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Kongo
Ebola-Krise ist noch nicht vorbei

Der weltweit zweitschwerste Ebola-Ausbruch im Kongo gilt als weitgehend besiegt. Im betroffenen Konfliktgebiet mussten Mediziner nicht nur gegen die Krankheit kämpfen, sondern auch gegen bewaffnete Rebellen, Vorurteile der Bevölkerung und eigene Fehler. Der hart errungene Erfolg steht auf der Kippe.

Von Bettina Rühl und Marc Engelhardt |
Eine Psychologin legt im Ebola-Behandlungszentrum CTE ALIMA BENI Schutzkleidung an. Seit einem Jahr wütet die Seuche Ebola im Osten des Kongos.
Ebola konnte im Kongo besiegt werden. Auf einen Ausbruch von COVID-19 sei das Land jedoch nicht gut vorbereitet, sagen Experten. (dpa / picture alliance / Kitsa Musayi)
Angehörige von Ebola-Kranken tanzen in der Quarantäne. Ein Fernsehteam der Weltgesundheitsorganisation WHO ist dabei. Es ist Mitte Februar. In Beni, einem der Hotspots des Ebola-Ausbruchs in der Demokratischen Republik Kongo, werden damals schon nur noch wenige behandelt. Gut zwei Wochen später, am 3. März, wird eine Frau namens Masiko aus dem Ebola-Zentrum in Beni entlassen. Sie ist die vorläufig letzte Ebola-Patientin im Ost-Kongo, wie wenige Tage später der Vize-Generaldirektor der WHO, Ibrahima Socé Fall, erklärt:
"Die WHO empfiehlt, nach dem letzten negativen Test 42 Tage zu warten, das ist die doppelte Inkubationszeit. Dann kann offiziell das Ende des Ausbruchs erklärt werden."
Am Karfreitag wurde ein neuer Ebola-Fall bekannt. Dennoch gilt das Virus als weitgehend besiegt, mehr als 20 Monate nach seinem Ausbruch. Für tausende Ärzte, Pfleger und Angestellte ein Grund zum Feiern. Auch für WHO-Sprecherin Margaret Harris, die selbst Monate im Osten Kongos verbracht hat.
Nach Ebola würden viele Helfer im Kongo gern die Schutzkleidung ein- für allemal ablegen. Danach sieht es aber angesichts des Coronavirus nicht aus.
Nach Ebola würden viele Helfer im Kongo gern die Schutzkleidung ein- für allemal ablegen. Danach sieht es aber angesichts des Coronavirus nicht aus. (imago / Sally Hayden)
"Ich spüre große Freude, aber klopfe auch auf Holz. Lass' es wirklich die Letzte sein, die in einem Ebola-Zentrum im Ost-Kongo leben musste."
Im Ost-Kongo kann auch die Bevölkerung das offizielle Ende der Epidemie kaum erwarten. Pascal Mapenzi Muhindo leitet den privaten Sender "Radio Moto" in Beni. Er und seine Kollegen waren während der Epidemie ständig im Einsatz, um die Bevölkerung über das Virus und die Maßnahmen der Ärzte aufzuklären, die Kranke in spezielle Behandlungszentren brachten, Kontaktpersonen suchten und auch diese isolierten.
"Ebola hat uns fast zwei Jahre lang in Angst versetzt. Jetzt sind wir sehr erleichtert. Das ist ein Erfolg von allen lokalen und internationalen Helfern, die gegen das Ebola-Virus gekämpft haben. Viele Menschen sind gestorben. Wir haben viele Angehörige verloren, aber jetzt ist unsere Freude groß."
Der Tod bleibt eine ständige Gefahr
Aber sie ist auch getrübt. Denn der Tod bleibt eine ständige Gefahr. Die wenigen Gesundheitszentren sind für die meisten Menschen unerreichbar. Eine Masernepidemie ist weiterhin nicht unter Kontrolle, allein im vergangenen Jahr hat sie mehr als 6.000 Opfer gefordert – weit mehr als die Ebola-Epidemie. Und seit Jahrzehnten kämpfen dutzende bewaffnete Gruppen in der Region, greifen die Menschen in ihren Dörfern immer wieder an - Hunger ist eine der Folgen.
Nach Ebola würden viele Helfer im Kongo gern die Schutzkleidung ein- für allemal ablegen. Danach sieht es aber angesichts des Coronavirus nicht aus.
