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Kontrabassist Rolf Jansen
Abseits des Orchesters auf Motivjagd

Seit zwölf Jahren ist Rolf Jansen Kontrabassist im Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. In seiner Freizeit geht er gerne auf die Pirsch mit der Kamera - sein bevorzugtes Motiv sind Vögel.

Von Matthias Nöther |
    Rolf Jansen liegt auf dem Boden hinter seiner großen Kamera und schaut durch den Sucher.
    Profimusiker und Hobbyfotograf: Rolf Jansen. (Rolf Jansen)
    Übersicht über die Sommer-Reihe "Das zweite Gesicht" - Musiker und ihre schrägen Leidenschaften
    Musik: Ludwig van Beethoven, 6. Sinfonie
    Schlechtes Wetter in der Musik. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin spielt Beethovens 6. Sinfonie, die Pastorale. Für das Gegrummel des Donners ist hier Rolf Jansen zuständig, gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus der Kontrabassgruppe.
    Schlechtes oder zumindest nicht allzu gutes Wetter ist Rolf Jansen auch in seiner Freizeit ganz recht. Denn bei allzu hellem Sonnenschein sehen Vögel einfach nicht so gut aus, wenn man sie fotografiert – aus dem Unterholz hinauf in die 20 Meter hohen Baumwipfel. Rolf Jansen steht im Schlosspark von Berlin-Charlottenburg und baut das Stativ für seine riesige Kamera auf. Es sieht nach Regen aus. Gut so, meint Rolf Jansen. Dann sind die Licht-Schatten-Wechsel nicht das Problem, wie sonst so oft:
    "Auf Fotos dann immer sehr extrem. Entweder ist das Licht zu hell oder die Schatten fast schwarz. Also Licht ist morgens und abends weich. Tagsüber, im Sommer, finde ich persönlich immer gut, wenn so eine leichte Bewölkung ist. Wenn die Sonne nicht so ganz durchkommt, dass man nicht so superhohe Kontraste hat. Aber heute ist ja zumindest so ein bisschen wechselhaft."
    Auf Motivjagd im Charlottenburger Schlosspark
    Wer von Rolf Jansens Orchesterjob weiß, könnte meinen, der großgewachsene Mittdreißiger mit dem blauen T-Shirt und den herunterhängenden Jeans hat nicht nur beruflich eine Vorliebe für große Instrumente. Jansen setzt die schwere Digitalkamera mit dem riesigen Objektiv in Tarnfarbe auf das Stativ. Heute ist er im Schlosspark wegen der jungen Habichte. Die dürften in den nächsten Tagen von ihren Eltern aus dem Nest geworfen werden. Deshalb machen sie jetzt Flugübungen.
    "Da ruft zum Beispiel schon einer. Der Rohrpfiff, der da eben kam. Ah, da oben sitzt zum Beispiel einer!"
    Rolf Jansen hält nicht nur Ausschau, er lauscht.
    "Man hört dann meistens, in welchen Bäumen sie sitzen, und ich guck auch immer. Aber wenn die jetzt so zwei Meter im Baum drin sitzen, dann sieht man ja eigentlich durch die Blätter schon gar nichts mehr."
    Erfolgreiche Ausbeute von einer Pirsch im Schlosspark Charlottenburg.
    Erfolgreiche Ausbeute von einer Pirsch im Schlosspark Charlottenburg. (Rolf Jansen)
    Habichte - die Füchse der Luft
    Habichte fotografieren, das gehört zum Standardrepertoire großstädtischer Tierfotografie – jener Tätigkeit, der Rolf Jansen einen Großteil seiner freien Zeit außerhalb der Orchesterdienste widmet. Die Habichte sind in Berlin sozusagen die Füchse der Luft.
    "Ja, das sind die, die hier die ganzen Tauben in der Stadt jagen. In der freien Natur, da haben die eine Fluchtdistanz von 150, 200 Metern, und hier durch die Menschennähe in Parks und Friedhöfen, wo die hier brüten, findet man auch nicht so scheue Exemplare. Der sitzt auf dem Boden mit einer Taube, man kann gemütlich seine Kamera aufbauen, dass man auch eine gute Position hat, und der interessiert sich gar nicht dafür. Dann geht man in den nächsten Park und sieht da einen Habicht und will die Kamera aufbauen, und der ist sofort weg. (Vogelschrei) Ah, er kommt zurück."
