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Kontrolle von Autofahrern
Kiffer-Fahndung auf Hamburgs Straßen

Die Hamburger Polizei hat eine Großkontrolle gestartet, um Autofahrer mit illegalen Drogen im Blut zu überführen. 45 Teams aus ganz Deutschland waren im Einsatz - mit einem neuartigen Atemtestgerät und speziellen Frage-Techniken, um die Kiffer am Steuer zu überführen.

Von Axel Schröder | 23.09.2016
    Ein Autofahrer raucht einen Joint am Steuer. Rauch quillt aus dem Fenster. Das Auto ist blau.
    Hamburgs Polizei hat ein neues Kontrollsystem gegen Haschischkonsumenten am Steuer gestartet - mit Kollegen aus ganz Deutschland. (imago / Blickwinkel)
    Es ist keine gewöhnliche Polizeikontrolle, sondern ein Schwerpunkteinsatz. Nicht zwei, drei oder vier Beamte überprüfen am Hamburger Stadtrand Autofahrer, sondern insgesamt 45 Teams mit je zwei Beamten. Langsam rollen die Wagen durch eine riesige Halle, einige dürfen passieren, andere müssen zwischen den aufgestellten Verkehrshütchen parken, aussteigen, sich kontrollieren lassen. Organisiert hat das Ganze der Hamburger Polizeihauptkommissar Peter Kellerer:
    "Und hier ist das Besondere, dass wir verschiedene Bundesländer eingeladen haben. Ich habe hier insgesamt Mitarbeiter aus zwölf Bundesländern, die mit uns zusammen kontrollieren. Wenn Sie hier mal so rumgucken, sehen sie auch, wie wir das nennen, gemischte Besatzungen. Da kontrolliert ein Hamburger mit einem Bremer, ein Bayer mit einem Hamburger.
    Und das ist der Sinn: Dass der Bayer mal guckt, was der Hamburger macht, und der Hamburger guckt, wie die Bayern kontrollieren. Und jeder sucht sich nach dem Prinzip Best-Practice das raus, was er für die eigene polizeiliche Praxis gebrauchen kann und wenn der Bayer wieder zurückfährt nach Bayern, denkt er vielleicht: "Mensch, das haben die aber gut gemacht, das übernehmen wir jetzt in Bayern!" Und umgekehrt ist es genauso."
    Letztes Jahr in Hamburg: 1.200 Fahrer mit illegalen Drogen im Blut
    Allein in Hamburg wurden im letzten Jahr rund 1.200 Fahrer erwischt, die mit illegalen Drogen im Blut unterwegs waren. Seit Jahren steigen die Zahlen.
    Verteilt in der ganzen Halle stehen junge und alte Autofahrer vor den Beamten. Einige müssen 30 Sekunden still stehen, die Augen geschlossen, Blick nach oben. Andere müssen auf einer aufgemalten Linie balancieren oder – wieder mit geschlossenen Augen – mit ausgestreckten Armen ihre Zeigefinger zusammenführen. Mit kleinen Taschenlampen leuchten die Polizisten in Pupillen und testen so, wie schnell sie sich verkleinern. Die meisten Fahrer bleiben dabei ganz gelassen:
    Ein neuer Atemtester sucht nach Spuren von Haschisch
    "Ich finde es sinnlos, sich beim Autofahren zu betäuben. Finde ich Schwachsinn! Wenn ich ein Bier trinke, dann fahre ich kein Auto mehr! Dafür ist mein Führerschein mir doch zu wichtig!"
    Wer bei den Vorkontrollen auffällt, muss zur nächsten Station: Zu einem ganz neuen Gerät, auf das Peter Kellerer und seine Kollegen große Hoffnung setzen: Ein Atemtester, noch ist es ein Prototyp, der nach Spuren von Haschisch sucht.
    "Das ist noch nicht ganz so, wie man sich heute moderne Geräte vorstellt, aber es funktioniert. Wie Sie jetzt sehen können, pustet der da jetzt rein, der Bürger. Und der wird jetzt ungefähr 90 Sekunden hineinpusten und während dieser Zeit werden die Inhaltsstoffe in seinem Atem analysiert. Auf dem Display erscheint gleich ein Signal. Das ist wie eine Ampel aufgebaut. Und wenn es rot ist, dann bedeutet das, die Substanz ist gefunden worden und wenn es grün ist, dann ist halt nichts gefunden worden."
    Kiffen war bislang nur mit Urin- oder Bluttests nachweisbar
    Bislang, erklärt Peter Kellerer, kann man Kiffer am Steuer nur mit Urin- oder Bluttests überführen. Das neue Gerät sucht nicht direkt nach THC, also dem berauschenden Wirkstoff in einem Joint, sondern nach dessen Abbauprodukten. Noch sechs Stunden nach dem Haschischkonsum schlägt der Tester an und wenn die Ampel rot ist, kann die Polizei einen Bluttest anordnen.
    Seit 20 Jahren beschäftigt sich Peter Kellerer damit, wie man bei Kontrollen Drogenkonsumenten erkennen kann. Auffällig sei, wie aggressiv betrunkene Autofahrer bei Kontrollen reagierten und wie harmlos dagegen die Kiffer seien. Er selbst wurde schon von haschischseligen Autofahrern während der Kontrolle umarmt:
    "Die sind, gerade Cannabis-Konsumenten, tiefenentspannt. Ich habe mit denen überhaupt keine Probleme! Tatsache ist, beide sollen nicht fahren! Und wir wollen auch keine Cannabiskonsumenten kriminalisieren. Das ist nicht im Vordergrund. Es ist verboten, so ist nun mal die Rechtslage. Und deswegen müssen wir es auch zur Anzeige bringen."
    Oft reicht schon eine bestimmte Fragetechnik aus
    Oft reicht schon eine bestimmte Fragetechnik aus, um Kiffer am Steuer zu überführen. Gleich nach der Frage nach Führerschein und Fahrzeugpapieren bittet Peter Kellerer dann die Autofahrer, doch mal das Licht im Innenraum anzuschalten, dann fragt er, wie alt sie seien und gleich darauf, wann ihre Mutter Geburtstag hat.
    "Und durch diese Anhäufung von Fragen passiert jetzt Folgendes: Er konzentriert sich jetzt, weil er beeinflusst ist nach meiner Frage. Und ich muss bewerten, ob es ihm gelingt, den Bogen zu spannen und zu sagen: 'Er wollte ursprünglich Führerschein und Fahrzeugschein!' Er kommt wieder zurück und gibt mir Führerschein und Fahrzeugschein. Oder hält er sein Portemonnaie in der Hand, überlegt: 'Was wollte ich denn mit dem jetzt eigentlich machen? Wollte ich ihm Geld anbieten oder was?' Das wäre so eine Fragetechnik, die man dann einsetzen kann."
    Wie wichtig es ist, Autofahrer nicht nur auf Alkohol zu testen, zeigt die Bilanz der Hamburger Schwerpunktkontrolle: Fünf Prozent der Überprüften mussten danach zur Blutuntersuchung, um genau zu prüfen, wie vernebelt sie sich hinters Steuer gesetzt haben und damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Mitmenschen massiv gefährdet haben.