Ebola und SARS-CoV-2: Kongo, ein Land zwischen zwei Viren
Der Kongo hat Ebola fast besiegt. Doch während das eine Virus mittlerweile unter Kontrolle scheint, verbreitet sich das nächste: SARS-CoV-2. Hilfsorganisationen stehen vor der Herausforderung, ihre Mittel gut zu verteilen. Denn das Gesundheitssystem im Kongo ist noch immer schwach.
"Wir leben also immer noch in großer Angst. Viele Dörfer sind menschenleer, die Bewohner sind geflohen. Dörfer und Gesundheitszentren sind wegen der Konflikte geschlossen, tausende Flüchtlinge leben in überfüllten Klassenzimmern oder bei Gastfamilien. Wir können unsere Felder nicht mehr bestellen, aus Angst vor den bewaffneten Gruppen, sie haben unsere Felder besetzt", sagt Pascal Mapenzi.
Es ist der 1. August 2018, als Ebola nicht weit von Beni entfernt ausbricht. Heute, 20 Monate später, sind fast 3500 Kongolesen mit dem Fieber infiziert gewesen, das die inneren Organe in blutiges Gewebe verwandelt. 2264 sind gestorben, 1169 geheilt worden. Für Ebola ist das eine gute Quote. Zumal 300.000 Impfungen viele weitere Infektionen verhindert haben dürften in dieser zweitschwersten Ebola-Epidemie aller Zeiten, nach der in Westafrika wenige Jahre zuvor. Bei Ausbruch der Epidemie im zentralafrikanischen Kongo werden binnen weniger Tage Ärzte, Geräte und Medikamente in einen der entlegensten Winkel des Landes geflogen.
Instabilität erschwert den Kampf gegen Ebola
Kurz nach dem Eintreffen der ersten Hilfslieferungen landet WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Beni, wo die WHO ihr erstes Behandlungszentrum eröffnet hat. Tedros will Flagge zeigen und die Welt auf einen besonders schweren Kampf einschwören:
"Diese Region ist instabil, die Bevölkerungsdichte ist hoch und die Menschen sind ständig in Bewegung. Wir werden deshalb eine robuste Antwort auf diese Krise brauchen."
Die Bekämpfung einer Epidemie mitten in einem Bürgerkriegsgebiet ist für alle Helfer Neuland. Trish Newport, die den Einsatz von Ärzte ohne Grenzen vor Ort Monate lang leitet, erinnert sich an die ersten Wochen:
"Alle, vom Gesundheitsministerium bis hin zu uns, haben sich verhalten wie in einer Krisenreaktion. Wir hatten keine Zeit, mit der Bevölkerung zu sprechen. Hunderte Einsatzkräfte wurden in den Kongo entsandt, es wurden Behandlungszentren eingerichtet. Die Menschen vor Ort wurden allerdings kaum einbezogen."
Warum Schutzmaßnahmen wie Händewaschen wichtig sind, das wissen im kongolesischen Beni viele Kinder nach der Ebola-Epidemie
Warum Schutzmaßnahmen wie Händewaschen wichtig sind, das wissen im kongolesischen Beni viele Kinder nach der Ebola-Epidemie (imago / Sally Hayden)
Anders als bei früheren Ebola-Ausbrüchen in Westafrika oder dem Westen Kongos haben die Ärzte jetzt im Osten von Anfang an einen Impfstoff im Einsatz, der zwar noch nicht zugelassen ist, sich aber als hoch wirksam herausstellt. Weil der Impfstoff mit lebenden Ebola-Erregern bei minus 80 Grad gelagert werden muss, wird er unmittelbar vor jeder Impfkampagne von der WHO-Zentrale in Genf frisch eingeflogen. Über die Verteilung des knappen Impfstoffs entwickelt sich schnell ein Streit zwischen der WHO und Hilfsorganisationen. Die Dosen hätten nicht gereicht und seien nicht gerecht verteilt worden, kritisiert etwa Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen in Österreich:
"Das war nicht transparent. Es ist bis heute nicht bekannt, wie viele Dosen in den Kühlschränken lagerten. Die Zuordnung, die Zuteilung, die Priorisierung der Impfstoffdosen war ein opakes System. Und da hätte es einer breiteren Plattform bedurft, um das wirklich zum maximalen Nutzen der betroffenen Bevölkerung zu verteilen."
