Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg brachte mit einer parlamentarischen Anfrage Unruhe ins deutsch-chinesische Verhältnis. Das Thema: "Die Aktivitäten chinesischer Konfuzius-Institute an deutschen Hochschulen". In der Antwort des Bundesbildungsministeriums vom 25. November heißt es, die 19 Institute dienten als "wichtiger Akteur in der Soft Power-Politik Chinas" der "Diplomatie chinesischer Prägung". Brandenburg will das nicht länger hinnehmen.
"Was nicht in Ordnung ist: dass wir weiterhin mit deutschen Steuergeldern an den Hochschulen direkt der Kommunistischen Partei Chinas eine Plattform bieten, ihre Propaganda – politisch gesteuert – direkt auszubreiten. Das hat an deutschen Hochschulen nichts verloren", so FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg.
Finanziert von chinesischen und deutschen Institutionen
Der Status der Konfuzius-Institute ist außergewöhnlich. Nach Informationen der Bundesregierung stellt die chinesische Kulturorganisation "Han Ban" Geld, Dozenten und Lehrmaterial zur Verfügung. Deutsche Universitäten bieten die Infrastruktur, vor allem Räume. Die Institute sind in Deutschland eingetragene Vereine. Direktoren sind je ein deutscher und ein chinesischer Wissenschaftler. Für Ausstellungen oder Veranstaltungen beantragen die Institute Finanzmittel bei chinesischen und deutschen Institutionen.
Das erste Konfuzius-Institut in Deutschland gründeten 2006 deutsche und chinesische Wissenschaftler an der Freien Universität Berlin, der FU. Die deutsche Direktorin war bis Ende vergangenen Jahres die Sinologin Mechthild Leutner, emeritierte Professorin an der FU. Leutner bestreitet, dass die Institute von der Kommunistischen Partei Chinas gesteuert werden:
"Das ist inkorrekt. Das ist so nicht richtig. Unabhängig davon, dass wir eine eigenständige Vereinigung, ein gemeinnütziger Verein sind, unabhängig davon ist das Konfuzius-Institut-Headquarter, also das entsprechende Büro in Peking, dem Bildungsministerium unterstellt. Das hat mit dem Han Ban, das ist die Abteilung für die Verbreitung der chinesischen Sprache im Ausland, nichts zu tun. Das sind zwei Parallel-Abteilungen im Bildungsministerium."
"Da gibt es keine direkte Beziehung"
Auf ihrer Internetseite stellt sich die Kulturorganisation "Han Ban" als eine nachgeordnete Behörde des chinesischen Bildungsministeriums vor. Eine von 20 untergeordneten Abteilungen dient den Konfuzius-Instituten in Europa. Hauptaufgabe des Instituts sei, die chinesische Sprache zu verbreiten. Dagegen schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Jens Brandenburgs Anfrage, Han Ban sei "dem Zentralen Propaganda-Department der Kommunistischen Partei Chinas unterstellt".
In welcher Beziehung steht also das Konfuzius-Institut an der FU Berlin zur Kommunistischen Partei Chinas? Professorin Mechthild Leutner antwortet: "Da gibt es keine direkte Beziehung."
Was unterscheidet dann die Konfuzius-Institute in der Praxis von den deutschen Kulturinstituten im Ausland, den Goethe-Instituten? Die Konfuzius-Institute sind an Universitäten angesiedelt. Darüber hinaus meint der FDP-Abgeordnete Brandenburg:
"Der Hauptunterschied ist, dass die Konfuzius-Institute auch politisch direkt gesteuert werden von der Kommunistischen Partei und man beispielsweise über die Tibet-Frage an diesen Instituten gar nicht erst diskutieren darf. Eine solche politische Einflussnahme und Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit – das ist wirklich einzigartig. Das gibt es bei den anderen Instituten nicht."
Auf dem Programm des Instituts an der FU stehen außer Sprachkursen Lesungen, Vorträge und Konzerte. Umstrittene Themen wie die Lage in Tibet, das Verhältnis zu Taiwan, Datenschutz in China oder die Menschenrechte der Uiguren kommen nicht vor.
"Dahinter versteckt sich aber eine eiskalte Propaganda des chinesischen Regimes, die eine, wie uns die Bundesregierung bestätigt hat, eine direkte Einflussnahme auf Lehrmaterialien, auch auf die Art der Veranstaltungen und Unterrichtsinhalte ausüben."
Zensur des Programms?
Aber die langjährige Direktorin des Konfuzius-Instituts an der Freien Universität Berlin, Mechthild Leutner, widerspricht auch hier: "Nein, das muss ich hier zurückweisen. Das gibt es nicht. Es gibt hier Freiheit von Lehre und Forschung."
Wird das Programm der Konfuzius-Institute von China aus zensiert? "Für Deutschland ist mir da nichts bekannt. Also ich weiß auch nicht, wie so etwas gehen soll. Wir haben hier selbstbewusste, hoch qualifizierte Lehrkräfte und Direktoren von der Peking Universität und aus China insgesamt. Also wie das passieren soll, ist mir schleierhaft."
Jens Brandenburg von der FDP beruft sich auf die Antworten der Bundesregierung auf seine parlamentarische Anfrage. Darin heißt es, die Konfuzius-Institute sollten nach dem Willen der chinesischen Regierung dem "Aufbau einer sozialistischen Kultur" dienen. "Die haben einen ganz klaren Auftrag zum Beispiel zum Aufbau einer sozialistischen Kultur im Ausland. Das sind also nicht nur Sprachlehrer, sondern auch politische Agenten, die das chinesische Bild des Regimes dort im Ausland verbreiten sollten."
Die Sinologin Mechthild Leutner hält auch diesen Vorwurf für falsch: "Es ist natürlich insgesamt eine Politik der chinesischen Regierung sozusagen, speziell eine sozialistische, speziell chinesische Gesellschaft aufzubauen. Da mag jemand auch davon gesprochen haben. Aber wir sind ein deutsch-chinesisches Institut, und wir verfolgen eben die Ziele, die wir für richtig halten."
Und welche sind das? Mechthild Leutner erklärt, die Konfuzius-Institute dienten dem Austausch, der Kooperation und auch einem kritischen Dialog zwischen Chinesen und Deutschen.