RWE hatte 2001 in London Thames Water gekauft, Eon wollte 2006 Milliarden für den spanischen Stromkonzern Endesa ausgeben. Das eine wurde ein Desaster, das andere wäre eines geworden. Wachstum durch Internationalisierung des Geschäfts und Erweiterung auf verwandte Bereiche wie die Wasserversorgung haben sich für die deutschen Versorger als Irrweg erwiesen. Denn sie suchten im Grunde immer mehr des Gleichen. Aber Stromerzeugung funktionierte mit dem Aufkommen der erneuerbaren Energien anders. Wenige zentrale Kraftwerke bauen und von dort aus den Strom verteilen - das war immer weniger zukunftsfähig:
"Wir kommen jetzt in eine sehr viel vielfältigere Welt, die in jeder Viertelstunde anders aussieht, viel Sonne, wenig Sonne, viel Wind, wenig Wind, viel Speicher, wenig Speicher, viel Kundenflexibilität, wenig Kundenflexibilität, und die muss koordiniert werden zukünftig über Datennetze oder über technische Anlagen und so weiter und so fort. Das heißt, wir haben ein Feld, wo das Geld nicht mehr zu verdienen ist mit großen Investitionen, die dann zurückgezahlt werden, sondern mit Koordination in der Zukunft von intelligenten Heizungssystemen, mit Solarsystemen und Windsystemen und das Ganze mit Netzen."
Klassische Stromerzeugung - sinkende Gewinne
Sagt Felix Matthes, Energieexperte am Standort Berlin des Ökoinstituts. Darauf reagiert Eon nun. Der größte Anbieter ist damit nicht der schnellste. Der baden-württembergische Anbieter EnBW hat Mitte vorigen Jahres eingestanden, mit klassischer Stromerzeugung und Stromhandel in Zukunft nur deutlich sinkende Gewinne generieren zu können. Er wolle sich nun auf drei Geschäftsfelder konzentrieren: erneuerbare Energien, Stromnetze und Vertrieb. Klingt so, wie es sich heute bei Eon anhörte. Auch RWE hat längst leidvoll gespürt, dass es mit dem bisherigen Geschäftsmodell vor die Wand fährt. RWE-Manager Rolf Martin Schmitz hatte Ende vorigen Jahres in einer Telefonkonferenz gestöhnt:
"Wir liefern und verdienen kein Geld mehr damit. Und wenn wir dann sagen: Wir schalten ab und wollen nicht mehr liefern, weil es keinen Sinn mehr macht, dann sagt die Bundesnetzagentur: Ihr müsst aber liefern. Blödes Geschäft, was man da hat."
Unkalkulierbare Altlasten
Nun versteht sich RWE als Partner der Energiewende, will den Bereich Windkraft ausbauen und daran mitwirken, aus den Stromnetzen "smart grids", also intelligente Netze zu machen.
Dass Eon die Form wählt, das alte Geschäft in eine neue Gesellschaft an die Börse auszulagern, hat wohl den Grund, die Zukunft nicht mit unkalkulierbaren Altlasten zu befrachten. Jürgen Meyer, Energieexperte bei der schwedischen SEB Bank:
"Gerade das Verteilergeschäft von Eon zum Beispiel, das ja als relativ risikolos gilt, würde an der Börse eine höhere Bewertung erzielen, als momentan der ganze Konzern. Und welche Risiken in Eon noch zu sehen sind, sind ja hauptsächlich die heute noch gar nicht richtig abschätzbaren Kosten für den Rückbau und insbesondere die Endlagerung der Kernkraftwerke."
Altlasten könnten an den Staat fallen
Die Verantwortung für die Folgen der Atomkraft verabschiedet bislang nur Eon in eine neue Gesellschaft. Wenn es schlecht läuft, nur der erste Schritt: Erstens könnten andere folgen. Und zweitens waren im Mai Gerüchte aufgekommen, die Atomlasten auf eine Bundesstiftung auszulagern, also auf den Staat. Die bislang angesammelten Rückstellungen - bei Eon allein knapp 15 Milliarden Euro - sollten mitkommen. Ob sie angesichts des niedrigen Zinsumfeldes jemals ausreichen werden, ist offen. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel argwöhnte heute jedenfalls, der Kurswechsel bei Eon berge die Gefahr, "dass der finanzielle Aufwand für atomare Altlasten an den Staat fällt."