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Allein in unserer Milchstraße gibt es mehr als 100 Milliarden Sterne. Die meisten dürften von Planeten umgeben sein. Da erscheint vielen Astronomen die Vorstellung absurd, die Erde sei der einzige belebte Ort in den Weiten des Kosmos. Die Voraussetzungen für Leben - Wärme, Wasser und die richtigen chemischen Stoffe - scheinen an vielen Orten erfüllbar.

Von Dirk Lorenzen |
    "Einzig ist also der Himmel, der unermessliche Raum. In ihm sind zahlreiche Sterne, Sonnen und Erden sichtbar und müssen unzählige andre vernünftigerweise angenommen werden. Wir sehen nur die Sonnen, nicht aber deren Erdkörper oder Planeten, welche, da ihre Massen viel kleiner sind, für uns unsichtbar sind. Hiernach gibt es nicht eine einzige Welt, eine einzige Erde, eine einzige Sonne, sondern soviel Welten, als wir leuchtende Funken über uns sehen."

    Eine prägnante Bilanz moderner astronomischer Forschung: Im unendlichen Kosmos gibt es unzählige Sterne und Planeten. Was wie die Zusammenfassung eines aktuellen Forschungsartikels klingt, stammt aus Giordano Brunos "Zwiegesprächen vom unendlichen All und den Welten" - erschienen im Jahr 1584.

    Mehr als 250 Planeten bei fremden Sternen sind mittlerweile bekannt - fast wöchentlich kommen neue Entdeckungen hinzu. Planetensuche ist heute eines der dynamischsten Felder der Astronomie, die hier tätigen Forscher sind fast schon Stars in der Szene. Wer wie Giordano Bruno vor vier Jahrhunderten über andere Planeten im Universum nur nachdachte, wurde auf dem Scheiterhaufen der Inquisition verbrannt. Bruno überlebte seine heute fast gespenstisch aktuell erscheinenden Äußerungen nur um sechzehn Jahre.

    "So wären auch die anderen Welten bewohnt wie diese - wenn nicht besser, so doch jedenfalls um nichts weniger und nichts schlechter. Unmöglich kann ein vernünftiger und einigermaßen geweckter Verstand sich einbilden, jene unzähligen Welten seien nicht von ähnlichen oder besseren Bewohnern belebt."

    "Intelligentes Leben könnte man jederzeit entdecken. Das ist reine Glückssache: Wenn man mit einem großen Radioteleskop bei der richtigen Frequenz an die richtige Stelle am Himmel blickt, könnte man heute Erfolg haben."

    "Es gibt derzeit wohl etwa 10.000 Zivilisationen in unserer Milchstraße, die wir prinzipiell entdecken könnten."

    Leben im All ist das große Thema des Frank Drake. Der amerikanische Astronom, der Giordano Bruno nacheifert wie kein anderer, philosophiert nicht über das Leben im All. Er sucht es systematisch.

    Als junger Astronom von gerade mal 30 Jahren hat Frank Drake 1960 etwas Unerhörtes getan. Er hat kostbare Beobachtungszeit an einem großen Radioteleskop nicht etwa dafür genutzt, um die Strahlung von kalten Staubwolken oder fernen Galaxien zu messen. Frank Drake hat beim Projekt "Ozma" zwei Monate lang die beiden nächsten sonnenähnlichen Sterne buchstäblich abgehört - in der Hoffnung, Funksignale außerirdischer Intelligenz zu entdecken. E.T. hat in der Zeit nicht angerufen - dafür gab es bei der Intelligenz auf der Erde ein sehr unterschiedliches Echo...

    "Manche Kollegen meinten, dass ein seriöser Wissenschaftler nicht nach Leben im All sucht. Das sei etwas für Spinner. Andere meinten, die Suche sei ein wunderbares Projekt, das man unbedingt fortführen müsse. Wieder andere hielten die Suche zwar für interessant, schätzten aber die Erfolgsaussichten als so gering ein, dass das Projekt Geldverschwendung sei, auch wenn es damals nur 2000 US-Dollar gekostet hat."

