Der Konflikt um die Region Berg-Karabach schwelt seit Jahrzehnten. Auf der einen Seite steht das autoritär regierte Aserbaidschan, zu dem Berg-Karabach völkerrechtlich gehört. Auf der anderen Seite steht Armenien, das die Region kontrolliert.
Insbesondere seitdem sich der Konflikt wieder in kriegerischen Auseinandersetzungen zeigt, ist der Kampf um die Deutungshoheit in den Vordergrund gerückt und beide Seiten versuchen, über Social-Media-Aktivitäten oder auch Fernsehbilder die Stimmung in die eigene Richtung zu lenken.
Die Wirkung sei dabei natürlich schwierig zu messen, sagte Deutschlandfunk-Korrespondent Thielko Grieß, der aus Moskau berichtet. Das Ziel sei allerdings, dass "Parallelwelten erzeugt werden in den Echokammern. Die sind sehr wichtig tatsächlich auf verschiedenen Ebenen: Es fungieren als Sender ja die Ministerien und Behördensprecher auf allen ihnen relevanten Netzwerken rund um die Uhr."
Musik mit Militär-Begleitung
Besondere Aufmerksamkeit erzeugt derzeit ein Musikvideo: eine Sängerin und ein Sänger in Kampfkleidung nutzen choreografierte Bilder des aserbaidschanischen Militärs als Kulisse. Grieß erklärte im Medienmagazin @mediasres, dass es schon 2018 ein ähnliches populäres Video dieser Art gegeben habe.
Die Motive, die in diesem medialen Kampf gezeigt werden, sind altbekannt auch aus anderen Konflikten. "Es werden die eigenen Erfolge gezeigt, die Vernichtung des Gegners, die unterstellten Kriegsverbrechen an der eigenen Zivilbevölkerung", so Grieß.
"Es richtet sich in beide Richtungen – nach innen an die eigene Bevölkerung, aber auch an die Diaspora. Armenien ist durch verschiedene historische Umstände in verschiedenen Ländern mit einer sehr starken Diaspora vertreten. Das betrifft Frankreich, das betrifft auch Deutschlands, das betrifft insbesondere auch die Vereinigten Staaten, wo Millionen Armenier leben. Es gibt eine ganze Reihe von Prominenten, zum Beispiel Kim Kardashian, die sich auf die armenische Seite gestellt hat."
Schwierige Berichterstattung
Für ihn sei die Berichterstattung besonders herausfordernd, meinte Dlf-Korrespondent Thielko Grieß, da er keine Möglichkeit habe, in das Krisengebiet zu reisen – vor allem aufgrund der Einschränkungen in der Corona-Pandemie.
Er müsse das tun, was jetzt einige unabhängige russische Journalisten auch tun: "Die schicken Leute sowohl nach Armenien als auch nach Aserbaidschan und versuchen dort Stimmen und Stimmungen aufzunehmen und transportieren das dann nach Hause."