Experimentelle Wirkstoffe kommen zum Einsatz
Unstrittiger ist die Behandlung der Erkrankten mit experimentellen Wirkstoffen, die wenige Wochen nach dem Ausbruch zur Verfügung stehen. William Fischer überwachte für die WHO den Einsatz der Medikamente, deren Wirkungen damals noch nicht erwiesen sind:
"Ich gehe mit gemischten Gefühlen in die Ebola-Behandlungszentren, um eines dieser Mittel einzusetzen. Einerseits ist man nervös, denn noch nicht viele Menschen sind damit behandelt worden. Andererseits sind da auch Hoffnung und ein bisschen Aufregung dabei, denn es ist das erste Mal, dass wir überhaupt etwas haben, dass wir direkt gegen das Virus einsetzen können."
Zwei Wirkstoffe setzen sich schließlich durch. Doch trotz der neuen medizinischen Mittel breitet sich das Ebola-Fieber aus. Im September 2018 erreicht das Virus die Großstadt Butembo. Die Angst, Fälle von hier aus nicht mehr nachverfolgen zu können, macht sich breit. WHO-Vize Socé Fall warnt:
"Butembo ist der neue Hotspot. Unsere Reaktion muss jetzt schnell und robust sein, mit einer Kombination all unserer Maßnahmen und einer starken Mobilisierung der Bewohner, um diesen Gefahrenherd einzudämmen."
Doch die Mobilisierung der Bevölkerung ist ein Problem. Sie ist anfangs misstrauisch, schlägt die Verhaltensregeln der Regierung zum Schutz vor dem Virus in den Wind. Den Helfern aus dem Ausland und anderen Teilen Kongos steht sie sogar feindselig gegenüber, der kongolesischen Regierung sowieso. Radiojournalist Pascal Mapenzi hat bis heute ein gewisses Verständnis dafür:
"Als die Hilfe anlief, sahen wir viele weiße Helfer aus aller Welt kommen. Die Leute haben sich gefragt: Warum kommen die plötzlich alle? Wir leiden seit Jahren unter den Konflikten, aber noch nie sind so viele Menschen gekommen, um uns zu helfen. Was steckt wirklich hinter dieser Geschichte?"
Die einen glaubten nicht, dass es das Virus wirklich gebe. Die anderen waren davon überzeugt, dass es die Weißen vorsätzlich importiert hätten.
"Die Leute haben gesagt: Sie haben es nicht geschafft, uns durch diese Kriege auszulöschen, jetzt probieren sie es auf einem anderen Weg. Andere sprachen vom Geschäft mit Ebola, sie sagten: Das haben die Weißen in die Welt gesetzt, um sich auf dem Rücken der Kongolesen zu bereichern. Das hat den Widerstand in der Bevölkerung geschürt", so Mapenzi.
Malaria und Cholera sind viel größere Probleme vor Ort
Denn natürlich fiel den Kongolesen auf, dass Krankheiten, an denen viel mehr Menschen starben, kaum beachtet wurden: Malaria und Cholera etwa, die allerdings nur Afrika, aber nicht den Rest der Welt bedrohen. Heute räumen die ausländischen Helfer Fehler ein. Der Österreicher Marcus Bachmann, der für Ärzte ohne Grenzen drei Monate lang die Arbeit von gut 1.000 Einsatzkräften im Ebola-Gebiet koordinierte, nennt als Beispiel die Masernepidemie, die zeitgleich mit dem Ebola-Ausbruch stattfand:
"In der Wahrnehmung der betroffenen Menschen in Dörfern und Städten waren Masern die allergrößte Priorität, die Bekämpfung von Masern und die Behandlung von an Masern erkrankten Kindern, die Impfung von Kindern. Aber in der Wahrnehmung und auch in der Bekämpfung in der Mittel- und Ressourcenzuordnung war Masern komplett untergeordnet, fast unsichtbar."
Bachmanns Kollegin Trish Newport erinnert sich, wie sie eine kongolesische Kollegin fragte, warum die Bevölkerung dem Ebola-Einsatz so skeptisch gegenüber stand:
"Sie sagte: Trish, mein Mann wurde bei einem Massaker in Beni ermordet, und niemand kam, um uns zu schützen. Zwei meiner Kinder sind an Malaria gestorben, weil es keine Behandlung gab. Keine Organisation hat uns Medikamente gegen die Krankheiten gebracht, die uns umbringen. Und jetzt ist Ebola da, ein globales Gesundheitsrisiko. Und da kommen alle mit viel Geld. Aber Ebola ist eure Priorität, nicht unsere."
Brennender Kontäner auf dem UNO-Stützpunkt in der Stadt Beni im Osten des Kongos. 