    Damals von vielen als Exot verspottet, heute als Grandseigneur einer ganzen Disziplin gefeiert: Frank Drake hat eine erstaunliche Karriere gemacht. Er gilt als Begründer der Bioastronomie oder Astrobiologie - also jener Teildisziplin von Astronomie und Biologie, die sich mit möglichem Leben im All befasst. Frank Drake ist heute Direktor des Carl Sagan Center für die Suche nach außerirdischem Leben am SETI-Institut in Mountain View, südlich von San Francisco. SETI steht für Suche nach Extraterrestrischer Intelligenz. Die Kernfrage, die Frank Drake und seine Kollegen umtreibt, lautet: Wie wahrscheinlich ist die Entstehung von Leben im Universum? Dass die Erde ein kosmischer Sonderfall ist, will kaum einer akzeptieren. Nach dem kopernikanischen Prinzip ist die Erde ein ganz normaler, völlig durchschnittlicher Ort im All. Leben müsste also ebenso normal sein - fragt sich nur, wie normal?

    "Man muss zunächst wissen, wie viele Sterne in unserer Milchstraße jedes Jahr entstehen. Dann sind etliche einschränkende Faktoren zu berücksichtigen: Wie viele Sterne haben Planeten? Wie viele Planeten sind prinzipiell bewohnbar? Auf wie vielen gibt es tatsächlich Leben? Wie oft ist es intelligentes Leben, das zudem Technologie entwickelt hat, die wir entdecken können? Wir schätzen, dass etwa einmal pro Jahr irgendwo in unserer Milchstraße eine technologische Zivilisation entsteht. Wenn man jetzt noch deren durchschnittliche Lebensdauer berücksichtigt, erhält man die Anzahl der prinzipiell entdeckbaren Zivilisationen in unserer Galaxis."

    Diese Drake-Formel ist längst legendär. Frank Drake hat sie nur ein Jahr nach seiner ersten Lebenssuche aufgestellt. Damals, 1961, hatte die NASA, angespornt durch Frank Drake, zur ersten Tagung über Leben im Weltall eingeladen. Doch die meisten Faktoren der Drake-Formel waren damals völlig unbekannt und sind es bis heute.

    "Es genügt, zu wissen, dass es ein unermessliches Gefilde, einen zusammenhängenden Raum gibt, der alles in sich hegt und trägt, der alles durchdringt. In demselben sind zahllose dieser Welt ähnliche Weltkörper, von denen der eine nicht mehr in der Mitte des Universum ist, als der andere."

    Zahllos, wie von Giordano Bruno postuliert, werden die bewohnten Welten in unserer Milchstraße nicht sein. Aber über die Anzahl der Zivilisationen lässt sich trefflich streiten: Eine gibt es mindestens - die Menschheit auf der Erde. Bleibt zu klären, wie viele der anderen gut 100 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße Planeten haben, die intelligentes Leben beherbergen. Kann angesichts dieser Unzahl von Sternen unsere Sonne mit der Erde wirklich ein Einzelfall sein? Frank Drake tippt, und es sei wirklich nur ein Tip, betont er, dass es derzeit etwa 10.000 prinzipiell entdeckbare Zivilisationen in unserer Milchstraße gibt - das ist zwar fast schon zahllos, aber noch immer nicht genug. Auch damit sei die Suche noch sehr schwierig, sei doch die nächste Zivilisation etwa 1000 Lichtjahre entfernt.

    "Im Schnitt führe nur bei einem von zehn Millionen Sternen die Suche nach außerirdischer Intelligenz zum Erfolg. Entsprechend aufwändig müssten die Suchprogramme sein."

    Bald werden die Astronomen zumindest etwas genauer wissen, wie viele Planeten es in den Tiefen des Alls gibt. Frank Drake wird dann ahnen, wie aussichtsreich es ist, nach kosmischen Funksignalen zu horchen. Bisher entdecken die Forscher bei ihren Suchprogrammen vor allem große Planeten vom Schlage Jupiters, die auf recht engen Bahnen um ihren Stern laufen. Verglichen mit den Körpern in unserem Sonnensystem muten diese Planeten etwas exotisch an. Sie fallen bei den heutigen Suchmethoden am ehesten auf. Doch Leben dürfte auf solchen Gasriesen nahe an heißen Sternen nicht möglich sein. Lebensfreundlichere Planeten wie die Erde sind mit heutiger Technik gar nicht zu entdecken - noch nicht. Denn John Jankins, am SETI-Institut und bei der NASA tätig, schickt mit seinem Team bald eine spezielle Raumsonde ins All. Ziel: Endlich die wahren Artgenossen der Erde aufzuspüren.