    Ohren helfen beim Fotografieren
    Und wieder schreit es aus der Luft. Dass Menschen mit weniger geschulten Ohren als denen von Rolf Jansen bei der Tierfotografie irgendwelche Nachteile hätten, würde er nicht bestätigen. Rolf Jansen macht in keinem Moment den Eindruck, als würde er sein Hobby für etwas besonders Exklusives halten. Allerdings ist das Hinhören für einen wie ihn auch selbstverständlicher als für viele andere Menschen.
    "Also Ohren helfen mit Sicherheit auch, klar. Es kommt dann auch nicht immer ein Foto bei rum. Also ich hab noch nie einen Zwergschnepper gesehen, das ist so ein kleiner Singvogel, da hab ich mir halt vorher den Gesang angehört und bin dann in den Wald gefahren und dann so ein bisschen rumgelaufen. Ich wusste so grob übers Internet, wo die Ecken sind. Und dann mal abwarten, bis er anfängt zu singen. Also da hatte ich jetzt auch nicht unbedingt mit einem Foto gerechnet, weil der sehr klein ist und sich meist oben in den Bäumen aufhält. Aber nach zwei Stunden habe ich dann auch einen gefunden."
    Geheimrezept für die Tierfotografie - Geduld
    Geduld - das ist eigentlich das einzige Geheimrezept für die Tierfotografie, das Rolf Jansen verraten kann. Theoretisch muss man dafür nicht Orchestermusiker sein. Obwohl auch die ja nicht selten ihre Pausentakte zählen.
    "Das ist was anderes, ja. Jetzt ruft schon wieder von irgendwo Einer – da fliegt er. Ja, die werden auch langsam etwas mobiler und verteilen sich mehr. Ja, also das Warten auf Pausen, da weiß man, es geht gleich wieder weiter. Und hier ist das Warten manchmal so, man wartet, und dann geht man wieder nach Hause."
    Oder direkt aus dem Wald in die Orchesterprobe. Auch das hat Rolf Jansen schon gemacht. Im Deutschen Sinfonieorchester Berlin wissen dann alle Bescheid.
    "Ich glaub, das müssten mittlerweile alle mitgekriegt haben, ja. Also ich komm ja auch schon mal vom Fotografieren mit meiner Ausrüstung da an, oder nach dem Fotografieren. Ich mache immer jedes Jahr über so eine Internet-Druckfirma einen Wandkalender, da können sich dann Freude, viele Kollegen aus dem Orchester, die bestellen sich dann was weiß ich, für Weihnachtsgeschenke oder so, einen."
    Man merkt es schon am Tonfall. Die ästhetischen Ergebnisse seiner Vogelfotografie sind Rolf Jansen nicht das wichtigste, obwohl die Bilder teilweise wirklich beeindruckend sind. Das Attraktive ist für Jansen einfach die Zeit, die er draußen verbringt – alleine mit seinen Sinnen, die so sehr für die Natur geschärft sind.
    "Ein bisschen Zeit für einen alleine zu haben"
    "Also Ausgleich zur Musik würde ich nicht sagen, es ist eher für mich so ein bisschen Zeit für einen eher alleine zu haben, so ein bisschen Ruhe, sich so auf sein Ding zu konzentrieren. Also in der Natur – wenn ich nach Brandenburg fahre, da kann es sein, dass ich einen Tag lang gar keinen Menschen treffe. Ich meine, so als Musiker, wir sitzen ja immer mit 80 Leuten auf der Bühne, und in den Pausen und was weiß ich. Da finde ich es zwischendurch auch manchmal ganz nett, den Kopf so ein bisschen davon frei zu bekommen. Also wie gesagt, ist ja viel mit Warten verbunden, da kann man sich dann so über alles Mögliche seine Gedanken machen."
    Und manchmal muss es dann eben doch ganz schnell gehen. Und genauso schnell wie in die Musik kann sich Rolf Jansen völlig in den Anblick des Habichts da oben auf dem Baum versenken.
    "Oh, das ist sogar ein Altvogel. Ist ja erstaunlich. Weg ist er. Hach, das ist jetzt überbelichtet, das ging jetzt wieder sehr schnell. Könnte das Männchen sein. Ein Belegfoto!"