Wie das konkret aussehen könnte, werde noch erarbeitet.
    Ein Land, das ebenfalls viele Erfahrungen mit Migranten macht, ist Schweden. Lange Zeit hatte kein anderes europäisches Land pro Kopf so viele Flüchtlinge aufgenommen wie Schweden. Bei der Integration in die Schule setzt das Land wie die Bundesrepublik darauf, alte und neue Schüler zusammen zu bringen. Dafür sei sogar die Gesetzgebung geändert worden, sagt Nihad Bunar. Er ist Professor für Kinder- und Jugendstudien an der Universität Stockholm.
    "Neu angekommene Schüler haben nach der neuen Gesetzgebung das Recht auf die gleiche Anzahl an Unterrichtsstunden wie alle anderen auch. Vorher war das nicht so. Dann hatten sie beispielsweise drei Stunden Unterricht und sind dann nach Hause gegangen. Aber jetzt ist die Gesetzgebung ganz klar: gleich viel Unterricht für alle. Die neuen Schüler können jetzt sogar mehr Schwedisch-Unterricht bekommen.
    Sie dürfen nach der Schule noch bleiben und Schwedisch als ihre Zweitsprache lernen."
    Bis vor wenigen Monaten konnten Flüchtlingskinder noch für unbestimmte Zeit in separaten Vorbereitungsklassen untergebracht werden. Jetzt ist das auf höchstens zwei Jahre begrenzt.
    "Nach den geänderten Regeln können Neuankömmlinge jetzt nur noch teilweise in separaten Klassen untergebracht werden. Dass heißt, sie müssen Kontakt zu regulären Klassen haben und werden dort auch unterrichtet."
    Laut Nihad Bunar ist es wichtig, konkrete Rahmenbedingungen zu schaffen, an denen sich die Schulen und Lehrer orientieren können.
    Für die Schüler sei es maßgeblich, ihnen möglichst schnell die Sprache des neuen Heimatlandes beizubringen und sie bei allen Aktivitäten in den Schulalltag einzubinden. Und auf diese Maßnahmen setzt auch Deutschland.