Geopolitisch will China seine Macht weiter ausweiten. Für die USA bleibt die wachsende Supermacht deshalb langfristig die größte Bedrohung. So benannte es jüngst auch der amerikanische Außenminister Antony Blinken.
Was sind die Kritikpunkte der USA?
Das Großmachtstreben Chinas ist den USA schon lange ein Dorn im Auge. Außenminister Antony Blinken hatte in einer Grundsatzrede Ende Mai China als "die langfristig größte Herausforderung für die internationale Ordnung" bezeichnet. Die globale Ordnung müsse verteidigt werden, so die Worte des Chef-Diplomaten – vor allem mit internationalen Verträgen und Abkommen. Das Land sei unter Präsident Xi Jinping "zu Hause repressiver und im Ausland aggressiver" geworden.
Kritikpunkt ist aktuell vor allem die Verschärfung des Konflikts um Taiwan, das China als Teil des eigenen Territoriums betrachtet. Die "Rhetorik" Chinas sei "zunehmend provokativ", sagte Blinken in seiner Grundsatzrede.
Kritikpunkt ist aktuell vor allem die Verschärfung des Konflikts um Taiwan, das China als Teil des eigenen Territoriums betrachtet. Die "Rhetorik" Chinas sei "zunehmend provokativ", sagte Blinken in seiner Grundsatzrede.
Was die Zusammenarbeit mit China auch erschwere, sei der Systemkonflikt, dessen Kern ideologisch sei, sagte Sebastian Heilmann, Leiter des Zentrums für Ostasien- und Pazifikstudien an der Universität Trier. Gegenüber stünden sich ein autoritäres System, das andere Ordnungsvorstellungen vertrete und westliche Demokratien, die dieses System in China nicht akzeptieren könnten. „Das läuft eindeutig auf eine Kalte-Kriegs-Situation zu und das wird auch wirtschaftlich Folgen haben.“
Wie reagieren die USA strategisch?
Als Reaktion auf den zunehmenden Druck aus China haben die USA unter Präsident Joe Biden ein neues Bündnis im indo-pazifischen Raum ins Leben gerufen – das sogenannte Quad, ein informelles Viererbündnis von USA, Indien, Japan und Australien. Den Bündnispartnern ist gemein, dass sie China als potenzielle Bedrohung ansehen. Ländern wie Japan und Indien gegenüber war China zuletzt sehr aggressiv aufgetreten. Auch Hongkong und der Druck auf Taiwan spielen dabei eine Rolle. Die aggressive Außenpolitik Chinas gegenüber Taiwan ist das offensichtlichste Element der imperialen chinesischen Politik – und das gefährlichste, meint Dlf-Sicherheitsexperte Marcus Pindur.
US-Präsident Biden setzt deshalb verstärkt auch auf Abschreckung – so auch im Falle Taiwans. Biden selbst hatte schon im vergangenen Jahr zugesagt, im Falle eines Angriffs militärische Unterstützung zu leisten; sein Stab ruderte allerdings zurück. So auch bei Bidens erneuter Ankündigung im Rahmen seiner Asien-Reise am 23. Mai in Tokio. Er sagte, man sei bereit, Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs militärisch zu verteidigen, bekräftigte am nächsten Tage aber auch, weiter an der langjährigen Politik der „strategischen Zweideutigkeit“ festhalten zu wollen.
Damit wird Taiwan zwar Unterstützung beim Aufbau der Verteidigungsfähigkeiten zugesichert, ein ausdrückliches Versprechen, die Insel im Falle eines Krieges militärisch zu unterstützen, gibt es dabei vonseiten der USA aber nicht. Die chinesische Regierung hatte ihre „starke Unzufriedenheit“ über die Bemerkungen Bidens geäußert. "Niemand sollte die starke Entschlossenheit, den festen Willen und die mächtigen Fähigkeiten des chinesischen Volkes unterschätzen", warnte Außenminister Wang Yi.
Politikwissenschaftler Heilmann wertet Bidens Äußerungen als Versuch, „die Abschreckung zu verstärken, ohne in konkrete Eskalationsrisiken reinzugehen, beispielsweise indem man amerikanische Truppen in Taiwan stationiert“.
Wie ist die Haltung Chinas?
China wertet die Intensivierung der Bündnisse der USA im ostasiatischen Raum als einen Versuch, China zu umzingeln. Aus der Sicht Chinas hätten die USA ihre Führungsrolle nur zum eigenen Interesse ausgenutzt und anderen Ländern, die auch emporkommen wollten, keine Luft zum Atmen gelassen, erklärte der Politikwissenschaftler Sebastian Heilmann.
Die Regierung in Peking hatte die jüngsten Vorwürfe aus den USA deshalb auch „strikt“ zurückgewiesen. Die Rede Blinkens verbreite falsche Informationen, übertreibe die chinesische Bedrohung, mische sich in Chinas innere Angelegenheiten ein und verleumde Chinas inländische und ausländische Politik, kritisierte Außenamtssprecher Wang Wenbin in seiner Stellungnahme. Blinkens Äußerungen zeigten einmal mehr, dass Washington "Chinas Entwicklung einschränken und unterdrücken sowie die Vormachtstellung der USA erhalten" wolle.
China kritisiert immer wieder, dass die USA eine weltweite Blockbildung betrieben und eine Kalte-Kriegs-Mentalität nährten. China wolle dementsprechend die Führungsrolle der USA, die seit 1991 eigentlich unangezweifelt war, infrage stellen und durch eine multipolare Ordnung ablösen, sagt Heilmann.