Auf dem UNO-Stützpunkt in der Stadt Beni in Osten Kongos kam es zu Ausschreitungen von Demonstranten. . (AFP/ALBERT KAMBALE)
Ärzte ohne Grenzen reagiert. Im ersten Einsatzjahr im Ost-Kongo fließen letztendlich 30 Millionen Euro in die Ebola-Bekämpfung, gleichzeitig aber fast fünf Mal so viel in die allgemeine Gesundheitsversorgung. Auch das UN-Kinderhilfswerk UNICEF, das zeitweise seine Masernimpfungen wegen Ebola ausgesetzt hatte, steuert um, wie Landesdirektor Edouard Beigbeder später erklärt:
"Wir haben Teams für die empirische Sozialforschung gegründet, die im engen Kontakt mit der Bevölkerung waren, um die Widerstände zu verstehen und Lösungen zu finden. Nach deren Erkenntnissen haben wir unsere Programme dann ausgerichtet."
Zu diesem Verständnis kann Yves Kalwira viel beitragen. Er lebt in Goma, der Metropole im Osten des Kongo, und arbeitet für die internationale Organisation Search for Common Ground. Sie bemüht sich, Lösungen für Konflikte zu finden. Während der Epidemie ist Kalwira regelmäßig in den Ebola-Gebieten. Viele Verhaltensanweisungen hätten im Gegensatz zur Kultur der Menschen gestanden.
"Jeder weiß eigentlich, dass sich nach dem Tod eines Menschen die ganze Familie versammeln muss, je nach Kultur der Volksgruppe dauert die Trauerfeier bis zu einer Woche. So viel Zeit ist nötig, damit auch die Angehörigen anreisen können, die von weiter her kommen. Und nun waren die Menschen plötzlich gezwungen, ihre Toten unter bestimmten Sicherheitsvorschriften zu bestatten. Das führte dazu, dass viele Angehörige nicht teilnehmen konnten", sagt Kalwira.
Zunehmende Gewalt
Auch die Totenwaschung, für die meisten Menschen im Kongo ein wichtiges Element des rituellen Abschieds, ist plötzlich verboten, um die Ansteckung der Angehörigen zu vermeiden. Gerade dieses Verbot schürt viel Widerstand. Außerdem gibt es ganz einfach Kommunikationsprobleme, erklärt Radiojournalist Pascal Mapenzi:
"Sie schickten Leute aus der Hauptstadt Kinshasa und aus dem Westen des Landes, die schon Erfahrungen mit Ebola hatten. Aber diese Helfer sprachen nur Lingala oder Französisch, die Bevölkerung im Osten verstand sie nicht. Und die Weißen konnten oft nur Englisch. Diejenigen, die an vorderster Front gegen Ebola kämpften, konnten sich also mit der Bevölkerung nicht verständigen."
2019 wird dann ein schwarzes Jahr für diejenigen, die im Ost-Kongo gegen Ebola kämpfen. Das größte Problem ist die zunehmende Gewalt. Im Februar brennen Unbekannte Ebola-Behandlungszentren von Ärzte ohne Grenzen in Katwa und Butembo nieder, ein Mann kommt ums Leben. Zwei WHO-Einrichtungen werden im November überfallen, vier Helfer werden getötet. Margaret Harris kannte eine der Einrichtungen gut:
"Ich war oft in diesem Camp, wir hatten es extra in der Nähe eines Ausbruchsherds errichtet, um näher bei den Menschen zu sein und gemeinsam mit ihnen zu helfen. Wir wollten nicht als Außenseiter wahrgenommen werden. Als dieses Lager nachts gestürmt wurde und zeitgleich ein anderes WHO-Büro, da schien es, als bräche alles auseinander, worum wir uns bei der gemeinschaftlichen Ebola-Reaktion so bemüht hatten."
Helfer in Schutzkleidung in einem Ebola-Behandlungszentrum in Beni in der Demokratischen Republik Kongo
Helfer in Schutzkleidung in einem Ebola-Behandlungszentrum in der Demokratischen Republik Kongo: Hoffentlich gehört das nun der Vergangenheit an (AP/ Al-hadji Kudra Maliro)
Wer genau hinter den Überfällen steckt, ist bis heute ungeklärt. Harris glaubt nicht, dass die Täter aus der Mitte der Bevölkerung kamen. In Frage kommen viele. Mindestens fünf Rebellengruppen mit Basen in drei Ländern, diverse Milizen, die kongolesische Armee und die UN-Blauhelmmission Monusco liefern sich Ende 2019 Gefechte. Mehr als 300.000 Menschen aus der Ebola-Region ergreifen die Flucht. Und die Wut wächst.