    "Die Kepler-Mission startet Ende 2008. Wir wollen erdgroße Planeten finden, die sonnenähnliche Sterne umkreisen. Dazu überwachen wir extrem genau die Helligkeit von über 100.000 Sternen. Läuft von uns aus gesehen ein Planet genau vor einem Stern entlang, blockt er einen Teil des Sternenlichts ab. Der Stern erscheint für kurze Zeit etwas schwächer. Das wollen wir messen. Wir müssen sehr viele Sterne gleichzeitig überwachen, damit wir die Planeten auch wirklich im richtigen Moment erwischen."

    Von einem zufälligen Ort in der Milchstraße aus betrachtet, ließe sich die Erde auf diese Weise nur mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu 200 entdecken. Nur dann wäre die Perspektive genau so, dass die Erde wirklich vor der Sonnenscheibe und nicht ober- oder unterhalb entlang läuft. Ähnlich verhält es sich mit den Planeten im All. Fast alle werden von der Raumsonde aus betrachtet ober- oder unterhalb ihres Sterns entlang laufen.

    "Die Sterne, die jenseits des Saturn für uns sichtbar sind, sind unbeweglich. Es müssen unzählige Sonnenwelten oder Zentralfeuer sein, während jeder von ihnen wieder von Planeten umkreist wird, die für uns unsichtbar sind. Alle Erden sind in einem mehr oder weniger analogen Verhältnisse zu denken und alle Sonnen gleichfalls."

    Wären Sterne und Planeten im Weltall tatsächlich so analog, wie von Giordano Bruno vorhergesagt, hätte das für die Kepler-Mission bemerkenswerte Konsequenzen. Kepler wird gut 100.000 Sterne überwachen. Hätten alle Sterne Planeten von der Größe der Erde und in ähnlichem Abstand vom Stern, so müsste Kepler immerhin etwa 500 erdähnliche Planeten finden. Bis heute kennt man nicht einen einzigen!

    "Unsere Messung liefert uns die Größe des Planeten. Damit haben wir noch nicht seine Masse, aber die lässt sich meist über andere Verfahren ermitteln. Wir können dann abschätzen, ob der Planet aus Gestein ist, etwa wie die Erde. Zudem messen wir direkt den Abstand des Planeten von seinem Stern. Dann zeigt sich, ob der Planet in der so genannten bewohnbaren Zone um seinen Stern kreist. In der bewohnbaren Zone hat ein Planet genau die richtige Temperatur, damit Wasser flüssig vorkommt, also nicht verdampft und nicht gefriert. Wir sind sehr gespannt, wie viele Planeten wir in den bewohnbaren Zonen ihrer Sterne wirklich finden werden."

    Bewohnbar heißt noch nicht bewohnt. Aber es heißt, dass auf den Planeten, die der Kepler-Satellit in diesen bewohnbaren Zonen aufspürt, prinzipiell Leben möglich ist - Leben, wie wir es von der Erde kennen. Der Planet ist nicht so nah an seinem Stern, dass er in sengender Hitze dauerhaft gebraten wird, aber auch nicht so weit entfernt, dass er in ewigem Eis erstarrt ist. Über Leben in den Tiefen des Alls zu forschen, hat schon lange nichts Anrüchiges mehr, wie bei Frank Drakes ersten Suchprogrammen. Cynthia Philips war als Jugendliche 1989 von den Aufnahmen der Voyager-Sonde beim Vorbeiflug am Neptun so begeistert, dass sie die Planetenforschung zu ihrem Beruf gemacht hat. Jetzt ist auch sie am großen SETI-Institut tätig. Leben, so sagt sie, ist recht bescheiden. Leben braucht eine Energiequelle, also Licht oder Wärme. Es braucht flüssiges Wasser und die richtigen chemischen Elemente. Ohne diese drei Komponenten ist Leben nicht möglich. Umgekehrt scheint aber auch zu gelten: Sobald diese drei Dinge zusammenkommen, ist Leben fast ein Automatismus, staunt Cynthia Philips:

    "Wir wissen immer noch nicht, wie genau das Leben auf der Erde angefangen hat. Aber anhand der Fossilien sehen wir, dass es sehr schnell losgegangen ist. Die Erde ist bisher natürlich unser einziger bekannter Fall. Doch unsere Funde hier und theoretische Überlegen deuten an, dass das Leben sofort begonnen hat, als es möglich war."

