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Konflikt zwischen Klima und Gesundheit

Der Preis für Holzpellets entwickelt sich weitgehend unabhängig vom Gas- und Ölpreis. Deshalb haben sich in diesem Jahr viele für den Einbau einer Pelletheizung entschieden, zumal der Einbau von Pelletkesseln staatlich gefördert wird. Die kleinen Presslinge verbrennen nämlich kohlendioxidneutral, helfen also beim Klimaschutz. Und doch sind die Pelletheizungen in der Berliner Innenstadt unerwünscht.

Von Markus Rimmele |
    Es geht um ein Problem, das eigentlich noch gar nicht vorhanden ist. Das legen wenigstens die Zahlen nahe. Im Jahr 2004 pusteten die Deutschen 135.000 Tonnen Feinstaub in die Luft und zum Teil leider auch durch ihre Lungen. 45 Tonnen von diesen 135.000 stammen aus den Holzpelletheizungen, die es hierzulande gibt. Das macht gerade mal 0,03 Prozent, ist also zu vernachlässigen. Holzpellets gelten vielmehr als ökologisch wertvoll, weil sie nicht zum Treibhauseffekt beitragen. Und doch haben sie Feinde, etwa den Berliner Senat. Im Zentrum der Hauptstadt sind Holzpelletheizungen nicht erlaubt. Manfred Breitenkamp von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung:

    "Wir haben ein Vorranggebiet für die Luftreinhaltung ausgewiesen. Und danach sind neue Heizanlagen zur Verbrennung von festen Brennstoffen, und dazu gehören die Holzpellets, verboten. Was wir darüber hinaus tun können, ist, dass wir die Verwendung von solchen Holzpellets in bereits vorhandenen Einzelöfen zusätzlich untersagen können. Es kann nicht sein, dass wir in der hoch verdichteten Innenstadt uns zusätzliche Probleme bei der Luftbelastung schaffen und dann als Konsequenz am Ende aufgefordert werden, den Verkehr noch still zu legen."

    Innerhalb des S-Bahnrings dürfen also keine Holzpelletheizungen mehr eingebaut werden, weil sie die als Richtlinie eingeführten Emissionswerte von Öl nicht erreichen. Berlin hat wie viele Städte ein Feinstaubproblem und überschreitet immer wieder die vorgeschriebenen Grenzwerte. Somit besteht hier ein Zielkonflikt, wie Politiker das nennen. Einerseits fördert der Staat den Einbau von Pelletheizungen mit 1700 Euro wegen des Klimaschutzes. Andererseits verbieten staatliche Stellen just diese Heizungen, um die Luft rein zu halten und die Gesundheit der Bürger zu schützen. Was ist wichtiger? Klima oder Gesundheit? Joachim Fischer, der Geschäftsführer des Deutschen Energie-Pellet-Verbandes, fordert eine sachlichere Diskussion.

    "Es wird natürlich schon verkannt, dass es einen sehr großen technischen Fortschritt und auch einen sehr hohen technischen Standard gibt. Und das ist das, was uns eigentlich auch am meisten stört in dieser ganzen Diskussion, dass es so undifferenziert dargestellt wird, also alles so ein bisschen über den Kamm geschoren wird. Also da gibt es sogar ausgezeichnete Produkte, und man muss es eben halt auch zur Kenntnis nehmen, dass es einen unterschiedlichen technischen Standard gibt und dass man nicht pauschal sagen kann, die Holzheizung ist schlecht oder die Pelletheizung ist schlecht, sondern dass man schon sagen kann: Liebe Leute, passt auf, wenn ihr euch eine Anlage anschaut, dass ihr dann doch die Anlage euch anschafft, die von den Emissionswerten her besonders günstig ist."

    20 Milligramm Feinstaub pro Kubikmeter Abluft emittiert eine durchschnittliche Pelletheizung, so Fischer. Damit also noch ein Vielfaches von Ölheizungen. Aber viel weniger als Scheitholz oder Braunkohle etwa. In ländlichen Gebieten ist der Pelletwert kein Problem, in städtischen aber könnte er es werden, zumal immer mehr Verbraucher weg vom teuren Öl wollen. Ein Pelletboom könnte ihn verdichteten Gebieten die Luft verschlechtern. Uwe Lahl, Ministerialdirektor im Bundesumweltministerium, ist sich des Konfliktes zwischen Klima und Gesundheit bewusst. Das Verbot der Berliner Behörden findet er nachvollziehbar. Er will aber nicht aufgeben und setzt auf die Technologie, um die Emissionen bei Pelletheizungen etwa mit einem Filter zu senken. Und auf Gesetze. In zwei bis drei Jahren soll es eine neue Verordnung geben.

    " Wir werden keinen Filter vorschreiben, sondern wir schreiben vor, dass ein bestimmter Wert einzuhalten ist. Und dann ist es die Aufgabe des Marktes, der Ingenieure, diesen Wert zu unterschreiten. Und wenn das ohne Filter geht, sei’s drum. Wenn man den Filter braucht, dann wird man ihn bauen. Entscheidend wird der Wert sein, den wir festlegen. Aber man muss natürlich, wenn man den Wert festlegt, auch sicher sein, dass es Technologien dafür gibt. Und das ist im Augeblick in der Diskussion mit der Wirtschaft. Ich bin optimistisch, aber ich kann Ihnen heute nicht sagen: Ja, das gibt es."

    Unklar ist auch, wie nach einer Verschärfung der Emissionswerte mit den Altanlagen umgegangen würde, die die neuen Grenzwerte nicht erfüllen. Eventuell müssten sie nachgerüstet werden, was wiederum neue Kosten verursachen dürfte.
    In diesem Jahr hat sich die Anzahl neu eingebauter Holzpelletanlagen verdoppelt. Das Geschäft nimmt zu, die Diskussion auch.