Die deutsche Finanzaufsicht wird aufgerüstet: proaktiver und mit wesentlich mehr Biss soll die BaFin künftig Hinweisen und konkreten Verdachtsmomenten auf Bilanzbetrug nachgehen. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, nennt es einen Kulturwandel. Denn die BaFin soll nicht nur auf dem Papier mehr Rechte bekommen, sondern ganz praktisch auch in der Lage sein, ihre erweiterten Rechte wahrzunehmen.
"Was wir erreichen wollen ganz grundsätzlich, ist, dass wenn klare Hinweise, konkrete Hinweise kommen, auf Fehler in Bilanzierung, auf Bilanzbetrug wie im Fall Wirecard oft geschehen, wollen wir eine Regelung schaffen, dass die BaFin solche Hinweise aufnimmt, verarbeitet und effektiv angeht. Das heißt, die BaFin muss jederzeit in der Lage sein, wenn die konkreten Hinweise kommen, ein forensisches Vorgehen, wie von KPMG unternommen, nicht nur auch zu machen, sondern auch mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet zu machen."
Befugnisse nutzen und wirksam vorgehen
An verschachtelten Konzernstrukturen wie bei Wirecard soll die Aufsicht nicht noch einmal scheitern. Fokusaufsicht lautet das Stichwort. Die BaFin soll Konzerne gezielt, aber eben auch ganzheitlich beobachten und dem konkreten Verdachtsfall eine Taskforce in Marsch setzen können, die dann auch in die Unternehmen reingeht.
"Das ist auch ganz wichtig, dass die BaFin eben nicht mehr warten muss, bis dritte ihr helfen oder bis andere sie unterstützen, sondern sie muss eigenständig wirksam wirken. in Eigenregie. Gegebenenfalls auch in enger Koordination und Abstimmung mit Staatsanwaltschaft, muss aber dann ihre Befugnisse auch ausnutzen und wirksam vorgehen. Und die Taskforce wird die Gruppe seien, die das dann umsetzt."
Hinweisgeber werden künftig ernster genommen
Dazu erhält die BaFin auch mehr Personal, vor allem für die Bilanzkontrolle. Besser werden soll auch der Umgang mit anonymen wie öffentlichen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten. Es soll nicht mehr vorkommen, dass Hinweisgeber wie im Wirecard-Skandal nicht ernst genommen werden, egal, ob es Whistleblower sind, die anonym bleiben wollen oder Journalisten oder Short-Seller, wenn diese auf ein fragwürdiges Geschäftsgebaren stoßen. Auch hier habe man deren Botschaft verstanden, so Jörg Kukies.
"Keiner von denen erwartet, dass die Aufsicht ihnen Feedback gibt. Die erwarten aber, dass die Aufsicht ihnen zuhört. Und das ist ganz entscheidend. Zusätzlich zu den anonymen Hinweisgebern, dass man aus dem Markt von Anlegerschützern, Journalisten, Shortsellern – wer auch immer konkrete Hinweise hat – diese Hinweise dann auch aufgenommen und weiterverarbeitet werden, mit der entsprechenden Sachkenntnis."
Weitere Stichworte für die BaFin-Reform sind ein verbesserter Anlegerschutz und ein gestärkter neuer BaFin-Präsident beziehungsweise eine gestärkte Präsidentin, die auch operativ in die Bilanzkontrolle eingreifen können, wenn es nötig wird. Bei alldem drückt das Finanzministerium aufs Tempo. Alle Gesetze sollen noch in diesem Jahr und damit vor der Bundestagswahl vom Bundestag verabschiedet werden.