    Auch wenn es "sofort" begonnen haben mag. Die Entwicklung des Lebens vollzog sich ganz langsam, über Milliarden von Jahre. Dennoch ist das für die Astronomen und Biologen eine aufregende Erkenntnis. Denn sie müssen nicht unbedingt in den fernen Kosmos schweifen. Auch in unserem Sonnensystem gibt es einige Orte, an denen für längere Zeit lebensfreundliche Bedingungen geherrscht haben beziehungsweise noch immer herrschen.

    "Widerspricht es doch nicht der Vernunft, dass selbst um diese unsre Sonne noch andre Planeten kreisen, die für uns nicht sichtbar sind - sei es wegen ihrer größeren Entfernung, sei es wegen ihrer geringeren Größe oder weil sie keine großen Wasserflächen haben."

    Den Ort, den Cynthia Philips am faszinierendsten findet, hat schon Giordano Brunos Zeitgenosse Galileo Galilei entdeckt - nur neun Jahre nach dem Feuertod Brunos. An jenem Ort ist es zwar nicht so schön wie auf der Erde, aber doch lebensfreundlich: Es gibt Energie, die richtigen chemischen Stoffe und sogar flüssiges Wasser, wenn auch nicht in Form großer Wasserflächen an der Oberfläche. Cynthia Philips setzt nicht etwa auf den Planeten Mars, sondern auf einen eisigen Mond...

    "Ich untersuche vor allem den Jupitermond Europa. Europa ist so faszinierend, weil er einen dicken Eispanzer an der Oberfläche hat und darunter einen riesigen Ozean aus flüssigem Wasser. Da gibt es mehr Wasser als in allen irdischen Meeren zusammen. Modelle deuten an, dass auf diesem Mond auch die richtigen chemischen Stoffe vorkommen. Mit der Energie ist es da draußen, fünfmal weiter von der Sonne entfernt als die Erde, schon schwieriger: Aber Europa wird durch die Anziehungskraft von Jupiter und den anderen Monden etwas durchgeknetet. Dabei entsteht Reibungswärme. Ich halte Leben in diesen Ozeanen prinzipiell für möglich."

    Tatsächlich könnte es unter dem kilometerdicken Eispanzer des Jupitermondes Europa Leben geben, auch wenn dort völlige Dunkelheit herrscht und es keine Luft oder ähnliches gibt. Das ist keine Phantasterei. Denn selbst auf der Erde staunen die Forscher, wo sie überall auf Leben stoßen. Rocco Manconelli ist Biologe am SETI-Institut: Auf die Frage, ob es irgendwo auf der Erde kein Leben gibt, stöhnt er auf:

    "Das ist wirklich eine gute Frage. Hätten sie die vor 15 Jahren einem Mikrobiologen gestellt, hätte er gesagt: Klar, einfach ein oder zwei Kilometer tief in die Erde gehen: Dort gibt es kein Leben. Heute aber wissen wir, dass es dort Mikroben gibt. Sicher nicht ganz unten im geschmolzenen Gestein. Aber selbst in ganz kompakten Schichten ohne Sonnenlicht und Luft lebt etwas! Ob tief in den Ozeanen, im brodelnden Schlamm von kochend heißen Geysiren oder in extremen Salzseen. Früher hat man all das für lebensfeindlich gehalten. Heute wissen wir, dass überall dort Organismen leben!"

