Archiv

Konsequenzen für Katalonien
Autonomierecht in Gefahr

Die spanische Zentralregierung hat Zwangsmaßnahmen gegen die katalonischen Unabhängigkeitsbestrebungen angekündigt. Wie die Regierung mitteilte, werde das Verfahren zum Entzug der Autonomie fortgesetzt. Zuvor war ein Ultimatum verstrichen.

    Ein Banner mit einem Herzen aus den Flaggen Kataloniens, Spaniens und Europas tragen Menschen bei dem Protest in Barcelona in Katalonien (Spanien) gegen die Pläne der Regionalregierung Katalonien zur Abspaltung von Spanien.
    In den vergangenen Wochen gingen Befürworter und Gegner einer Unabhängigkeit Kataloniens auf die Straße. (picture alliance/ dpa/ Nicolas Carvalho Ochoa )
    Ministerpräsident Rajoy rief für Samstag eine Kabinettssitzung ein. Ziel sei es, die verfassungsmäßige Ordnung in der Autonomen Region wieder herzustellen. Dazu werde sie den Artikel 155 der Verfassung nutzen. Darin ist geregelt, dass die Zentralregierung ganz oder teilweise die Kontrolle der Region übernehmen kann, wenn diese ihren Pflichten nicht nachkommt oder den Interessen Spaniens schadet.
    Damit hat die spanische Zentralregierung nach Ablauf des zweiten Ultimatums angekündigt, Katalonien die Autonomierechte zu entziehen.
    Es wäre das erste Mal, dass sich eine spanische Regierung auf diesen Artikel beruft.
    Puigdemont fordert erneut Dialog
    Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hatte zuvor erneut ein Ultimatum Madrids verstreichen lassen, bis zu dem er von den Unabhängigkeitsbestrebungen abrücken sollte.
    Puigdemont äußerte sich in einem Brief an den spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Darin vermied er erneut eine klare Aussage, ob die von ihm unterzeichnete und sofort ausgesetzte Unabhängigkeitserklärung gilt. Stattdessen rief er erneut zum Dialog auf. Sollte es keine Gespräche mit der Zentralregierung geben, könnte das Parlament über die Unabhängigkeit abstimmen, sagte er.
    Madrid hatte Puigdemont eine Frist bis zum Vormittag gesetzt und mit der Anwendung von Artikel 155 der Verfassung gedroht. Dieser erlaubt den vollständigen oder teilweisen Entzug der katalanischen Autonomierechte.
    Vermittlung ausgeschlagen
    Rajoy hatte Puigdemont mehrfach zum Einlenken aufgerufen. Die Zentralregierung führt als Argument die spanische Verfassung an, die eine Abspaltung des Landesteils nicht zulasse. Puigdemont hatte stets für eine Vermittlung in dem Konflikt geworben, was Madrid aber ablehnte.
    Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont (rechts) und sein Vize Oriol Junqueras im Regionalparlament in Barcelona.
    Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont (rechts) und sein Vize Oriol Junqueras im Regionalparlament in Barcelona. (AFP / Josep Lago)
    Referendum als Auslöser
    Bei einem von Madrid verbotenen Referendum in Katalonien hatten sich am 1. Oktober 90 Prozent der Teilnehmer für eine Abspaltung der wirtschaftlich starken Region von Spanien ausgesprochen, die Beteiligung am Referendum lag aber nur bei 43 Prozent. Am 10. Oktober unterzeichnete Puigdemont eine Unabhängigkeitserklärung, setzte diese aber umgehend wieder aus.
    Warnung von Seiten der EU
    Der Präsident des Europäischen Parlaments, Tajani, warnte vor einer Unabhängigkeitserklärung. Niemand in Europa könnte dies akzeptieren, und kein Land würde Katalonien in dieser Sache beistehen, sagte er dem spanischen Radiosender Cope. Der scheidende SPD-Bundestagsabgeordnete Poß, Mitglied der deutsch-spanischen Parlamentariergruppe, warb im Deutschlandfunk ( Audio-Link ) für einen konstruktiven Dialog zwischen Madrid und Barcelona. Allerdings habe Ministerpräsident Rajoy dies in den vergangen Jahren hintertrieben, meinte Poß.
    (fwa/tep)