Wie reagiert China geopolitisch?
Dass China selbst aktiv Expansionspolitik betreibe, werde das Land immer verneinen, meint Politikwissenschaftler Heilmann. Territorialkonflikte gebe es aber immer wieder, wie im Südchinesischen Meer, wo China entgegen aller Versprechungen künstliche Inseln mit militärischen Einrichtungen baue oder eben gegenüber Taiwan „wo es natürlich um eine Wiedervereinigungsfrage geht.“ Der Druck auf Taiwan sei in Form von fünf Millionen Cyberattacken am Tag oder militärische Attacken im Luftraum mittlerweile auch sehr sichtbar.
Die chinesische Regierung schickt regelmäßig Flugzeuge in den Verteidigungsluftraum Taiwans, um den Anspruch auf die Insel zu untermauern und die taiwanische Luftwaffe unter Druck zu setzen.
Das Verteidigungsministerium in Taipeh hatte erst am Montagabend (30. Mai) mitgeteilt, dass 30 chinesische Flugzeuge in den sogenannten Verteidigungsluftraum von Taiwan eingedrungen seien. US-Außenminister Antony Blinken benannte die Aktion als Beispiel "zunehmend provokativer" Aktivitäten.
Kurz davor hatte die chinesische Behörde für maritime Sicherheit zudem neue Marine-Manöver im Südchinesischen Meer angekündigt. Die Manöver sollten knapp 25 Kilometer vor der Küste der südchinesischen Provinz Hainan stattfinden.
Welchen Einfluss hat der Ukraine-Krieg auf den Konflikt?
Der Krieg in der Ukraine habe die Lage noch einmal verschärft, so Experte Heilmann. Es gebe noch mehr Gegenpositionierung gegenüber dem Westen als vor dem Krieg.
Der Krieg habe aber auch in Ostasien die Frontstellung verschärft, weil befürchtet werde, dass China ähnlich wie Russland vorgehen könnte. China distanziert sich weiterhin nicht vom russischen Vorgehen in der Ukraine. Es könnte also bedeuten, dass China in Ostasien gegebenenfalls zu denselben Maßnahmen greifen könnte und zum Beispiel Taiwan gewaltsam einnimmt oder in Territorialkonflikten militärische Aktivitäten unternimmt.
Der Krieg habe aber auch in Ostasien die Frontstellung verschärft, weil befürchtet werde, dass China ähnlich wie Russland vorgehen könnte. China distanziert sich weiterhin nicht vom russischen Vorgehen in der Ukraine. Es könnte also bedeuten, dass China in Ostasien gegebenenfalls zu denselben Maßnahmen greifen könnte und zum Beispiel Taiwan gewaltsam einnimmt oder in Territorialkonflikten militärische Aktivitäten unternimmt.
Welche Rolle spielen aktuell wirtschaftliche Faktoren?
Bisher seien die US-Amerikaner sehr militär- und sicherheitsfixiert gewesen, so die Einschätzung des Politikwissenschaftlers Heilmann. Jetzt gebe es aber Bestrebungen, ein indo-pazifisches Wirtschaftsgefüge aufzubauen. Es sei der Versuch, Liefer- und Wertschöpfungsketten um China herum aufzubauen. Daran hätten auch viele Länder Interesse. Die wirtschaftliche Komponente sei also zu den sicherheitspolitischen Fragen hinzugetreten. „Es ist ein wirklicher Wettstreit.“ Dabei komme es auch darauf an, ob Amerika in sich stabil und in den nächsten Jahren handlungsfähig bleibe.
Auch China will seine wirtschaftlichen Interessen in der Region weiter ausbauen. Außenminister Wang warb kürzlich in pazifischen Inselstaaten wie den Salomonen und Fidschi für ein Kooperationsabkommen, das aber vorerst gescheitert ist. Berichten zufolge hatte China den Staaten millionenschwere Unterstützung, die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen und Zugang zu Chinas riesigem Markt angeboten. Im Gegenzug wollte China unter anderem an der Polizeiausbildung und dem Ausbau der Cybersicherheit der Staaten beteiligt werden sowie Zugang zu Bodenschätzen erlangen.
Von westlichen Staaten gab es daraufhin Kritik an dem Vorstoß Pekings. Die USA sprachen von "undurchsichtigen" Deals, auch Australiens neuer Premierminister Anthony Albanese warnte vor dem wachsenden Einfluss Chinas in der Region.
Quellen: dlf, afp, adpd, kho
Auch China will seine wirtschaftlichen Interessen in der Region weiter ausbauen. Außenminister Wang warb kürzlich in pazifischen Inselstaaten wie den Salomonen und Fidschi für ein Kooperationsabkommen, das aber vorerst gescheitert ist. Berichten zufolge hatte China den Staaten millionenschwere Unterstützung, die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen und Zugang zu Chinas riesigem Markt angeboten. Im Gegenzug wollte China unter anderem an der Polizeiausbildung und dem Ausbau der Cybersicherheit der Staaten beteiligt werden sowie Zugang zu Bodenschätzen erlangen.
Von westlichen Staaten gab es daraufhin Kritik an dem Vorstoß Pekings. Die USA sprachen von "undurchsichtigen" Deals, auch Australiens neuer Premierminister Anthony Albanese warnte vor dem wachsenden Einfluss Chinas in der Region.
Quellen: dlf, afp, adpd, kho