Wer an Blümchen und Bestäubung denkt, denkt auch an Bienchen. Und zwar in den allermeisten Fällen an Honigbienen, also jene Bienenart, die in der Obhut von Imkern große Völker bildet. Doch wenn es um Artenschutz geht, greife das zu kurz, sagt Jonas Geldmann:
"Es ist nichts daran auszusetzen, sich um Bienen Sorgen zu machen. Es ist aber falsch, sich nur um die Honigbiene zu sorgen. Die ist wichtig für die Landwirtschaft. Für die Natur aber spielt sie keine so große Rolle. Honigbienen sind vielmehr Nutztiere, die nur auf landwirtschaftlichen Flächen Sinn ergeben."
Der Biologe von der Universität im englischen Cambridge weist darauf hin, dass intensive Landwirtschaft mit großen Monokulturen und Pestizid-Einsatz zwar auch Honigbienen zusetzen. Doch weil Imker sie umsorgen, geht es Honigbienen grundsätzlich gut. In Deutschland zum Beispiel wächst die Zahl der Bienenvölker seit ein paar Jahren kontinuierlich, weil wieder mehr Menschen imkern.
Wildbienen oft viel weniger effizient
Der Honigbiene gehe es sogar so gut, dass sie unter Umständen anderen Bestäubern Schwierigkeiten bereiten kann, findet Jonas Geldmann:
"Honigbienen sind sehr effizient. Darum können sie so große Kolonien bilden. Sie fliegen bis zu zehn Kilometer aus, wenn sie Nahrung suchen. Und sie können ihren Nestgenossinnen sehr effektiv mitteilen, wo gute Nahrungsquellen zu finden sind. Dort treffen dann sehr rasch sehr viele Honigbienen ein. In natürlichen Lebensräumen treten sie auf diese Weise in direkte Konkurrenz mit wilden Bestäubern."
Anders als die Honigbiene sind viele Wildbienen auf Pollen von Pflanzen einer bestimmten Gattung oder sogar einer einzigen Art angewiesen, um ihre Nachkommen aufzuziehen. Die Honigbienen fressen ihren wilden Verwandten aber Nektar und Pollen weg. Außerdem könnten Honigbienen Krankheitserreger auf ihre wilden Verwandten übertragen und die Populationen zusätzlich schwächen.
"Honigbienen sind nah mit Wildbienenarten verwandt. Wenn sie dieselben Blüten anfliegen, können sie Krankheitserreger übertragen. "
"In natürlichen Biotopen haben Honigbienen nichts zu suchen"
Wenn Feldfrüchte wie der Raps blühen und Imker mit ihren Völkern dorthin wandern, um den Raps zu bestäuben und Honig zu produzieren, dann sei das natürlich in Ordnung. Im Sommer aber, wenn die großen Trachten verblüht sind, sollten Imker bei der Platzierung ihrer Völker Rücksicht auf wilde Bestäuber nehmen, sagt Jonas Geldmann:
"In natürlichen Biotopen – also auf geschützten Flächen, aber auch auf manchen ungeschützten Flächen mit hohem ökologischen Wert und ohne Landwirtschaft – haben Honigbienen nichts zu suchen."
Ähnlich sieht es Otto Boecking. Der Biologe vom Institut für Bienenkunde in Celle ist Experte für Wildbienen. Allerdings hält er die Forderung wegen der zerstückelten Landschaft in Deutschland für schwer umsetzbar:
"Wir haben so eine Kleingliedrigkeit, dass eben auch die praktische Frage relevant wird: Wie kann ich es überhaupt verhindern, dass Honigbienen irgendwo hinkommen. Für uns ist es selbstverständlich, dass in einem Naturschutzgebiet, in denen zum Beispiel seltene Wildbienen vorkommen, Honigbienen überhaupt nichts zu suchen haben, und da erinnern wir auch die Imker immer wieder dran. "
Kaum Mangel an Trachtquellen für Honigbienen
Viele besonders artenreiche Biotope wie zum Beispiel Trockenmagerrasen bieten für Honigbienen gar nicht genügend Nahrung:
"Ein Imker hat halt eben den großen Vorteil – und das kann man auch von ihm verlangen –, dass seine Völker mobil sind. Das gilt für die Wildbienen überhaupt nicht, die kann man nicht irgendwie woandershin transferieren. Die sind lokal, wenn sie vorhanden sind, auf ihre Umgebung angewiesen. Wir haben hier in Deutschland keinen Mangel an Trachtquellen für die Honigbienen, es sei denn, wir sind in einer Region, wo die intensive Landwirtschaft schon so weit ausgedehnt ist, dass dann in manchen Jahreszeiten nur noch der Raps blüht, aber da ist insgesamt die Bienenhaltung schwer. "
Doch dort ist auch für Wildbienen längst kein Platz mehr.