Ein paar junge Frauen streifen durch den dichten Busch - auf der Suche nach Feuerholz. In großen Bündeln schleppen sie die Äste auf dem Rücken über die staubige Straße in ihr verstecktes Dorf. Zwischen den einfachen Lehmhütten hält ein Geländewagen: Ein Expertenteam ist gekommen, um die Menschen über die Ebola-Epidemie zu informieren, die in der Region Mulekera wütet.
"Einige Leute haben schon verstanden, dass es die Seuche gibt. Aber gerade in den Dörfern werden viele das niemals glauben. Wenn wir Ihnen sagen, lasst Euch impfen, bewerfen sie uns oft mit Steinen oder schlagen uns. Dann geben wir auf und fahren zurück. Unsere Arbeit ist wirklich schwierig."
Avie Mbusa war selbst mit Ebola infiziert und hat mit viel Glück überlebt. Jetzt ist der 22-jährige für UNICEF unterwegs, um seine Landsleute aufzuklären. Aber die sind nicht so leicht zu überzeugen, wie Bertrant aus der Stadt Beni:
"Ich persönlich habe noch keinen einzigen Ebola-Fall gesehen. Sie sagen, dass hier in der Stadt Dutzende Menschen sterben. Das ist einfach nicht wahr, hier ist gar nichts. Die bringen Leute mit ein bisschen Fieber ins Krankenhaus und auf einmal sind sie tot. Wir verstehen das nicht."
Ebola als politisches Werkzeug
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat es bisher noch nie einen Ebola-Ausbruch gegeben. Die Regierung warnt vor der Ansteckungsgefahr. Aber der vertraut in der Region kaum jemand, in der Dutzende Milizen seit langem die Bevölkerung brutal terrorisieren - weitgehend ungehindert.
"In den sozialen Netzwerken und auch in anderen Medien sind Anschuldigungen gegen die Zentralregierung und verschiedene Gruppen aufgetaucht. Unter anderem, dass Ebola als politisches Werkzeug benutzt wird." Sagt Peter Salama von der Weltgesundheitsorganisation.
Genau das ist vor den Wahlen Ende Dezember auch geschehen, an denen die Oppositionshochburgen im Ebola-Gebiet nicht teilnehmen durften. Noch gefährlicher sind die Gerüchte über die erstmals eingesetzten Medikamente und den Impfstoff gegen das Virus.
"Viele verweigern die Impfung, weil alles Mögliche darüber erzählt wird. Die Leute sagen, dass der Impfstoff unfruchtbar macht oder dich vielleicht sogar tötet." Erklärt Henry Maneno, der in einem Impfteam arbeitet.
Online findet man Verschwörungstheorien, dass Ebola absichtlich verbreitet wurde, um die Pharmaindustrie reich zu machen. Oder dass genügend Vitamin C die Seuche kuriert. Ebola bekämpfen heißt zunächst einmal, die wilden Spekulationen bekämpfen - und die Angst.
Informationsoffensive gegen das Misstrauen
"Wir arbeiten mit den ganzen Gemeinden. Zum einen mit technischen Mitteln der Massenkommunikation, zum anderen, indem Helfer von Haus zu Haus gehen und die Gemeindemitglieder selbst mobilisieren." So Peter Salama. Die Informationsoffensive von internationalen Helfern und der kongolesischen Regierung ist zum ersten Mal Teil der Ebolabekämpfung. Das Team sammelt zunächst die kursierenden Gerüchte, erklärt Ombretta Baggio von der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung.
"Wenn Familien darüber reden, dass Ebola kein Virus ist, sondern Hexerei, müssen wir dagegen angehen. Oder wenn sie denken, dass Desinfektion das Virus noch weiter verbreitet, dann müssen wir diese Information angreifen."
Internetvideos wie dieses sind Teil der Aufklärungskampagne. Die echten Informationen werden über dieselben Kanäle verbreitet wie die Gerüchte - soziale Netzwerke, das Internet und die Medien.
Die Geschichte des Ebola-Virus - der Zeichentrickfilm erklärt auf Lingala, wie die Krankheit sich verbreitet und wie man sich schützt. Auch neue Behandlungsmethoden helfen, ohne die angsteinflößenden Schutzanzüge.
"Ihretwegen müssen wir spezielle Verfahren bei der Pflege einhalten, weil es so lange dauert, sie anzuziehen und sie auch die Bewegungsfreiheit behindern. Sie schränken auch unseren Kontakt mit den Patienten ein, weil sie unsere Gesichter nicht sehen können." Erklärt Emmanuel Berbain von Ärzte ohne Grenzen.
In Beni wird stattdessen der CUBE eingesetzt, oder auf Deutsch: Würfel. Ein Minikrankenzimmer aus durchsichtigem Plastik. Ärzte und Pfleger können die Patienten durch eingebaute Handschuhe erreichen. Oummani Rouafi von der senegalesischen Organisation ALIMA, die den CUBE entwickelt hat:
"Das ermöglicht eine Behandlung mit mehr Kontakt. Außerdem haben auch die Angehörigen einen besseren Zugang zu den Patienten. Sie können bei ihnen sein, wie es mit den Anzügen, die wir vorher hatten, nicht möglich war."
Das schafft Vertrauen - und das ist bitter nötig im Ostkongo. Damit wütende politische Demonstranten nicht noch einmal ein Ebola-Behandlungszentrum niederbrennen wie in Beni. Und damit erboste Angehörige nicht wieder Helfer attackieren, die ein Ebola-Opfer sicher beerdigen wollen - wie es immer wieder geschieht.
Immerhin: Nach einem Angriff in Butembo haben die Täter den gestohlenen Sarg später zurückgebracht, sich bei den verletzten Helfern entschuldigt und sich anschließend sogar von ihnen gegen Ebola impfen lassen. Ein gutes Zeichen, dass die Informationskampagne beginnt, Wirkung zu zeigen.