    Extremophile Organismen, also Organismen, die extreme Bedingungen mögen, leben noch bei 120 Grad Celsius Temperatur, drei Atmosphären Druck und extrem sauren Bedingungen. Der Mensch würde all das nur Sekunden aushalten - die Mikroben suhlen sich seit Jahrmilliarden darin. Leben, freut sich Rocco Manconelli, ist ziemlich zäh. Es hält was aus. Wo immer es sich festklammern kann, tut es das - und dann bleibt es auch. Diese Erkenntnis erweitere den Horizont der Wissenschaftler, in welcher Form Leben auftreten kann. Für die Astronomen hat das bei der Suche nach erdähnlichen, also prinzipiell bewohnbaren Planeten im Weltall enorme Auswirkungen. Denn die für Leben notwendigen Stoffe gibt es im Universum offenbar in Hülle und Fülle. Durch die Milchstraße wabern große Staubwolken, die oft das Zigfache der Masse unserer Sonne haben. Messungen mit Radioteleskopen zeigen, dass zehn Prozent der Masse in diesen Wolken organisches, also kohlenstoffhaltiges Material ist. Fehlen nur noch die Planeten, auf denen Bedingungen herrschen, unter denen sich aus diesem Material Leben entwickeln kann. Genau nach diesen Planeten, betont John Jankins, wird die Kepler-Sonde ab Ende 2008 intensiv suchen.

    "Wenn wir massenhaft Planeten finden, wird das das SETI-Projekt kräftig ankurbeln. Wenn wir andererseits nur wenige Planeten entdecken oder vor allem solche, die nicht in der bewohnbaren Zone ihres Sterns sind, stünde SETI in ganz anderem Licht dar. Wir sind jetzt kurz davor, die ganz große Frage zu beantworten, die die Menschheit umtreibt, seit sie an den Himmel guckt: Ist da draußen noch jemand? Das wird Kepler nicht unmittelbar klären können, aber wir machen einen großen Schritt, um diese Frage zu beantworten."

    Kepler wird Tausende sehr großer Planeten entdecken und im Idealfall einige hundert erdgroße. Schon in wenigen Jahren werden die Astronomen wissen, wie lebensfreundlich die Tiefen des Alls sind.

    "Hiernach gibt es nicht eine einzige Welt, eine einzige Erde, eine einzige Sonne, sondern soviel Welten, als wir leuchtende Funken über uns sehen, die alle nicht mehr und nicht weniger in dem einen Himmel, dem einen All-Umfasser sind, als diese Welt, die wir bewohnen."

    Wie viele der vom Kepler-Satelliten bald neu entdeckten Welten in dem einen Himmel bewohnt sind, soll ein neues Netz aus Radioteleskopen untersuchen. Im Owens Valley von Kalifornien entsteht gerade das "Allen Telescope Array", ein Verbund von 350 Antennenschüsseln mit jeweils sechs Metern Durchmesser. Diese Teleskope sollen nach Funksignalen aus dem All horchen. Mitten in der kalifornischen Wüste, fernab großer Städte mit ihrer störenden Radiostrahlung von Mobiltelefonen, Elektromotoren und Funkfeuern, horchen sie besonders empfindlich auf die Signale möglichen Lebens im Kosmos. Die Teleskopanlage wurde vom Microsoft-Mitbegründer Paul Allen massiv gefördert. 42 Antennen sind immerhin schon in Betrieb und lauschen nach möglichen himmlischen Signalen, freut sich der Projektleiter Peter Baccus:

    "Bei unserer Suche nach Leben im All umgehen wir etwas die philosophische Diskussion, was genau Intelligenz ist. Wir konzentrieren uns auf Technologie. Wir beobachten den Himmel. Natürliche Himmelsobjekte senden Radiowellen über einen großen Frequenzbereich aus. Dagegen strahlen von Menschen gebaute Radiosender extrem schmalbandig, bis zu 300mal enger als die schmalbandigsten natürlichen Radioquellen. Für uns wäre ein scharfes Funksignal das deutlichste Zeichen für eine technische Zivilisation."

    Kann es überhaupt etwas bringen, den Himmel gezielt nach künstlicher Radiostrahlung abzusuchen? Ist das nicht von vorne herein aussichtslos? Die Menschheit zumindest ließe sich auf diese Weise durchaus entdecken...

    "Die Erde schickt sehr viele Radiosignale ins All, am deutlichsten sind die Fernsehsender! Manche strahlen mit einem Megawatt. Mit bisheriger Technik könnten wir solche Sender noch in drei Lichtjahren Entfernung entdecken. Das bringt zwar noch nicht viel - schließlich ist der nach der Sonne nächste Stern vier Lichtjahre entfernt. Aber es gibt viel stärkere Sender auf der Erde. Den stärksten nutzen die Astronomen, um per Radar die Oberfläche von Planeten in unserem Sonnensystem zu untersuchen. So einen Sender könnten wir noch 10.000 Lichtjahre entfernt entdecken."

