Da ging sie hin, die erste betriebsfähige frei programmierbare Rechenmaschine der Welt, Konrad Zuses Z3, mit binärer Rechentechnik, Gleitkomma, Ein- und Ausgabegeräten, also allen Schikanen. Im Dezember 1943 wurde sie bei einem Bombenangriff auf Berlin zerstört. Zweieinhalb Jahre zuvor, am 12. Mai 1941, war sie in Berlin-Kreuzberg öffentlich vorgestellt worden.
Wäre die Zerstörung Absicht gewesen - es hätte Gründe gegeben. Denn Zuses Rechenkünste waren für die Optimierung von Flugzeugflügeln und Gleitbomben kriegswichtig, er war denn auch vom Kriegsdienst freigestellt.
Vom Bummelstudenten zum Computerpionier
Der Hang des Computerpioniers zur Rechentechnik war seiner Ausbildung als Bauingenieur zu verdanken, die mit endlosen Statikberechnungen an einfachen Rechenmaschinen verbunden war. Dafür sei er einfach zu faul gewesen, also habe er auf Abhilfe gesonnen, räumte Zuse später ein und nannte sich selbst einen "Bummelstudenten":
"Ja, das muss er wohl auch gewesen sein," sagt Ina Prinz, Direktorin des Bonner Arithmeums, eines anspruchsvollen Museums für Rechentechnik aller Art:
"Er hatte zwei Studiengänge angefangen, bevor er sich dann zum letzten durchgerungen hat und das dann auch als Diplom abgeschlossen hat, und er hat während seines Studiums schon angefangen, die Z1 zu bauen und hat dann im elterlichen Wohnzimmer mit den Studienkollegen mit der Laubsäge die Bleche geschnitten und das Ganze dann zusammengefügt und ausprobiert, und das war sicherlich eine, ja, eine Arbeit, wo man nicht davon ausgehen konnte, dass die zu irgendeinem sinnvollen Ziel führen wird. Aber seine Familie hat an ihn geglaubt, seine Schwester hat ihn finanziell unterstützt und seine Studienkameraden fanden das wohl ganz spannend, da so etwas mit zu basteln, und da es dann auch immer von der Mutter noch Erbsensuppe gab, hat das Ganze auch eine gewisse Motivation gehabt."
Meisterwerk des Steampunk
Zuses erster Rechner, die Z1, arbeitete rein mechanisch, mit verschiebbaren Blechen, die allerdings meistens klemmten. Das Gerät war nicht praxistauglich. Die von einem Staubsaugermotor angetriebene Maschine gilt heute als Meisterwerk des sogenannten Steampunk. Zuses Z3 verfügte dagegen über elektromechanische Relais, von Elektromagneten betätigte Kontakte, insgesamt 4.000 Stück, und funktionierte langsam, aber gut. Sie beherrschte die Grundrechenarten, konnte Quadratwurzeln ziehen, mit großen Zahlen umgehen und demonstrierte Programme zur Berechnung komplexer Matrizen.
Die Relais wurden von Zuse-Bewunderern gerne als Geniestreich gehandelt, aber:
"Relais gab es natürlich schon lange. Relais hat verwendet Herrmann Hollerith in seiner Lochkartenzähl- und Sortiermaschine, die er 1890 bereits gebaut hat für die gesamtamerikanische Volkszählung in den USA, und diese Idee, mit Relais zu zählen, logische Verknüpfungen zu bauen, das gab es schon, das war nichts Neuartiges, das hat Zuse auch nicht erfunden."
Die Z3-Relais stammten überdies, Geldmangels wegen, aus Schrottkisten der Wehrmacht, was Zuses Leistung nicht mindert. Aber war er denn nun wirklich DER Erfinder des Computers?
"Letztlich aus heutiger Sicht muss man sagen, es war wohl sehr wahrscheinlich nicht eine Person, sondern es waren unterschiedliche Entwicklungen, die nahezu zeitgleich stattgefunden haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts."
Zukunftsweisende Struktur
Zuse selbst gab sich in Prioritätsdingen durchaus realistisch:
"Nein, der das gedacht hat, war ich sicher nicht der erste, denn es gab den berühmten Engländer Babbage, der bereits im vorigen Jahrhundert seiner Zeit weit voraus war."
Aber der logische Aufbau von Zuses Z3 zeichnete sich im Vergleich zu den Konkurrenzmaschinen tatsächlich durch eine zukunftsweisende Struktur aus.
Konrad Zuse ist außerhalb Deutschlands lange Zeit ignoriert worden, das ist vorbei. Der britische New Scientist liebt ihn nachgerade; hat Zuse nicht auch die Idee ausgebrütet, die Welt selbst sei ein Computer? Dass es mit Computern Schwierigkeiten geben könnte - auch das hat Zuse vorausgesehen:
"Es ist sicher für uns in den nächsten hundert Jahren oder auch schon für die nächste Generation eine harte Aufgabe, mit all diesen Konsequenzen fertig zu werden."