Konzentration im Zeitungsbereich
Die Informationsvielfalt gerät in Gefahr

Die Madsack-Mediengruppe aus Hannover und das Kölner Haus DuMont gründen eine gemeinsame Zentralredaktion. Klingt wie ein unspektakulärer Vorgang. Aber langsam geht es um die Nachrichtenvielfalt in Deutschland.

Von Marco Bertolaso |
    Tageszeitungen stecken an einem Zeitungsstand in Drehständern.
    Tageszeitungen stecken an einem Zeitungsstand in Drehständern. (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Zwei Medienhäuser, regionale Champions mit überregionalen Ambitionen, legen ihre Zentralredaktionen zusammen. Soll heißen, Recherche und Produktion werden gemeinsam erledigt, die Texte werden dann in den verschiedenen Blättern und Webseiten angeboten. Es ist ein im Kern betriebswirtschaftlicher Vorgang. Das Thema klingt wenig aufregend. Doch das Gegenteil ist der Fall.
    Stellenabbau und Kölner Abstieg
    Journalistengewerkschaften beklagen einen brutalen Stellenabbau. Denn in der neuen, gemeinsamen Redaktion werden weniger Menschen beschäftigt sein als bisher an zwei Orten. Am Rhein dürfte die Stimmung auch aus einem anderen Grund schlecht sein. Im neuen Joint Venture hat Madsack das Sagen. DuMont kauft Inhalte ein. Bei der Politikberichterstattung in den Zeitungen ist es wie im Fußball. Hannover spielt Bundesliga, Köln steigt ab.
    Mich besorgt die Meldung aus einem anderen Grund. Es geht mir um die Informationsvielfalt. Das um DuMont erweiterte Redaktionsnetzwerk Deutschland erreicht jetzt nach eigenen Angaben täglich über seine 50 Tageszeitungen knapp sieben Millionen Menschen. Der Trend zur Konzentration ist schon länger da. Das Redaktionsnetzwerk ist nur ein wichtiges Beispiel. Andere sind die Funke-Mediengruppe um die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" oder die Südwestdeutsche Medienholding.
    Zeitungen sind unter Druck
    Sicher, die Verlage gehen diesen Kurs nicht aus Spaß. Die Zeitungen in Deutschland, dieses wichtige Kulturgut, diese Säule unserer Demokratie, die Zeitungen kämpfen um ihr Überleben. Sie kämpfen in Zeiten von Internet und Sozialen Medien, in Zeiten, in denen das Anzeigengeschäft aus Print verschwindet und die Bezahlmodelle für digitale Angebote noch nicht greifen. Und doch ist manches, was nachvollziehbar ist, auch beängstigend.
    Wenn wir im Deutschlandfunk nachts die Presseschau für den neuen Tag schreiben, dann merken wir, dass viele Zeitungen von Nord bis Süd die selben Leitartikel haben. Sie werden schlicht von einem Menschen für mehrere Blätter geschrieben. Das Meinungsspektrum in der Presse verkleinert sich, zumindest quantitativ.
    In den Nachrichten kommt etwas ins Rutschen
    Und auch in den Nachrichten kommt etwas ins Rutschen. In Deutschland gibt es mehr hauptberufliche PR-Mitarbeiter als Journalisten. Tendenz steigend. Mehr Menschen präsentieren also für CDU, DGB, AOK oder Greenpeace die jeweils genehme Version eines Geschehens als es noch Journalisten gibt, die das Ganze prüfen und gegebenenfalls widerlegen können.
    Der Konzentrationsprozess bei den Zeitungen verschärft die Lage. Neben den vielfach gleichen Inhalten, die von einer Nachrichtenagentur stammen, kommen nun auch die exklusiven Inhalte von immer weniger Zentralredaktionen.
    Drei Wünsche für den Informationsmarkt
    Wenn ich einer Nachrichtenfee begegnen würde, dann hätte ich drei Bitten. Ich wünsche mir viele starke Nachrichtenagenturen, die das Rückgrat des Informationsmarktes sind. Dann hätte ich gerne, dass die Zeitungen auch im Überregionalen nicht eintönig werden. Wenn am Ende die Bundespolitik nur noch von ein paar Journalisten mit der Lebenswirklichkeit von Berlin-Mitte begleitet wird, dann wird die Berichterstattung nicht nur langweilig und verzerrt. Der Vorwurf der System- und Einheitspresse wird so laut werden, dass der politisch-gesellschaftliche Preis den ökonomischen Nutzen verblassen lässt. Und drittens hätte ich gerne, dass die Verlage den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch im Internet als bereichernden Akteur im Nachrichtengeschäft akzeptieren. Vielfalt und Konkurrenz auf dem Informationsmarkt sind für alle gut, für die Gesellschaft und für die Zukunft der Verlage.