Ende November eskaliert die Lage. Nach Anschlägen einer islamistischen Rebellengruppe setzen Demonstranten in Beni den UN-Stützpunkt und das Rathaus in Brand. Die kongolesische Armee erschießt vier Demonstranten. Daraufhin protestieren in der Millionenstadt Goma hunderte Studenten gegen den UN-Einsatz an der Seite der Armee. Espoir Ngalukiye von der Organisation Lucha wirft der UN-Blauhelmmission Monusco Untätigkeit vor:
"Monusco muss sich entscheiden: Entweder muss sie die Bevölkerung schützen oder abhauen. Monusco hat den Auftrag, gegen alle negativen Elemente vorzugehen, aber wenn sie das nicht tut, muss sie abziehen, denn wir brauchen Frieden. Was wir nicht brauchen, ist eine Blauhelmtruppe, die die Armee unterstützt, die sich nur um die Eliten und nicht um die Zivilbevölkerung im Kongo schert."
Überlebende können Virus im Körper tragen
In dieser Lage den Kampf gegen Ebola fortzusetzen, erscheint nahezu unmöglich. Zwar sinken die Fallzahlen gegen Ende des Jahres. Doch ganze Regionen sind für die Helfer unzugänglich, beklagt noch im Dezember Michel Yao von der WHO:
"In den letzten drei Wochen hatten wir nicht mehr als zehn neue Infektionen, und dort müssten wir jetzt hin, um die Epidemie zu beenden. Aber leider sind das Gebiete, in denen wir große Sicherheitsprobleme haben."
Dass jetzt, vier Monate später, das Ende der Ebola-Epidemie bevorsteht, scheint ein kleines Wunder. Zu verdanken ist es vor allem tausenden überwiegend kongolesischen Hilfskräften, die den Kampf gegen die Epidemie unter Lebensgefahr fortsetzten. Und Kampf ist durchaus wörtlich gemeint. Seit Beginn der Ebola-Epidemie gab es den Vereinten Nationen zufolge 420 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen. Elf Ärzte und Patienten wurden getötet, 86 verletzt.
"Das war eine der anstrengendsten Zeiten meines Lebens. Natürlich bin ich glücklich, dass die Ebola-Epidemie im Kongo vorbei ist. Aber jetzt bin ich sehr beunruhigt wegen Covid-19. Denn das Land ist nicht gut darauf vorbereitet, diesen nächste Herausforderung in Angriff zu nehmen. Es fehlt an Material, an Logistik, wie im Übrigen in den meisten afrikanischen Ländern", meint Yves Kalwira von Search for Common Ground.
Und schon zeichnet sich die nächste Herausforderung ab: Vereinzelte Covid-19-Erkrankungen wurden bereits aus der Ebola-Region im Osten des Kongo gemeldet. UNICEF-Chef Beigbeder ist etwas optimistischer als Kalwira. Er glaubt dass die Bevölkerung in der Ebola-Region besser auf das Coronavirus vorbereitet ist, als im Rest des Landes:
"Sie haben Vorräte an Schutzkleidung, die für Ebola ganz ähnlich ist, und es gab eine Massenkampagne für mehr Handhygiene. Und viele vernetzte Organisationen sind noch im Osten des Landes vor Ort."
Trotzdem ist das Gesundheitssystem weiterhin so schwach, dass jedes fünfte Kind nicht geimpft wird. Eine reine Corona-Bekämpfung wäre deshalb falsch. Und auch die Ebola-Krise sei noch nicht ganz vorbei, warnt Margaret Harris von der WHO:
"Das ist jetzt die wichtigste Phase, denn wir haben sehr viele Überlebende. Und die könnten das Virus noch im Körper tragen, so dass sie Pflege brauchen und Beobachtung. Im Samen etwa bleibt der Erreger noch bis zu sechs Monate aktiv, deshalb muss man aufpassen, dass Überlebende keine neue Übertragung auslösen."
Für diese wichtige Aufgabe allerdings fehlen der WHO und Hilfsorganisationen derzeit noch Geld. Mittel fließen aktuell vor allem in die Corona-Bekämpfung. Der in den letzten 20 Monaten so hart errungene Erfolg im Kongo steht deshalb auf der Kippe.