Vom 22. bis 24. Juni findet in Nürnberg der Humanistentag statt, rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden erwartet. Dieses Jahr steht die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Zentrum der Diskussionen. "Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ein Dokument, das die humanistische Lebensauffassung sehr gut widerspiegelt", sagt Projektmanagerin Anika Herbst im Deutschlandfunk-Interview. Humanisten sähen den Menschen als freien Entscheider, als vernunftbegabtes, kreatives Wesen - ethisches Handeln sei ihnen wichtig.
"Wir begreifen uns als etwas"
Überraschend dürfte eine Diskussion über humanistische Seelsorge sein, wird das Wort "Seelsorge" doch meistens mit Religionsgemeinschaften assoziiert. Dazu Anika Herbst: "Seelsorge ist ein menschliches Bedürfnis, das sind existenzielle Fragen". Es sei wünschenswert, wenn es staatlich geförderte Gefängnis- oder Notfallseelsorge nicht nur für die Kirchen, sondern auch aus humanistischer Richtung geben könne.
Die Gruppe der Konfessionsfreien wächst, doch noch sei diese Gruppe wenig in der Öffentlichkeit und in Institutionen repräsentiert. "Natürlich kann man nicht pauschal sagen, dass alle Menschen, die keiner Konfession angehören, Humanisten sind", sagt Herbst. Sie widerspricht der weitverbreiteten Auffassung, dass sich Konfessionsfreie vor allem durch das definieren, was sie nicht sind: "Wir begreifen uns als etwas, wir haben ein humanistisches Weltbild."
"Religion wird nicht überbewertet, aber missbraucht"
Besonders kontroverse Diskussionen erwartet Anika Herbst auf dem Humanistentag zum Kreuzerlass für bayerische Behörden. Die Ablehnung dieser Entscheidung sei unter den Besuchern zwar fast einhellig, es gebe jedoch verschiedene Auffassungen zur Präsenz von Religion in der Öffentlichkeit: Ein Teil sei der Ansicht, Religion sei grundsätzlich Privatsache und habe nichts im öffentlichen Leben zu suchen; ein anderer Teil sage, Religion gehöre zum Menschen und zu einer pluralistischen Gesellschaft dazu. "Mich persönlich stört es überhaupt nicht, wenn Religion in der Öffentlichkeit sichtbar ist. Das ist ganz klar in Artikel 18 der Menschenrechtserklärung formuliert, dass jeder seine Religion ausüben kann", so Herbst.
Auf die Frage, ob Religion überbewertet werde, antwortet Herbst: "Wenn Religiosität und eine Identifikation mit religiösen Symbolen gebraucht wird, um Wähler zu gewinnen und Identitätspolitik zu betreiben, dann wird Religion nicht überbewertet, aber missbraucht."