    Seit fast einem Jahrhundert gibt es das Radio auf der Erde. Die Radiowellen gelangen nicht nur vom Sender zum Radiogerät, sondern strahlen ebenfalls hinaus in den Weltraum. Auch diese Sendung macht sich gerade auf eine ewige Reise in die Tiefen des Kosmos. Die Erde ist also heute bereits von einer Kugel aus Radiostrahlung umgeben, die fast 100 Lichtjahre Radius hat. Sollten andere Zivilisationen über bessere Technik verfügen, als wir sie haben, könnten sie unsere Strahlung entdecken. Oder aber wir empfangen deren viel stärkere Radiostrahlung. Frank Drake, der vor fast 50 Jahren zum ersten Mal den Himmel nach Lebensspuren abgehorcht hat, sieht die Astronomen unmittelbar vor dem Durchbruch: Dazu brauche man nur etwas Glück. Man müsse mit einem großen Radioteleskop bei der richtigen Frequenz an die richtige Stelle am Himmel blicken - dann könnte der Erfolg sich schon heute einstellen. Vielleicht verfängt sich gerade jetzt das erste Funksignal außerirdischer Intelligenz in den Radioteleskopen - doch Frank Drake scheint daran selbst nicht so recht glauben... 20 Jahre werde das Ganze wohl noch dauern, schätzt er.

    "Das unendliche All ist ohne Zentrum und Umfang. Es gibt nur bestimmte Mittelpunkte, nämlich Sonnen, Zentralfeuer, um die alle ihre Planeten, Erden, Wasserwelten kreisen, so wie wir um diese uns nachbarliche Sonne sieben Wandelsterne marschieren sehen."

    Einen Haken hat das Ganze: Was auch immer die Astronomen an Leben auf anderen Planeten im Kosmos entdecken werden: Ein nettes Geplauder ist mit E.T. & Co. nicht möglich. Sollte auf einem Planeten, der einen 200 Lichtjahre entfernten Stern umkreist, tatsächlich eine technische Zivilisation existieren, so bräuchte das Funksignal 200 Jahre, bis es bei uns ist. Sollten wir dann eine Botschaft gezielt dorthin schicken, bekämen wir die Antwort günstigstenfalls 400 Jahre später. Leben, auch technische Intelligenz, mag im All viel weiter verbreitet sein, als die meisten sich heute vorstellen können. Aber Kontakt zu anderem Leben im All werden wir wohl nie bekommen. Das verhindern die buchstäblich astronomischen Distanzen in Raum und Zeit.

    "Die fremden Zivilisationen mögen längst vergangen sein. Aber wir könnten immer noch von ihnen lernen, weil wir ihre Signale empfangen. Ist die Zivilisation 1000 Lichtjahre entfernt, sind die Signale 1000 Jahre alt. Trotzdem würden uns diese Signale zeigen, wie sich technische Zivilisationen entwickeln, also wie es uns künftig ergehen könnte. Wir würden eine Art Archäologie der Zukunft betreiben. Da wäre etwas uralt und vielleicht längst erloschen und dennoch würden wir daraus etwas über unsere Zukunft erfahren."

    Sind die Astronomen wirklich kurz vor einer epochalen Entdeckung? Werden schon bald Giordano Brunos Ideen triumphal bestätigt, dass all die Funken am Himmel Sterne wie unsere Sonne sind, zumeist umkreist von Planeten wie unsere Erde? Die Radioastronomie entwickelt sich immer schneller. Allerdings ist unklar, wie viele technische Zivilisationen es derzeit in unserer Milchstraße wirklich gibt. Die Lösung der Drake-Formel liegt irgendwo zwischen eins und 100 Milliarden... Doch die Frage ist kaum mehr, ob die Astronomen anderes Leben im Kosmos entdecken - die Frage ist wohl nur noch, wann das passiert.

    Weiterführende Links im Internet:





    Bild Sterne Galaxi
    Diese Spiralgalaxie besteht aus mehr als 100 Milliarden Sternen. Möglicherweise haben Tausende davon bewohnte Planeten.